Die KMU stellen wieder ein
Architekten hatten in den letzten Jahren gute Jobaussichten: Eine Studentin beim Modellbau. (Bild: Keystone)
Was haben ein von drei Freunden betriebener Foodtruck, eine selbstständige Pflegefachfrau und ein Maschinenbauunternehmer mit 200 Angestellten gemeinsam? Sie alle gehören in der Schweiz zu den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), da sie weniger als 250 Mitarbeitende haben. Die Vielfalt solcher KMU in Bezug auf Grösse und Geschäftsmodell ist gross. Daher werden diese Unternehmen weiter in drei Kategorien unterteilt: Mikrounternehmen (1–9 Beschäftigte), kleine Unternehmen (10–49 Beschäftigte) und mittlere Unternehmen (50–249 Beschäftigte).
Beschäftigung wächst 2021 wieder
Gemäss den jüngsten Daten der Statistik der Unternehmensstruktur[1] zählte die Schweiz im Jahr 2021 knapp 610’000 marktwirtschaftliche Unternehmen[2]. 99,7 Prozent davon sind KMU, die über zwei Drittel der Schweizer Arbeitnehmenden beschäftigen. Nach einem leichten Rückgang 2020 (–1,1 Prozent Beschäftigte und –0,2 Prozent KMU) zeigt sich neu wieder ein Beschäftigungswachstum: 2021 haben KMU insgesamt 64’000 Arbeitsplätze geschaffen. Das entspricht einem Anstieg von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Diese positive Dynamik überrascht. Denn 2021 galten immer noch wirtschaftliche Einschränkungen und Hygienemassnahmen zur Pandemiebekämpfung.
In den zehn Jahren zwischen 2011 und 2021 wurden in der Schweiz rund 60’000 KMU gegründet. Im gleichen Zeitraum schufen KMU über 226’000 zusätzliche Arbeitsplätze. Die drei Branchen mit dem grössten KMU-Beschäftigtenwachstum gehören alle zum Dienstleistungssektor (siehe Abbildung). Zuvorderst ist das Gesundheitswesen: Dieses verzeichnete in den zehn Jahren bis 2021 ein absolutes Beschäftigungswachstum von mehr als 50’000 Stellen. Der Anstieg betrifft insbesondere die Physiotherapeuten und die Fachpersonen für die Heimpflege. Bemerkenswert dabei: Der Sektor hat innerhalb von nur zwei Jahren (zwischen 2019, dem Jahr vor der Pandemie, und 2021) fast 10’000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. 2021 waren in den KMU des Gesundheitswesens insgesamt über 200’000 Personen beschäftigt.
Hinter dem Gesundheitswesen folgen beim Beschäftigungswachstum zwei weitere Branchen aus dem Dienstleistungssektor. So sind 24’816 neue Stellen in KMU des Bereichs Informationstechnologie entstanden. Dies entspricht einem Wachstum von durchschnittlich 3,1 Prozent seit 2011. Obwohl die fortlaufende Digitalisierung die Entwicklung dieser Unternehmen begünstigt, legen andererseits auch die technischen Tätigkeiten zu. Die Zugpferde sind dort die Architektur- und Ingenieurbüros, wo zwischen 2011 und 2021 insgesamt 21’276 neue Arbeitsplätze entstanden sind. In dieser Branche sind 94 Prozent der Beschäftigten in KMU tätig.
KMU im Gesundheitswesen haben am meisten Arbeitsplätze geschaffen (2011–2021)
INTERAKTIVE GRAFIK
Schweizer Multis als Zugpferd
In den Unternehmen des Dienstleistungssektors sind also zahlreiche neue Arbeitsplätze entstanden. Doch gibt es Unterschiede hinsichtlich der verschiedenen Arten von KMU? Obwohl 2021 nur eines von zwanzig KMU Teil einer Unternehmensgruppe war, war einer von sechs Arbeitsplätzen einem solchen KMU zuzurechnen. Seit 2014[3] entwickeln sich diese KMU, die einer Unternehmensgruppe angehören, allerdings sehr unterschiedlich. KMU, die Teil einer rein inländischen Unternehmensgruppe sind, verzeichnen einen Beschäftigungsrückgang (–1,6 Prozent). Gleichzeitig ist die Beschäftigung in KMU, die einer ausländischen multinationalen Gruppe angehören, moderat angestiegen (+7,3%). Besonders stark war der Anstieg bei KMU von multinationalen Unternehmensgruppen mit Schweizer Hauptsitz (+27,5%, siehe Tabelle). Dieses Wachstum ist in erster Linie auf externe Faktoren zurückzuführen, beispielsweise auf die Übernahme eines eigenständigen KMU durch eine multinationale Schweizer Gruppe.
Handelsvolumen, Anzahl Unternehmen und Beschäftigte nach Art der Unternehmensgruppe (2021)
International tätige KMU
Der Saldo der Handelsbilanz der Schweiz – das heisst die in Schweizer Franken ausgedrückte Differenz zwischen dem Handelswert von Export- und Importgütern – fällt in der Regel positiv und angesichts der beschränkten Grösse der eidgenössischen Wirtschaft recht hoch aus. Mit einem Marktanteil von 65 Prozent sind in der Schweiz hauptsächlich die grossen Unternehmen im Import-Export-Geschäft tätig. Auf die KMU entfällt somit nur ein Drittel des internationalen Handels.[4]
Besonders aktiv auf den internationalen Märkten sind KMU, die einer ausländischen multinationalen Unternehmensgruppe angehören: Sie machen 18,8 Prozent des schweizerischen Aussenhandels aus. Das ist mehr als die Hälfte der von sämtlichen KMU exportierten und importierten Güter und zeigt, wie bedeutend die von einer ausländischen Gruppe kontrollierten KMU im internationalen Warenhandel sind (siehe Tabelle).
Die international tätigen KMU sind hauptsächlich im Edelmetallhandel (insbesondere Gold, Silber und Platin) tätig. 2021 haben Edelmetalle im Wert von über 30 Milliarden Franken die Schweizer Grenze passiert. Das entspricht fast 17 Prozent des gesamten Handelsvolumens von KMU. Ein Grossteil der Import-Export-Tätigkeit betraf auch pharmazeutische Erzeugnisse, Uhren, Maschinen, Fahrzeuge, Brennstoffe und Mineralerze.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass KMU als Pfeiler der Schweizer Wirtschaft zahlreiche Arbeitsplätze in vielfältigen Wirtschaftszweigen schaffen. Zwischen 2011 und 2021 fiel dieses Beschäftigungswachstum im Dienstleistungssektor und insbesondere im Gesundheitswesen sehr hoch aus. Ein Drittel des Volumens im Schweizer Warenhandel erwirtschaften KMU, dies vor allem in der Edelmetallproduktion. Ist das KMU Teil einer ausländischen multinationalen Gruppe, begünstigt das den Import/Export von Gütern noch zusätzlich.
- Die Daten zur Beschäftigung in den KMU entstammen der Statistik der Unternehmensstruktur (Statent). Das letzte Referenzjahr dieser Statistik steht mit einer Verzögerung von 20 Monaten zur Verfügung und betrifft demnach das Jahr 2021. []
- Ein Unternehmen gilt als marktwirtschaftlich, wenn seine Produktion mehrheitlich zu Preisen angeboten wird, die mindestens 50 Prozent der Herstellungskosten decken. Die öffentliche Verwaltung gehört folglich nicht zu den marktwirtschaftlichen Unternehmen. []
- 2014 entspricht dem ersten Referenzjahr, das in der Statistik der Unternehmensgruppen (Stagre) verfügbar ist. []
- Aufgrund der Daten können nur die importierenden und die exportierenden Unternehmen festgestellt werden. Es ist also davon auszugehen, dass auch zahlreiche KMU (insbesondere als Subunternehmer) an den Exporten beteiligt sind, die von grossen Unternehmen durchgeführt werden. []
Zitiervorschlag: Vallon, Nicolas (2024). Die KMU stellen wieder ein. Die Volkswirtschaft, 14. März.