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Fake News – nicht nur ein Problem in sozialen Medien

Menschen informieren sich immer häufiger in den sozialen Medien. Das ist problematisch, weil sich dort Falschinformationen besonders schnell verbreiten. Auch Journalisten greifen teilweise darauf zurück.
Algorithmen bestimmen, wer in den sozialen Medien was sieht. So haben Falschmeldungen leichtes Spiel. (Bild: Keystone)

Medien dienen der Gesellschaft als wichtiger Zugang zu Themen von politischer und öffentlicher Bedeutung. Vor allem klassische Massenmedien wie das Fernsehen oder die Zeitungen spielen eine entscheidende Rolle dabei, komplizierte Sachverhalte einem breiten Publikum näherzubringen. Diese Medienorganisationen folgen journalistischen Qualitätsstandards und erstellen Inhalte basierend auf Kriterien wie Relevanz, Verständlichkeit, Aktualität und Korrektheit.

Im Gegensatz dazu stehen neue Medien wie soziale Netzwerke und Videoplattformen, die nicht nach denselben institutionalisierten und regulierten Standards operieren. Hier fehlt die Rolle der Gatekeeper, also der Journalisten, die Informationen recherchieren, kritisch prüfen und aufbereiten. In sozialen Medien kann jeder unabhängig vom Professionalitätsgrad Inhalte erstellen und teilen. Trotzdem dienen diese Plattformen nicht nur der sozialen Vernetzung, sondern auch immer häufiger als Informationsquelle, wie aktuelle Studien zeigen.[1] Besonders junge Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren nutzen soziale Medien vermehrt als primäre Nachrichtenquelle. Dabei gewinnen audiovisuelle Inhalte auf Plattformen wie Youtube an Popularität.[2]

Algorithmen bestimmen, wer was sieht

Der Nachrichtenkonsum über soziale Netzwerke birgt jedoch Risiken, darunter die zunehmende Verbreitung von Falschinformationen oder Fake News. Dieses Phänomen ist spätestens seit der Amtszeit von Donald Trump zu einem Schlagwort geworden. Es betrifft nicht nur die Öffentlichkeit und die Forschung, sondern beschäftigt auch Eltern von jungen Mediennutzenden. Der Begriff Fake News wird zwar häufig verwendet, doch eine einheitliche Definition fehlt. Zudem ist die Abgrenzung zu anderen Phänomenen wie Verschwörungserzählungen oder fiktionalen Inhalten oft unscharf. Im Kern geht es bei Fake News um die absichtliche Verbreitung von Unwahrheiten im Internet, besonders in sozialen Netzwerken, oft mit dem Ziel, Lesende emotional zu beeinflussen, zu verärgern oder zu mobilisieren. Die Motive hinter solchen Falschmeldungen sind vielfältig, einschliesslich wirtschaftlicher, politischer oder ideologischer Natur.

Die Verbreitung von Falschinformationen ist kein neues Phänomen. Es hat aber durch die Digitalisierung und die leichte Verfügbarkeit von Technologien wie Smartphones und KI-Anwendungen zur Erstellung und Manipulation von Inhalten an Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig verbreiten sich Falschmeldungen besonders in sozialen Netzwerken in einem rasanten Tempo. Das liegt unter anderem daran, dass Nachrichten auf diesen Plattformen durch Algorithmen verbreitet werden. Inhalte, die überraschend oder emotionalisierend sind, erhalten mehr Aufmerksamkeit und werden eher gelesen und geteilt und daher von Algorithmen als besonders wichtig eingestuft. Als Folge verbreiten sich gewisse (Falsch-)Meldungen wie ein Lauffeuer. So beispielsweise Donald Trumps zahlreiche Posts, die den Wahlsieg seines Kontrahenten Joe Biden dementierten und letztendlich im Sturm auf das Capitol in Washington am 6. Januar 2021 mündeten.

Fake News auch in traditionellen Medien

Fake News sind aber nicht nur auf soziale Netzwerke beschränkt – manchmal finden sie ihren Weg in traditionelle Massenmedien. Dies unter anderem deshalb, weil sich im Zuge der Digitalisierung und des damit einhergehenden neuen Medienangebots auch die Arbeit in den Redaktionen geändert hat. Journalisten greifen bei ihren Recherchen auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) als Informationsquellen zurück, da dort unter anderem Nutzende als Augenzeugen fungieren können. Bei der Auswahl von Nachrichten orientieren sich Journalisten an bestimmten Kriterien, sogenannten Nachrichtenfaktoren, die den Nachrichtenwert einer Meldung bestimmen. Faktoren wie Aktualität und Relevanz, aber auch Skandalisierung oder Emotionalisierung erhöhen den Nachrichtenwert und die Wahrscheinlichkeit, dass eine Meldung von den Massenmedien aufgegriffen wird. Da Falschmeldungen häufig solche Faktoren aufweisen, erscheinen diese manchmal in der Medienagenda. Dieses Risiko besteht vor allem in der Online-Berichterstattung, weil dort die Schnelligkeit der Veröffentlichung zentral ist. Journalisten stehen daher unter Druck, schnell zu informieren, was auf Kosten gründlicher Recherche gehen kann.

Vertrauenswürdige Informationsquellen zu finden und richtige von falschen Inhalten zu unterscheiden, ist in der heutigen komplexen und dynamischen Medienlandschaft kein einfaches Unterfangen. Die regelrechte Überflutung mit Informationen kann zu einem Verdruss führen, der den Wunsch weckt, sich gänzlich von Nachrichten abzuwenden. Doch gerade in einer Demokratie ist es zentral, dass die Bevölkerung Zugang zu relevanten Themen hat und sich auf Basis von Fakten informieren kann, um sich eine eigene Meinung zu bilden und politisch aktiv zu sein.

Gute Recherche bewährt sich

Genau hier spielen guter Journalismus und differenzierte Recherche eine zentrale Rolle. Beides ist in sozialen Netzwerken kaum gewährleistet. Natürlich sind auch redaktionelle Anbieter heutzutage auf Plattformen wie Instagram und X aktiv und bieten fundierte Inhalte an. Die Verarbeitungstiefe aufseiten der Mediennutzenden ist aber sehr viel geringer, da man nur mit kleinen Nachrichtenschnipseln versorgt wird und eine vertiefte Auseinandersetzung mit den Inhalten kaum stattfindet.

Zudem ist ein Grossteil der Informationen, mit denen Nutzende in sozialen Netzwerken in Kontakt kommen, nicht nach redaktionellen Standards aufbereitet. Viel eher begegnet man Inhalten, die möglichst auf das persönliche Nutzungsprofil zugeschnitten sind und den eigenen Interessen und Meinungen entsprechen. Das Ziel der Plattformen ist es nicht, gut zu informieren, sondern die Nutzer möglichst lange auf den Websites und Apps zu halten. Sich ausschliesslich in sozialen Netzwerken zu informieren, birgt daher nicht nur ein erhöhtes Risiko, auf Falschmeldungen zu treffen, sondern kann auch dazu führen, in sogenannten Filterblasen der immer gleichen Inhalte zu versinken und kaum mehr konträre Meinungen präsentiert zu bekommen. Im Extremfall entsteht dadurch ein verzerrtes Bild der Realität.

Aus diesem Grund sind in der heutigen digitalisierten Medienlandschaft journalistische Standards wichtiger denn je. Gleichzeitig ist die Förderung der Medienkompetenz von Mediennutzenden von zentraler Bedeutung. Dabei ist ein grundlegendes Verständnis darüber, wie Nachrichten produziert werden, genauso wichtig wie die Fähigkeit, Medieninhalte kritisch zu hinterfragen, seien sie nun aus redaktionellen Kanälen oder aus dem Internet. Das Thema Nachrichtenkompetenz und Fake News findet in vielen Schulen Platz im Lehrplan. Auch jeder Einzelne von uns kann seinen kritischen Blick schärfen. So kann auf das Layout und die Tonalität von Beiträgen geachtet werden. Sind Inhalte sehr stark emotionalisierend, hetzerisch oder pauschalisierend, so lohnt es sich, innezuhalten und sich den Urheber der Meldung genauer anzuschauen.

  1. Siehe Udris et al. (2022). []
  2. Siehe Fög (2018). []

Literaturverzeichnis
  • Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög), Universität Zürich (2018). Qualität der Medien. Schweiz – Suisse – Svizzera. Jahrbuch 2018. Schwabe Verlag.
  • Udris, L. et al. (2022). Reuters Institute Digital News Report 2022: Länderbericht Schweiz. Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög), Universität Zürich.

Bibliographie
  • Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög), Universität Zürich (2018). Qualität der Medien. Schweiz – Suisse – Svizzera. Jahrbuch 2018. Schwabe Verlag.
  • Udris, L. et al. (2022). Reuters Institute Digital News Report 2022: Länderbericht Schweiz. Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (Fög), Universität Zürich.

Zitiervorschlag: Céline Külling-Knecht (2024). Fake News – nicht nur ein Problem in sozialen Medien. Die Volkswirtschaft, 12. März.