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Positive Zwischenbilanz bei den Covid-19-Krediten

Die Covid-19-Pandemie führte bei vielen Schweizer Unternehmen zu Liquiditätsengpässen. Der Bund vergab deshalb innerhalb kurzer Zeit Kredite im Umfang von rund 17 Milliarden Franken. Eine erste Zwischenbilanz zeigt: Der gesellschaftliche Nutzen überwiegt die Kosten.
Vier Jahre nach dem ersten Corona-Lockdown und dem Distanzhalten: Fast die Hälfte des vom Bund gewährten Covid-19-Kreditvolumens wurde bereits zurückbezahlt. (Bild: Keystone)

Bei den Covid-19-Krediten handelt es sich um die grösste Liquiditätsunterstützung für Unternehmen der Schweizer Geschichte. Unternehmen, die von den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie besonders betroffen waren, durften im Frühjahr 2020 Kredite beantragen, um trotz Umsatzrückgang liquid zu bleiben.

Insgesamt wurden 137’870 verbürgte Kredite in der Höhe von etwa 17 Milliarden Franken an rund 23 Prozent aller Unternehmen mit Sitz in der Schweiz vergeben. Die Kredite müssen innerhalb von acht Jahren – beziehungsweise zehn Jahren, wenn die fristgerechte Amortisation eine erhebliche Härte für den Kreditnehmenden bedeutet – zurückbezahlt werden. Bis Mitte Februar 2024 wurden rund 49 Prozent des ursprünglich gewährten Kreditvolumens vollständig zurückgezahlt (siehe Abbildung).[1] Bezieht man die Teilrückzahlungen mit ein, wurde mit rund 62 Prozent deutlich mehr als erwartet zurückgezahlt.[2]

Vier Jahre danach ist es Zeit für eine Zwischenbilanz: Wer hat von den Krediten profitiert? Was waren die Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung? Und vor allem: Wie stehen die Kosten der Kreditvergabe im Verhältnis zu ihrem Nutzen?

Fast die Hälfte des Kreditvolumens der vom Bund gewährten Covid-19-Kredite wurde bis Februar 2024 vollständig zurückbezahlt (Total gewährtes Kreditvolumen: 16,9 Milliarden Schweizer Franken)

INTERAKTIVE GRAFIK
Anmerkung: Teilrückzahlungen wurden in der Grafik nicht berücksichtigt.
Quelle: Eigene Darstellung der Autoren / Die Volkswirtschaft

Gut etablierte Strukturen

Die Auswertungen des Zwischenberichts des Bundes zeigen, dass das Covid-19-Solidarbürgschaftsprogramm den Unternehmen zugutekam, die den Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus besonders ausgesetzt und in stark betroffenen Kantonen, wie insbesondere dem Tessin, angesiedelt waren.[3] Die weniger betroffenen Unternehmen haben in geringerem Masse von den Krediten profitiert. Zu den Kreditnehmenden gehören vorwiegend Mikro- und Kleinunternehmen sowie Unternehmen der Branchen «Gastgewerbe/Beherbergungen und Gastronomie» und «Handel, Instandhaltung und Reparatur von Motorfahrzeugen».

Die gut etablierten Strukturen des Bürgschaftswesens für kleine und mittelgrosse Unternehmen (KMU), die bereits vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie existierten, spielten eine entscheidende Rolle, dass die Unternehmen schnell zu Liquidität kamen: In den ersten acht Tagen wurden bereits rund 76’000 Kredite für ein Kreditvolumen von rund 9 Milliarden Franken gewährt. Die Verantwortlichen für das Bürgschaftswesen seitens des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) sowie die Entscheidungsträger der vier vom Bund anerkannten Bürgschaftsorganisationen (BG Ost-Süd, BG Mitte, Cautionnement romand, BG Saffa)[4] arbeiteten bereits seit vielen Jahren erfolgreich zusammen. Die Prozesse waren eingespielt, und die Zusammenarbeit zeichnete sich durch gegenseitiges Vertrauen aus. Dank der effizienten Zusammenarbeit mit den leistungsfähigen Banken, den Bürgschaftsorganisationen sowie ihren beauftragten Dritten[5] konnte der Bund innerhalb kurzer Zeit reagieren.

Roboter unterstützt bei repetitiven Aufgaben

Die Covid-19-Kredite führten zu einer starken Skalierung des Bürgschaftswesens für KMU. Um die damit zusammenhängenden Arbeiten zu bewältigen, ist beim Seco seit Anfang 2022 der Softwareroboter Jari in Betrieb. Innerhalb der Bundesverwaltung handelt es sich um die erste robotergestützte Prozessoptimierung in dieser Grössenordnung mit eigener elektronischer Identität. Jari kann sehr grosse Datenmengen verarbeiten und übernimmt repetitive Arbeiten. Ohne den Robotereinsatz wäre es nicht möglich gewesen, die Arbeiten ohne zusätzliches Personal zu bewältigen.

Auch die Kreditvergabe musste schnell und unbürokratisch erfolgen: Kredite bis 500’000 Franken wurden basierend auf einer Selbstdeklaration der Kreditnehmenden und einer rudimentären Prüfung durch die kreditgebenden Banken innerhalb weniger Stunden vergeben. Durch dieses Vorgehen konnten Missbräuche – wie beispielsweise eine falsche Umsatzangabe des Kreditnehmers – nicht ausgeschlossen werden, sodass jeder Kredit nachträglich überprüft werden musste. Die Missbrauchsanfälligkeit wurde im Zwischenbericht allerdings als verhältnismässig gering eingestuft. Bis Mitte Februar 2024 gingen insgesamt 15’790 Missbrauchsmeldungen ein. Davon führten bisher 617 Fälle, das heisst 0,4 Prozent aller gewährten Covid-19-Kredite, zu einem Schuldspruch. Rund ein Drittel der eingegangenen Meldungen befindet sich noch in Abklärung.

Nutzen übersteigt Kosten

Um abschliessend die Frage zu beantworten, ob sich das Programm gesellschaftlich ausgezahlt hat, lohnt sich ein Blick auf die Kosten: Bis Mitte Februar 2024 belaufen sich die Verwaltungskosten der Bürgschaftsorganisationen inklusive Kosten für deren beauftragte Dritte auf rund 54 Millionen Franken und die bundesinternen Personalkosten auf rund 3,4 Millionen Franken. Bisher haben die Banken für rund eine Milliarde Franken Bürgschaften in Anspruch genommen. Die Bürgschaftsorganisationen haben diesen Betrag den Banken ausbezahlt und sind verpflichtet, ihn bei den Kreditnehmenden wieder einzufordern. Bis Mitte Februar 2024 konnten sie 48 Millionen Franken wieder einbringen. Der Bund verzeichnete Mitte Februar 2024 einen effektiven Verlust von rund 85 Millionen Franken, was einer Verlustquote von 0,5 Prozent entspricht. Zum heutigen Zeitpunkt bestehen keine Anzeichen, dass die in der Vergangenheit geschätzte Verlustquote von 10 Prozent am Ende des Programms erreicht wird.

Den Kosten steht der gesellschaftliche Nutzen gegenüber: Die Covid-19-Kredite halfen, Konkurse zu vermeiden, und leisteten einen indirekten Beitrag zur Sicherung von rund 1,3 Millionen Arbeitsplätzen (in Vollzeitäquivalenten). Weiter sendete das Programm mit der Liquiditätsunterstützung während der Pandemie ein wichtiges Beruhigungssignal an Unternehmen und trug dazu bei, eine schwere Rezession zu verhindern. In Anbetracht dessen stehen die bisherigen sowie die zukünftig erwarteten Kosten in einem angemessenen Verhältnis zum geschaffenen gesellschaftlichen Nutzen. Eine abschliessende Bilanz kann erst nach Beendigung des Programms, frühestens 2032, gezogen werden.

  1. Die aktuellen Zahlen zu den Covid-19-Krediten werden auf der Webseite Covid19.easygov.swiss ausgewiesen. []
  2. Bei linearer Amortisation 2020 bis 2028 (96 Monate) müssten seit Beginn des Kreditprogramms bis Mitte Februar 2024 (46,5 Monate) rund 48 Prozent des gewährten Kreditvolumens zurückgezahlt worden sein. []
  3. Siehe Zwischenbericht zu den Covid-19-Solidarbürgschaftskrediten. []
  4. Mehr Informationen zum Bürgschaftswesen für KMU sind auf der Website https://kmu-buergschaften.ch zu finden. []
  5. Zu den wichtigsten beauftragten Dritten gehören unter anderem die Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard für die schweizweiten juristischen Abklärungen und die Intrum AG für die Inkassodienstleistungen. []

Zitiervorschlag: Samuel Turcati, Nicole Widmer (2024). Positive Zwischenbilanz bei den Covid-19-Krediten. Die Volkswirtschaft, 26. März.

Die drei Phasen der Covid-19-Kredite

Phase eins umfasst die Kreditgesucheinreichung und -vergabe. Zwischen dem 26. März und dem 31. Juli 2020 konnten Unternehmen Covid-19-Kredite bis zu 10 Prozent ihres Jahresumsatzes beantragen. Kredite bis 500’000 Franken werden zu 100 Prozent vom Bund verbürgt. Kredite zwischen 500’000 Franken und 20 Millionen Franken sichert der Bund zu 85 Prozent und die Bank zu 15 Prozent ab.

Phase zwei beschreibt die Situation nach der Kreditvergabe, aber vor Rückzahlung oder Inanspruchnahme der Bürgschaft durch die Bank. Während dieser Phase liegt die Kreditbewirtschaftung in der Verantwortung der Bank. Diese kann den Kredit aus regulatorischen oder rechtlichen Gründen sowie bei Zahlungsverzug kündigen.

Sobald die Banken eine Bürgschaft in Anspruch nehmen – was unter anderem der Fall ist, wenn der Kreditnehmende den Kredit nicht zurückzahlen kann –, folgt Phase drei. Die Bürgschaftsorganisation zahlt ausstehende Kredit- und Zinsbeträge an die Bank aus: Im Fachjargon nennt man diesen Vorgang Honorierung. Die ausstehenden Kredite gehen von der Bank an die Bürgschaftsorganisation zur Bewirtschaftung über. Diese trifft alle notwendigen Vorkehrungen, um die ausstehenden Kredite wieder einzubringen. Die Rückzahlungen gehen vollumfänglich an den Bund.