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Start-ups: Patente und Marken helfen bei der Investorensuche

Mit Patenten und Marken läuft die Wirtschaft. Start-ups haben jedoch häufig Schwierigkeiten, diese Rechte an geistigem Eigentum als Finanzierungsquelle zu nutzen. Zwei aktuelle Untersuchungen zeigen, dass sie Investitionsentscheide dennoch massgeblich beeinflussen.
Rechte an geistigem Eigentum können entscheidend sein, ob Investoren Geld in ein Start-up stecken. Drohne zum Transport von Laborproben des Start-ups Jedsy. (Bild: Keystone)

Zahlreiche Unternehmen in der Schweiz machen Schulden. Sie tun dies, um zu expandieren, neue Märkte zu erschliessen oder Zeiten stagnierenden Wachstums zu überstehen.[1] Darunter sind auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – mit zwei Dritteln der gestellten Arbeitsplätze der grösste Arbeitgeber der Schweiz.[2] Viele dieser KMU setzen wiederum auf moderne Technologien, Kreativität oder unverwechselbare Muster und Formen, um am Markt erfolgreich bestehen zu können. Daraus resultiert des Öfteren durch Patent-, Marken-, Design- oder Urheberrechte geschütztes geistiges Eigentum (englisch: Intellectual Property, kurz IP). Den Unternehmen scheint es indes selten zu gelingen, ihr IP für eine externe Finanzierung zu verwenden.[3] So sehen Banken IP oft nicht als ausreichende Sicherheit für einen Kredit an – anders als Immobilien oder Maschinen. Das erschwert Start-ups gerade in der Wachstumsphase den Zugang zu traditionellen Finanzierungsmöglichkeiten.

Rechte an geistigem Eigentum als wichtiger Investmentfaktor

Den Schutz geistigen Eigentums nutzen heutzutage viele junge, innovative Unternehmen. Eine kürzlich publizierte gemeinsame Untersuchung des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und des Europäischen Patentamts (EPA) hat die Situation von europäischen Start-ups im Hinblick auf Finanzierungsfragen unter die Lupe genommen.[4] Die quantitative Analyse kommt zum Schluss, dass jedes dritte Schweizer Start-up IP-Rechte anmeldet, seien es Patente, Marken oder beides. Dabei gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Wirtschaftszweigen. Die Biotechnologie ist die bei Weitem IP-intensivste Schweizer Industrie: Fast die Hälfte der neu gegründeten Unternehmen ist im Besitz von Patenten oder Marken.

Ferner wurde untersucht, wie hoch die Chancen für ein europäisches Start-up mit oder ohne IP sind, an externes Kapital zu kommen. Die Resultate haben es in sich: Die Anmeldung von Marken und Patenten in der frühen Wachstumsphase eines Unternehmens ist mit einer höheren Wahrscheinlichkeit einer anschliessenden Risikokapitalfinanzierung verbunden, 4,3-mal bei Marken und 6,4-mal bei Patenten. Start-ups, die sowohl Marken als auch Patente angemeldet haben, weisen die höchste Wahrscheinlichkeit auf, entsprechende Investoren zu finden (10,2-mal, siehe Abbildung). Diese Zahlen legen somit nahe, dass IP-Rechte eine zentrale Rolle bei Investmententscheiden spielen, auch wenn Start-ups diese selten als alleinige Kreditsicherheiten einsetzen können.

Die Analyse zeigt weiter, dass die Anmeldung von Patenten und/oder Marken sich mit einer mehr als doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit für den Investor auszahlt. Die höchste Wahrscheinlichkeit für einen Börsengang oder eine Übernahme wird wiederum für Start-ups beobachtet, die sowohl Patente als auch Marken angemeldet haben.

Unternehmen mit Patenten und Marken haben eine zehn Mal höhere Wahrscheinlichkeit einer externen Finanzierung

INTERAKTIVE GRAFIK
Quelle: EUIPO und EPO (2023) / Die Volkswirtschaft

Rolle von Rechten an geistigem Eigentum in der Schweizer Finanzlandschaft

Auch das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) hat sich des Themas IP und Finanzen angenommen und – in Zusammenarbeit mit der World Intellectual Property Organization (WIPO) – eine qualitativ ausgerichtete Analyse hierzu erstellen lassen.[5] Gemäss dieser zeigt sich IP-gestützte Finanzierung in der Schweiz in der Regel in Form von Risikokapital, das von Beteiligungsgesellschaften zur Verfügung gestellt wird. Die Hauptzielgruppe für diese Art des Investments sind Start-ups in den Branchen Lifesciences, Medizinaltechnik und Informations- und Kommunikationstechnik (ICT). Nach Angaben der interviewten Betroffenen ist eine adäquate IP-Strategie wichtig für den Entscheid, ob Investoren Geld in ein Start-up stecken. Ohne Patentschutz dürfte der Investitionsanreiz für potenzielle Geldgeber beispielsweise in der Pharmabranche klein ausfallen, weil Medikamente – zumindest im Falle chemisch-synthetischer Arzneimittel – einfacher zu kopieren sind als andere Industriegüter mit komplexen Produktionsprozessen.

IP-Rechte dienen also nicht nur dem Schutz von Immaterialgütern, sondern können auch KMU und Start-ups bei der Investorensuche unter die Arme greifen. Die derzeitige Regulierung und das teilweise fehlende Wissen über den strategischen Umgang mit IP stellen ein Hindernis dar, das Potenzial besser auszunutzen. Das IGE gibt Gegensteuer, indem es mit Studien auf die verschiedenen Facetten von IP aufmerksam macht, Schulungen durchführt und Informationsdienstleistungen erbringt.

  1. Siehe IMF (2023). []
  2. Siehe BFS (2023). []
  3. Siehe Wilson, J. et al. (2019). []
  4. Siehe EUIPO und EPO (2023). []
  5. Siehe Radauer und Bachner (2023). []

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Eiman Maghsoodi, Yann Ménière (2024). Start-ups: Patente und Marken helfen bei der Investorensuche. Die Volkswirtschaft, 19. April.