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Impact-Investment: Private Investitionen für die nachhaltige Entwicklung

Wie lassen sich mehr private Investitionen für eine nachhaltige Entwicklung in Schwellen- und Entwicklungsländern lenken? Eine vielversprechende Initiative nimmt sich des Themas an.
Seegrasernte auf den Philippinen. Privatinvestitionen in eine nachhaltige Landwirtschaft in Schwellen- und Entwicklungsländern nehmen weltweit zu. (Bild: Keystone)

Vor rund zwei Jahrhunderten haben Ökonomen wie Adam Smith und David Ricardo den Grundstein für den Kapitalismus gelegt. Seither hat die Menschheit ein beispielloses Wachstum des Wohlstands erlebt, das durchschnittliche Bildungsniveau ist gestiegen, und die Gesundheit hat sich vielerorts verbessert. Gleichzeitig ist die Weltbevölkerung von damals rund einer auf heute über acht Milliarden Menschen angestiegen.

Der zunehmende Wohlstand kam jedoch mit einem hohen Preis für die Umwelt. Dass die Ressourcen auf unserem Planeten endlich sind, ist heute unbestreitbar. Zudem machen es der Klimawandel, der Plastikabfall in den Ozeanen und der Verlust der Artenvielfalt deutlich: Die Wirtschaft muss dringend Umweltkosten und -nutzen mitberücksichtigen.

Das Potenzial der Finanzindustrie nutzen

Eine wichtige Rolle auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschaft spielt die Finanzindustrie. Sie, die von der Gesellschaft oft kritisch betrachtet wird, hat nämlich auch die Mittel, unsere Zukunft nachhaltig zu gestalten, indem sie Kapital in Projekte lenkt, die sich positiv auf Natur und Gesellschaft auswirken.

Vielversprechend ist etwa das sogenannte Impact-Investing. Bei dieser Anlagestrategie geht es darum, neben finanziellen Erträgen auch positive soziale und ökologische Wirkung zu entfalten. Dies muss von Anfang an mit einer klaren Absicht geschehen, messbar sein und einen Mehrwert bringen.

In den letzten Jahren hat das Interesse an dieser Investitionsform stark zugenommen. Die Schweiz spielt dabei eine zentrale Rolle, insbesondere bei der Ausrichtung von Mitteln auf nachhaltiges Wachstum in Schwellen- und Entwicklungsländern. Auf dem zweiten Platz nach den USA sind nämlich Schweizer Vermögensverwalter. Sie stehen hinter 13 Prozent der weltweit investierten privaten Mittel in Impact-Investing-Fonds zugunsten von Schwellen- und Entwicklungsländern (siehe Abbildung).[1]

Der Schwerpunkt vieler solcher Schweizer Vermögensverwalter wie Blue Orchard, Symbiotics, Responsability, Bamboo Capital oder Impact Finance liegt häufig auf der finanziellen Inklusion von Unternehmen, die zuvor keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen hatten, zum Beispiel durch Mikrofinanz. Doch zunehmend tätigen sie auch Investitionen in Energie, Landwirtschaft, Gesundheit oder Bildung.

Die zehn führenden Länder in der Vermögensverwaltung von privaten Impact-Investing-Fonds

INTERAKTIVE GRAFIK
Anmerkung: Die Anteile beziehen sich nur auf private Impact-Investing-Fonds für Entwicklungsländer.
Quelle: Tameo (2023) / Die Volkswirtschaft

 

Heute schätzt man das Marktvolumen von Impact-Investing weltweit auf 1,164 Billionen Dollar.[2] Trotzdem liegt der Markt damit immer noch deutlich unter den 4 Billionen Dollar, die jährlich nötig wären, um die UNO-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) bis 2030 zu erreichen. Insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen wird bislang zu wenig investiert. Umso notwendiger ist es deshalb, in diesen Regionen mehr private Investitionen zu mobilisieren.

Hindernisse in Schwellenländern überwinden

Doch die Mobilisierung privater Investitionen in diesen Ländern ist nicht einfach. Vor allem weil es den Investoren an verlässlichen Daten und Marktinformationen fehlt und sie – manchmal irrational – hohe Risiken wahrnehmen. Deshalb setzen sich die Schweiz und andere Länder dafür ein, dass die multilateralen Entwicklungsbanken detaillierte, nach Ländern und Sektoren aufgeschlüsselte Daten veröffentlichen, an denen sich die Investoren orientieren können.

Eine weitere Herausforderung ist die unzureichende Finanzinfrastruktur in diesen Märkten. Sie erschwert es, Investitionsmöglichkeiten zu identifizieren und Unternehmen an Börsen zu notieren, die für Investoren zugänglich sind. Darüber hinaus sind die lokalen Unternehmen und Institutionen oft nur begrenzt in der Lage, grosse Investitionen zu verwalten und effektiv zu nutzen, sodass zuerst solches Know-how aufgebaut werden muss.

Auch der Fokus der globalen Finanzindustrie auf kurzfristige Investitionen und die Vorliebe für börsennotierte, liquide Aktien aus entwickelten Märkten behindern Investitionen in Schwellenländern. Zusammen mit regulatorischen Beschränkungen für Investitionen in weniger transparente oder liquide Unternehmen führt dies dazu, dass Impact-Investitionen in diesen Regionen kaum möglich sind.

Ein vielschichtiger Ansatz ist nötig

Die steigende Bevölkerungszahl mit wachsendem Bedarf an Infrastruktur in verschiedenen Sektoren Afrikas und in Teilen Asiens zeigt jedoch, dass ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum durch Impact-Investment enormes Potenzial hat. Deshalb engagiert sich das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im Rahmen der Internationalen Zusammenarbeit für ein besseres Investitionsklima in diesen Regionen: für mehr makroökonomische Stabilität, ein transparenteres Geschäftsumfeld, den Abbau von Handelshemmnissen und aktualisierte Vorschriften für erneuerbare Energien.

Solche Reformen brauchen Zeit, bis sie wirken. Deshalb ist es entscheidend, sie mit Investitionen via innovative Finanzierungsmodelle, Strategien zur Risikominderung und Partnerschaften zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor zu verbinden (sogenannte Public-private-Partnership). Ein solcher vielschichtiger Ansatz ist unerlässlich, wenn man privates Kapital für die nachhaltige Entwicklung in den Schwellenländern freisetzen will.

Die SDG Impact Finance Initiative

Im Jahr 2021 entstand aus einem kollektiven Aufruf von Schweizer Impact-Investoren die SDG Impact Finance Initiative (Sifi). Ihr Ziel ist es, zur Erreichung der UNO-Nachhaltigkeitsziele (SDG) philanthropische und öffentliche Gelder zu mobilisieren und so die Wirkung von Impact-Investitionen zu vergrössern.

Unter der Leitung des Seco und in Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern wie der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), der UBS Optimus Foundation und der Credit Suisse Foundation wurde die Initiative durch die Teilnahme Luxemburgs im Jahr 2023 weiter gestärkt. Sie wird von einem Beirat unterstützt, bestehend aus Nichtregierungsorganisationen, Wissenschaftlern, Regulierungsbehörden und Impact-Investoren aus Afrika und Asien.

Die Sifi ist eine gemeinnützige, öffentlich-private Partnerschaft, die zur globalen Plattform werden und Impact-Investing mainstreamtauglich machen will. Zudem will sie die Akteure im Impact-Investing-Ökosystem vermehrt zusammenbringen und mittels für alle offener Projekteingaben die Transparenz und den Wettbewerb fördern.

Die Strategie der Sifi umfasst drei Säulen: Innovation, Produkt und Rahmenbedingungen. So unterstützt die Initiative etwa die Einführung neuer Impact-Investing-Lösungen, sie investiert in die Entwicklung marktreifer Produkte, um deren Verbreitung zu fördern (siehe Kasten), und sie möchte das allgemeine Umfeld für Impact-Finance verbessern. Die Sifi hat bereits vierzehn Innovationsprojekte finanziert, darunter etwa Offgrid-Finance in Kenia, das die Finanzierungslücke für kleine und mittlere Unternehmen im Bereich der sauberen Technologien schliessen will und seither erhebliche private Investitionen zur Ausweitung dieser Tätigkeit angezogen hat.

Zudem konzentriert sich die Sifi darauf, private Investitionen in erheblichem Umfang zu mobilisieren, und kündigte kürzlich Investitionen in Impact-Investing-Fonds an, die darauf abzielen, nachhaltige Landwirtschaft und saubere Energie in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu fördern. Durch diese gezielten Investitionen und strategischen Partnerschaften engagiert sich die Sifi dafür, den Wandel zu beschleunigen. Die Sifi unterstützt die Entwicklung skalierbarer Impact-Finanzinstrumente für neue Investoren und stärkt somit das Impact-Finance-Ökosystem, was unter anderem die Investitionstätigkeit der grösseren Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen stärkt, zu denen auch die Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes, der Swiss Investment Fund for Emerging Markets, gehört.

  1. Siehe Tameo (2023). Private Asset Impact Fund Report 2023[]
  2. Siehe Tameo (2023). Private Asset Impact Fund Report 2023[]

Zitiervorschlag: Guillaume Bonnel, Liliana de Sá Kirchknopf (2024). Impact-Investment: Private Investitionen für die nachhaltige Entwicklung. Die Volkswirtschaft, 02. Mai.

Beispiel: Fonds für nachhaltige Landwirtschaft

Die SDG Impact Finance Initiative (Sifi) hat eine Investition in einen Impact-Investing-Fonds angekündigt, der die nachhaltige Landwirtschaft und den Schutz des Waldes in Entwicklungsländern fördert. Durch die Investition der Sifi in diesen Fonds wird das Investitionsrisiko für private Investoren gemindert, und es werden so private Mittel in Bereiche gelenkt, die traditionell als zu riskant oder finanziell nicht tragfähig gelten. Ein wichtiges Ziel dieses Fonds ist es, die lokale Finanzinfrastruktur durch Partnerschaften mit lokalen Finanzinstituten zu stärken. Denn der Impact-Fonds kann dank dem Kapital der Sifi einen Teil der Investitionsrisiken für die lokalen Finanzinstitute übernehmen und ihnen technische Unterstützung anbieten.

Beispielsweise kann der von der Sifi unterstützte Fonds mit einer lokalen Bank in Kenia zusammenarbeiten. Mittels Garantien und vermittelten Fachwissens könnte er so Kredite für Kleinbauern unterstützen, die auf regenerative Landwirtschaft umstellen. Auf diese Weise erhalten einerseits die Bauern das nötige Kapital, um ihre Nachhaltigkeit und Produktivität zu verbessern. Andererseits wird auch die Bank ermächtigt, in Zukunft ähnliche Projekte zu bewerten und zu finanzieren. Dadurch wird das gesamte lokale Finanzsystem gestärkt, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern.