Welche Berufe sind durch künstliche Intelligenz gefährdet?
Callcenteragent: Künstliche Intelligenz könnte diesen Beruf bald überflüssig machen. (Bild: Keystone)
Im Gegensatz zur bisherigen Technologie, welche nur vorhandene Daten analysieren konnte, kann sogenannte generative KI wie Chat-GPT neue Inhalte wie Text, Bilder oder Musik schaffen.
Stark verbreitet ist sie etwa bei einfachen Kundenanfragen via Chatbots. Auch für Übersetzungen oder bei Recherchearbeiten wird sie häufig eingesetzt. Darüber hinaus wird zurzeit in praktisch allen Branchen intensiv nach Anwendungsmöglichkeiten gesucht.
Ja, diese Ausgaben steigen deutlich. Im Jahr 2022 investierten Schweizer Unternehmen insgesamt 34 Milliarden Franken in diesen Bereich. Das entspricht rund einem Drittel aller Ausrüstungsinvestitionen der Unternehmen und ist mehr als während der Dotcom-Blase in den 1990er-Jahren.
Allgemein schätzen wir, dass etwa 80 Prozent aller Bürokräfte durch KI direkt konkurrenziert werden könnten.
In spezifischen Berufen wie dem Kundendienst und der Unternehmensberatung zeigen unsere Fallstudien[1] erhebliche Produktivitätssteigerungen durch den Einsatz von KI. Das gilt insbesondere für bisher weniger leistungsstarke Mitarbeiter. In komplexeren Berufen – etwa bei Finanzanalysten – hat der Einsatz von KI zu höherer Personalfluktuation geführt. Diejenigen, die bleiben, übernehmen oftmals komplexere Aufgaben. Die einfachen Aufgaben werden mit KI erledigt. Es kommt aber nicht in allen Berufen zu einem Stellenabbau.
Kurz gesagt: Berufe, deren Anforderungen zu einem grossen Teil von KI erledigt werden können, die aber wenig Potenzial für eine produktive Zusammenarbeit mit der Technologie haben. Ein Beispiel sind Callcenter-Mitarbeitende: Viele der notwendigen Fähigkeiten könnten bereits heute durch automatisierte Systeme ersetzt werden. Gleichzeitig gibt es wenig Kooperationsmöglichkeiten mit KI. Das macht diesen Beruf anfällig. Allgemein schätzen wir, dass etwa 80 Prozent aller Bürokräfte durch KI direkt konkurrenziert werden könnten. Besonders betroffen sind Angestellte ohne fachliche Spezialisierung. Schweizweit sind das rund 320’000 gefährdete Bürostellen. Aber Achtung: Man ist dieser Entwicklung nicht ausgeliefert. Wer sich entsprechend weiterbildet, hat gute Chancen, von der KI zu profitieren.
Grundsätzlich ist der Schweizer Arbeitsmarkt gut aufgestellt. Es ist jedoch unmöglich, sämtliche Rückkoppelungen und Konsequenzen einer möglichen KI-Revolution vorherzusagen. Ein Blick in die Geschichte macht das klar: Es wird geschätzt, dass heute 60 Prozent der Arbeitnehmenden in Berufen tätig sind, die es 1940 noch gar nicht gab. Viele der heutigen Berufe hat man sich damals noch nicht vorstellen können. So wird es vermutlich auch in Zukunft sein. Neben den gefährdeten Stellen werden auch viele neue Stellen geschaffen. Dieser Strukturwandel gehört zu einem flexiblen Arbeitsmarkt.
- Siehe ausführliche Studie: Salvi, Marco und Patrick Schnell (2024). Zukunftssichere Berufe? Wie KI den Schweizer Arbeitsmarkt verändert. []
Zitiervorschlag: Nachgefragt bei Marco Salvi, Avenir Suisse (2024). Welche Berufe sind durch künstliche Intelligenz gefährdet? Die Volkswirtschaft, 12. November.