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Landwirtschaftliche Einkommen steigen um 30 Prozent

Seit 2015 hat sich die wirtschaftliche Lage der Schweizer Landwirtschaftsbetriebe verbessert. Die Direktzahlungen bleiben ein wichtiger Bestandteil ihres Gesamteinkommens.
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Milchbetriebe im Tal produzieren intensiver, halten mehr Milchkühe und haben höhere Erträge als Betriebe in den Bergen. (Bild: Keystone)

Wie ist die wirtschaftliche Situation der Bauernbetriebe in der Schweiz? Das landwirtschaftliche Einkommen pro Bauernbetrieb ist ein Schlüsselindikator, um diese zu beurteilen. Berechnet wird es, indem man die gesamten Aufwände eines Betriebs von den Erträgen abzieht. Es ermöglicht Vergleiche und hilft, zu erkennen, ob sich die Einkommenssituation in der Landwirtschaft in den vergangenen Jahren verbessert oder verschlechtert hat. Dies erlaubt es, zu überprüfen, ob die agrarpolitischen Einkommensziele erreicht werden oder Anpassungen notwendig sind.

Einkommen im Tal höher

Im Jahr 2023 betrug der Mittelwert des landwirtschaftlichen Einkommens[1] 79’700 Schweizer Franken pro Betrieb (siehe Abbildung 1). Je nachdem, ob im Tal, am Hügel oder am Berg produziert wurde, variiert das Einkommen stark. So war das Einkommen eines Betriebs in der Talregion mit 99’600 Franken 40 Prozent höher als in der Hügelregion und 65 Prozent höher als in der Bergregion. Das liegt daran, dass die natürlichen Bedingungen sowohl die Produktionsausrichtung und -technologie als auch die Erträge und Kosten erheblich beeinflussen.[2] So produzieren beispielsweise Milchbetriebe in der Talregion im Durchschnitt intensiver, halten mehr Milchkühe, haben eine höhere Milchleistung und höhere Erträge aus dem Verkauf von Milch und anderen Produkten. In der Bergregion sind die Betriebe vergleichsweise klein und produzieren eher extensiv. Das heisst zum Beispiel, dass sie weniger Tiere pro Hektare halten.

Seit 2015 ist das landwirtschaftliche Einkommen um durchschnittlich 30 Prozent gestiegen, was einer jährlichen Zuwachsrate von 3,3 Prozent entspricht. Das Wachstum in der Hügelregion war ungefähr gleich hoch wie in der Talregion (33%). In der Bergregion war es kleiner (21%).

Abb. 1: Das landwirtschaftliche Einkommen pro Betrieb hat durchschnittlich um gut 18’000 Schweizer Franken zugenommen (2015–2023)

INTERAKTIVE GRAFIK
Anmerkung: Gewichteter Mittelwert pro Betrieb und Jahr.
Quelle: Eigene Darstellung der Autoren basierend auf Daten von Agroscope (Renner et al. (2018)) / Die Volkswirtschaft

Direktzahlungen auch für öffentliche Leistungen

Die Schweiz verfolgt ambitionierte agrarpolitische Ziele und zählt zu den Ländern mit der höchsten staatlichen Unterstützung für die Landwirtschaft. Diese Unterstützung basiert auf dem Prinzip der Multifunktionalität: Die Landwirtschaft produziert nicht nur Nahrungsmittel, sie erbringt auch öffentliche Leistungen wie den Erhalt der Biodiversität oder die Pflege der Kulturlandschaft. Rund 40 Prozent der Direktzahlungen sind an solche Leistungen und an eine nachhaltige Produktion gebunden. Zudem sollen die Direktzahlungen ein angemessenes Einkommen der Betriebe sichern.[3]

Landwirtschaftliche Betriebe haben im Jahr 2023 durchschnittlich 80’500 Franken Direktzahlungen erhalten.[4] Dies entspricht etwa 20 Prozent ihres gesamten Ertrags. Auch hier unterscheiden sich die Regionen: Der Anteil der Direktzahlungen ist in der Bergregion mit durchschnittlich 35 Prozent am höchsten, gefolgt von der Hügelregion (21%) und der Talregion (15%).

Der Anteil der Direktzahlungen variiert ausserdem stark je nach Produktionsausrichtung. Er hängt einerseits davon ab, wie intensiv produziert und somit wie viel Marktertrag pro Hektare erzielt wird. Andererseits spielt auch eine Rolle, ob der Betrieb an freiwilligen Agrarumweltprogrammen teilnimmt. Während bei spezialisierten Mutterkuhbetrieben im Jahr 2023 rund 41 Prozent des Gesamtertrags aus Direktzahlungen stammten, lag der Anteil bei Spezialkultur- und Veredlungsbetrieben bei rund 10 Prozent; dazu gehören beispielsweise Betriebe, die im Obst- oder im Gemüsebau oder in der Geflügel- oder der Schweinehaltung tätig sind.

Die oben aufgeführten Zahlen zeigen: Die Direktzahlungen sind eine zentrale Einkommensquelle für das Gesamteinkommen der Bauernfamilien. Das Gesamteinkommen umfasst die Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit und ausserlandwirtschaftlichen Quellen, wie zum Beispiel Lohneinkommen aus unselbstständiger Tätigkeit des Betriebsleiters oder anderer Familienmitglieder. Im Jahr 2023 machten die Direktzahlungen durchschnittlich 69 Prozent des Gesamteinkommens der Bauernfamilien aus.

Abb. 2: Nur bei wenigen Betrieben ist das Markteinkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit positiv (2023)

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Anmerkung: Zusammensetzung des kumulativen Gesamteinkommens der landwirtschaftlichen Betriebe im Jahr 2023 nach Einkommensdezil-Gruppen. Im 1. Dezil befinden sich die 10 Prozent einkommensschwächsten Betriebe, im 10. Dezil die 10 Prozent einkommensstärksten.
Quelle: Eigene Darstellung der Autoren basierend auf Daten von Agroscope (Renner et al. (2018)) / Die Volkswirtschaft

Direktzahlungen sichern Einkommen

Um zu verstehen, wie sich verschiedene Einkommensquellen auf das Gesamteinkommen der Bauernfamilien auswirken, wurden alle Betriebe nach ihrem Gesamteinkommen in zehn gleich grosse Dezil-Gruppen eingeteilt (siehe Abbildung 2). Die erste Dezil-Gruppe umfasst die 10 Prozent der Betriebe mit dem niedrigsten Gesamteinkommen, die zehnte Dezil-Gruppe die 10 Prozent mit dem höchsten Gesamteinkommen.

Selbst bei einkommensstarken Betrieben machen Direktzahlungen den grössten Teil des Gesamteinkommens aus. Nur in den drei höchsten Einkommensgruppen erzielen die Betriebe ein positives Markteinkommen. Das Markteinkommen wird dabei als Differenz zwischen dem landwirtschaftlichen Einkommen und den erhaltenen Direktzahlungen berechnet. In den anderen Gruppen gleichen die Direktzahlungen und das ausserlandwirtschaftliche Einkommen das negative Markteinkommen aus, sodass das Gesamteinkommen trotzdem positiv bleibt.

Eine frühere Studie zeigt, dass Direktzahlungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, einer ausserlandwirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen.[5] Dies unterstreicht die Bedeutung sowohl der ausserlandwirtschaftlichen Tätigkeiten als auch der Direktzahlungen für die Einkommen in der Schweizer Landwirtschaft. Beide Einkommensquellen erhöhen nicht nur das durchschnittliche Haushaltseinkommen, sondern verringern auch das Einkommensrisiko, das heisst die Einkommensschwankungen über die Zeit. Sie tragen auch dazu bei, die Einkommensungleichverteilung innerhalb des Agrarsektors zu reduzieren.[6]

  1. Siehe Jan et al. (2024). []
  2. Siehe Renner, Sauer und El Benni (2021). []
  3. Siehe Huber et al. (2024). []
  4. Siehe Jan et al. (2024). []
  5. Siehe El Benni und Schmid (2023). []
  6. Siehe El Benni et al. (2012) sowie El Benni und Finger (2012). []

Literaturverzeichnis
  • El Benni, N., Finger, R. und S. Mann (2012). Effects of agricultural policy reforms and farm characteristics on income risk in Swiss agriculture, Agricultural Finance Review 72(3), 301-324.
  • El Benni, N. und R. Finger (2013). The effect of agricultural policy reforms on income inequality in Swiss agriculture – An analysis for valley, hill and mountain regions, Journal of Policy Modeling 35(4), 638-651.
  • El Benni, N. und D. Schmid (2023). Der Zusammenhang zwischen Direktzahlungen und ausserlandwirtschaftlichen Tätigkeiten, Agrarforschung Schweiz 14, 67–75.
  • Huber, R., El Benni, N. und R. Finger (2024). Lessons Learned and Policy Implications from 20 Years of Swiss Agricultural Policy Reforms: A Review of Policy Evaluations. Bio-Based and Applied Economics; 13 (2) 121–217.
  • Jan, P. et al. (2024). Die wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft 2023, Agroscope Transfer 555, 1–8.
  • Renner, S. et al. (2018). Das Erhebungssystem ZA2015 der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten: Stichprobe Einkommenssituation und Stichprobe Betriebsführung, Agroscope Science 68, 1–106.
  • Renner, S., Sauer, J. und N. El Benni (2021). Why Considering Technological Heterogeneity Is Important for Evaluating Farm Performance?, European Review of Agricultural Economics 48(2), 415–445.

Bibliographie
  • El Benni, N., Finger, R. und S. Mann (2012). Effects of agricultural policy reforms and farm characteristics on income risk in Swiss agriculture, Agricultural Finance Review 72(3), 301-324.
  • El Benni, N. und R. Finger (2013). The effect of agricultural policy reforms on income inequality in Swiss agriculture – An analysis for valley, hill and mountain regions, Journal of Policy Modeling 35(4), 638-651.
  • El Benni, N. und D. Schmid (2023). Der Zusammenhang zwischen Direktzahlungen und ausserlandwirtschaftlichen Tätigkeiten, Agrarforschung Schweiz 14, 67–75.
  • Huber, R., El Benni, N. und R. Finger (2024). Lessons Learned and Policy Implications from 20 Years of Swiss Agricultural Policy Reforms: A Review of Policy Evaluations. Bio-Based and Applied Economics; 13 (2) 121–217.
  • Jan, P. et al. (2024). Die wirtschaftliche Entwicklung der schweizerischen Landwirtschaft 2023, Agroscope Transfer 555, 1–8.
  • Renner, S. et al. (2018). Das Erhebungssystem ZA2015 der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten: Stichprobe Einkommenssituation und Stichprobe Betriebsführung, Agroscope Science 68, 1–106.
  • Renner, S., Sauer, J. und N. El Benni (2021). Why Considering Technological Heterogeneity Is Important for Evaluating Farm Performance?, European Review of Agricultural Economics 48(2), 415–445.

Zitiervorschlag: Renner, Swetlana; Jan, Pierrick; Schmid, Dierk; El Benni, Nadja (2024). Landwirtschaftliche Einkommen steigen um 30 Prozent. Die Volkswirtschaft, 10. Dezember.