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2024: Ein Rekordjahr für die Schweizer Hotellerie

Die Übernachtungszahlen der Hotellerie haben sich seit dem pandemiebedingten Einbruch 2020 erholt: Noch nie haben so viele Touristen in Schweizer Hotels übernachtet wie im vergangenen Jahr. Vor allem Gäste aus den USA kommen vermehrt.
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Schweizer Hotels waren 2024 beliebt. Das temporäre «Null Stern Hotel» der Schweizer Konzeptkünstler Frank und Patrik Riklin in Saillon VS. (Bild: Keystone)

Die Lauben der Berner Altstadt erkunden, mit einer Glace durch Locarno schlendern und dazwischen ein Wandertag in den Bergen – solch unvergessliche Erinnerungen an Ferientage bleiben lange lebendig. Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen ihre Ferien in der Schweiz verbringen und das Land dabei einen neuen Rekord bei den Übernachtungszahlen erreicht. Gemäss den neuesten Zahlen der Beherbergungsstatistik (Hesta) des Bundesamts für Statistik (BFS) wurden 2024 nämlich insgesamt knapp 43 Millionen Übernachtungen gezählt – so viele wie noch nie zuvor. Mitgezählt werden Übernachtungen in schweizweit 5000 Hotels und Kurbetrieben.[1] Die Zahl der Schweizer Gäste blieb hoch, da seit der Coronapandemie Ferien im Inland auch bei Einheimischen beliebter sind. Die Zahl der ausländischen Gäste hat sich zudem vollständig von der Coronapandemie erholt und lag 2024 erstmals über dem Vorkrisenniveau von 2019 (siehe Abbildung 1).

Rund die Hälfte der Touristen kommt aus der Schweiz

Inländische Gäste haben in den letzten Jahrzehnten für den Schweizer Tourismus an Bedeutung gewonnen. In den 1990er-Jahren dominierten die ausländischen Touristen mit einem Anteil von 57 Prozent an den Logiernächten, doch seither nahm der Anteil inländischer Gäste laufend zu. Während der Pandemie waren die Gäste aus der Schweiz eine wichtige Stütze, insbesondere für die Alpenregionen sowie für das Tessin. Im Jahr 2024 lag der Anteil der Inländer am Total der Logiernächte bei knapp 49 Prozent. Damit liegt die Schweiz leicht unter dem EU-Schnitt von 2023 (53%).

Abb. 1: Monatliche Logiernächte Schweiz: Ausländische Gäste kommen wieder

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Anmerkung: Saisonbereinigte Zahlen
Quelle: Bundesamt für Statistik, Hesta / Saisonbereinigung Seco / Die Volkswirtschaft

Über die letzten Jahrzehnte hat sich auch die Zusammensetzung der ausländischen Gäste deutlich verändert: Zwar sind Gäste aus Deutschland gemessen an den Logiernächten immer noch die wichtigste ausländische Gästegruppe. Die Gesamtzahl ihrer Logiernächte hat sich wie die Zahl europäischer Gäste generell aber seit den 1990er-Jahren deutlich verringert (siehe Abbildung 2). Ein Grund dürfte die Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro gewesen sein, die Reisen in die Schweiz vor allem seit 2008 im Zuge der Finanzkrise und der darauffolgenden Eurokrise deutlich verteuert hat. Aber auch neue Reisegewohnheiten der deutschen Bevölkerung spielten eine wichtige Rolle: Während die klassischen Ferien in den Alpen an Beliebtheit verloren, sind interkontinentale Reisen durch tiefere Flugpreise und einfachere Reisebedingungen wie vereinfachte Visumbestimmungen oder Buchungsmöglichkeiten über das Internet attraktiver geworden.

Boom mit Gästen aus Asien in den 2010er-Jahren

In den 2010er-Jahren stieg die Zahl der Touristen aus Asien, insbesondere aus China und Indien, rasant an. 2019 entfielen 14 Prozent der Logiernächte in der Schweiz auf Reisende aus dieser Region. Der wirtschaftliche Aufschwung in diesen Ländern ermöglichte es immer mehr Menschen, Fernreisen nach Europa zu unternehmen. Dies wurde durch vereinfachte Visumbestimmungen zusätzlich erleichtert. Populäre asiatische Filme, Serien und Influencer trugen dazu bei, die Schweiz als Reiseziel bekannt zu machen.

Abb. 2: Jährliche Logiernächte Schweiz: Immer mehr Gäste aus den USA

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Quelle: Bundesamt für Statistik, Hesta  / Die Volkswirtschaft

Die Coronapandemie unterbrach diesen Aufwärtstrend jedoch abrupt. Die Anzahl Logiernächte von Gästen aus Asien brach von rund 5,5 Millionen im Jahr 2019 auf unter 1 Million im Jahr 2020 ein. Die Erholung bei den asiatischen Gästen erfolgte nach regional lange anhaltenden Reisebeschränkungen nur zögerlich. Beispielsweise erreichte die Zahl der Logiernächte chinesischer Gäste im Jahr 2024 erst wieder gut 50 Prozent des Niveaus von 2019.

US-Touristen als wachsender Markt

Europa ist eine beliebte Reisedestination von US-Touristen und die Schweiz oftmals ein Zwischenhalt auf einer Rundreise. Die US-amerikanischen Gäste schätzen die gute Infrastruktur der Städte mit ihrer Nähe zur schönen Natur. Seit 2015 ist ein deutlicher Anstieg an US-amerikanischen Gästen in der Schweiz zu verzeichnen. Wichtige Treiber dafür dürften die gute Wirtschaftslage in den USA in den 2010er-Jahren sowie der starke Dollar gewesen sein. Nach dem pandemiebedingten Einbruch setzte sich der Wachstumstrend ab 2022 fort. Zwischen 2015 und 2024 ist der Anteil der Logiernächte von US-Gästen am Total von 5 auf 8 Prozent angestiegen. Im Jahr 2024 verzeichneten die US-Gäste mit knapp 3,5 Millionen Übernachtungen einen neuen Rekord.

Die neue Gästestruktur hat aufgrund unterschiedlicher Präferenzen der aussereuropäischen Gäste zu einer gewissen Verschiebung der Logiernächte hin zu den städtischen Gebieten geführt. Denn die Gäste aus Übersee übernachten vermehrt in städtischen Regionen und bereisen die Schweizer Bergwelt auf Tagesausflügen. Aufgrund der verhältnismässig kurzen Distanzen in der Schweiz ist dies gut möglich. Der mehrwöchige Wander- oder Skiurlaub, der früher bei europäischen und insbesondere deutschen Gästen verbreitet war, ist inzwischen weniger gefragt. Diese Entwicklung widerspiegelt sich in einer insgesamt kürzeren Aufenthaltsdauer der europäischen Gäste, während die asiatischen Gäste länger als früher an einem Ort verweilen.

Tourismus: Ein relevanter Wirtschaftszweig

Die Logiernächte zählen zu den Indikatoren, welche das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im Rahmen der regelmässigen Konjunkturbeobachtung verfolgt (siehe Kasten zu den «Konjunkturtendenzen» Frühjahr 2025). Da die Zahlen monatlich erscheinen, geben sie regelmässig und relativ zeitnah Hinweise auf die wirtschaftliche Dynamik in der Beherbergung und im Tourismus allgemein. Das Gastgewerbe, bestehend aus den Branchen Beherbergung und Restauration, ist immerhin für knapp 2 Prozent des BIP der Schweiz verantwortlich und für rund 3 Prozent aller Arbeitsplätze in der Schweiz.

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Tourismus geht aber über das Gastgewerbe hinaus. Touristen fragen etwa auch Transportdienstleistungen nach, sie besuchen kulturelle Anlässe oder kaufen in der Schweiz ein. Zudem sind auch zahlreiche in- und ausländische Tagestouristen unterwegs. Bezieht man diese indirekten Effekte mit ein, steigt die Bedeutung des Tourismus auf knapp 3 Prozent des Schweizer BIP. Obwohl der BIP-Anteil des Tourismus über die Jahrzehnte zurückgegangen ist, bleibt er volkswirtschaftlich relevant.

Zudem ist die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus regional sehr unterschiedlich: Während im Kanton Zug nur 0,6 Prozent der nominalen Wertschöpfung im Zusammenhang mit dem Tourismus stehen, sind es im Kanton Graubünden über 9 Prozent. Darüber hinaus zählen die Logiernächte aus der Perspektive der Konjunkturanalyse zu den «konsumbezogenen» Indikatoren im weiteren Sinne: Sie liefern Hinweise zur Entwicklung gewisser Kategorien von Konsumausgaben der privaten Haushalte.

Fortsetzung der jüngsten Trends

Die wichtigsten Trends der Logiernächte dürften sich gemäss der jüngsten Tourismusprognose von Oktober 2024, die BAK Economics zweimal jährlich im Auftrag des Seco erstellt, in den nächsten Jahren fortsetzen. Aufgrund der schwierigen Konjunkturlage in Deutschland wird bei diesen Gästen eine schwächere Entwicklung erwartet. Hingegen dürfte sich der positive Trend bei den amerikanischen Gästen fortsetzen. Die US-Amerikaner sind zwar klassische Sommertouristen, sie interessieren sich aber immer mehr auch fürs Skifahren in der Schweiz. Dies wird durch die Übernahme von Schweizer Skigebieten wie beispielsweise in Andermatt-Sedrun durch US-amerikanische Unternehmen und deren Integration in amerikanische Saisonabonnements begünstigt.

Bei den asiatischen Touristen wird eine weitere Zunahme erwartet, gerade bei den Chinesinnen und Chinesen dürfte aber das Vor-Pandemie-Niveau von 2019 vorläufig nicht erreicht werden. Neben veränderten Reisegewohnheiten scheint auch die mangelnde Kapazität bei der Ausstellung von Schengen-Visa ein bremsender Faktor zu sein.

  1. Nicht mitgezählt werden etwa: Ferienwohnungen, Kollektivunterkünfte sowie Campingplätze. []

Zitiervorschlag: Fischer, Sarah (2025). 2024: Ein Rekordjahr für die Schweizer Hotellerie. Die Volkswirtschaft, 24. März.

«Konjunkturtendenzen» Frühjahr 2025

Wirtschaftslage Schweiz – Im 4. Quartal 2024 ist die Schweizer Wirtschaft solide gewachsen (+0,5%). Das Resultat liegt im Rahmen der Erwartungen.

Konjunkturprognose – Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes senkt ihre Prognose für das Wachstum der Schweizer Wirtschaft 2025 und 2026 leicht. Damit würde die Schweizer Wirtschaft zwei weitere Jahre unterdurchschnittlich wachsen. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass ein eskalierender globaler Handelskrieg ausbleibt. Aufgrund der grossen Unsicherheit ergänzt das Seco die Prognose der Expertengruppe mit zwei Alternativszenarien.

Weltwirtschaft – Das Wachstum der Weltwirtschaft schwächte sich im 4. Quartal 2024 etwas ab und lag leicht unter den Erwartungen. Die Heterogenität zwischen den einzelnen Ländern war erneut gross. In vielen Ländern hat sich die Inflation seit dem vergangenen Herbst wieder deutlich erhöht. Insgesamt erweist sich die Teuerung als etwas hartnäckiger als erhofft.

Exkurs: Die Entwicklung der Logiernächte in der Schweiz – Gemäss den neuesten Zahlen der Beherbergungsstatistik wurden 2024 knapp 43 Millionen Übernachtungen gezählt – so viele wie noch nie.

Exkurs BIP 2024: Robuste Binnennachfrage, negativer Aussenhandelsbeitrag – Die Schweizer Wirtschaft wuchs 2024 deutlich unterdurchschnittlich: um 0,9% nach 1,2% 2023, gemessen am Sportevent-bereinigten BIP.

Exkurs: BIP pro Kopf – 2024 dürfte das Sportevent-bereinigte BIP pro Kopf der Schweiz nochmals leicht zurückgegangen sein (−0,2%). Zum einen wuchs das BIP erneut deutlich unterdurchschnittlich (+0,9%). Zum anderen dürfte die Bevölkerung weitergewachsen sein. Im internationalen Vergleich ist das BIP pro Kopf der Schweiz weiterhin hoch, auch kaufkraftbereinigt.