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Betongold bleibt attraktiv. Wie lange noch?

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Die Preise von Wohnliegenschaften steigen stärker als die von Büroliegenschaften. Spielplatz in der Wohnsiedlung Paradies in Wollishofen ZH. (Bild: Keystone)
Seit Jahren steigen die Immobilienpreise fast ununterbrochen. Ist der Peak erreicht?

Ich gehe davon aus, dass die Preise auch in den nächsten Jahren moderat steigen werden. Selbstverständlich gibt es wirtschaftliche und geopolitische Risiken, die Rückschläge auslösen könnten. Doch die Schweiz steht im europäischen Vergleich gut da: Die Wirtschaft wächst, auch kraftkraftbereinigt. Zudem ist die Produktivität hoch und der Franken stabil.

Befinden wir uns in einer Immobilienblase?

Nein, wir haben heute eine andere Situation als in den Neunzigerjahren. Damals gab es eine Blase aufgrund einer lockeren Geldpolitik, einer grosszügigeren Kreditvergabe durch die Banken und einer hohen Nachfrage ausländischer Investoren. In Städten wie Zürich oder Lausanne sowie in einigen Regionen in Graubünden ist der Markt momentan zwar überhitzt. Im Wesentlichen lassen sich die Immobilienpreise jedoch fundamental mit einem starken Bevölkerungswachstum begründen. Zudem hat die strengere Regulierung der Banken in den letzten Jahren eher bremsend auf die Preisentwicklung gewirkt.

Entwickeln sich die Preise von Wohn- und Geschäftsliegenschaften unterschiedlich?

Geschäftsliegenschaften sind volatiler und haben durchschnittlich höhere Leerstandsraten als Wohnliegenschaften. In den letzten zwölf Monaten stiegen die Preise von Renditeliegenschaften, aber bis zu zwei Drittel weniger stark als bei Wohnliegenschaften. Gründe dafür sind Makrotrends wie Homeoffice, Onlinehandel, Urbanisierung und Wohnungsmangel.

 

Bauen ist derzeit zu teuer.

 

Hat der schwindende Homeoffice-Trend einen Einfluss auf die Preise von Büroliegenschaften?

Ja, aber nur begrenzt. Die Nachfrage steigt leicht, was die Preise stabilisiert. Viele Unternehmen setzen jedoch auf hybride Modelle, was den Bedarf an Co-Working-Spaces erhöht. Zudem gewinnt Nachhaltigkeit an Bedeutung. Der Markt teilt sich zunehmend in energieeffiziente und ältere, unsanierte Gebäude. Während moderne Büros an zentraler Lage begehrt sind, wird die Vermietung älterer Objekte ausserhalb der Toplagen immer schwieriger. Dies schlägt sich auch in den Preisen nieder, das heisst, Investoren sind bereit, höhere Preise für nachhaltige Gebäude zu bezahlen. Dieser Trend dürfte sich verstärken, wenn soziale Kriterien wichtiger werden, die sich am Mehrwert eines Gebäudes für die Allgemeinheit und der Qualitätssteigerung für die Nachbarschaft orientieren.

Warum wird trotz hoher Nachfrage nicht mehr gebaut?

Bauen ist derzeit zu teuer. Die Finanzierungs- und Baukosten sind stark gestiegen – unter anderem wegen Lieferkettenproblemen und teuren Materials wie zum Beispiel Holz. Zudem treiben strenge Bauvorschriften und hohe Energiestandards die Kosten weiter nach oben. Diese Faktoren machen viele Bauprojekte unrentabel. Höhere Mieten wären nötig, lassen sich aber oft nicht durchsetzen, besonders in Randlagen und auf dem Land, wo die Nachfrage geringer ist.

Seit dem Höchststand Ende 2022 haben sich die Zinsen fast halbiert. Wie sieht Ihre Prognose für die nächsten Jahre aus?

Kurzfristig könnte es noch eine leichte Zinssenkung geben. Mittelfristig erwarte ich eher eine Seitwärtsbewegung oder eine Rückkehr des Leitzinses zum neutralen Zinssatz von einem Prozent – auf diesem Niveau wird die Wirtschaft weder angekurbelt noch gebremst. Allerdings orientieren sich die langfristigen Finanzierungszinssätze an den Renditen der Anleihenmärkte. Daher wird eine Senkung des kurzfristigen Leitzinses der Schweizerischen Nationalbank nicht direkt zu niedrigeren Finanzierungskosten auf dem Immobilienmarkt führen.

Interview: «Die Volkswirtschaft»

Zitiervorschlag: Nachgefragt bei Roland Füss, Universität St. Gallen (2025). Betongold bleibt attraktiv. Wie lange noch? Die Volkswirtschaft, 25. März.

Interviewpartner

Roland Füss ist Professor für Immobilienfinanzierung an der Universität St. Gallen