Ohne Anreize keine Klimaneutralität

Das Gebäudeprogramm fördert die energetische Sanierung von Gebäuden, zum Beispiel durch Beiträge an die Wärmedämmung. (Bild: Keystone)
Gebäude sind in der Schweiz für zwei Fünftel des Energieverbrauchs und rund ein Fünftel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Am meisten Energie verbrauchen sie für Heizung und Warmwasser – mehr als die Hälfte der Wohngebäude wird mit Öl oder Gas beheizt (siehe Abbildung 1), und über eine Million Gebäude sind sanierungsbedürftig.
Seit 1990 reduzierten sich die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor um 46 Prozent. Doch damit sind die Ziele der Schweiz noch nicht erreicht: Das Klima- und Innovationsgesetz sieht vor, diese bis 2040 um 82 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Bis 2050 soll der Gebäudesektor keine Emissionen aus dem Betrieb von Heizungen oder Warmwasseranlagen verursachen. Zudem soll der Energieverbrauch um 43 Prozent sinken. Um diese Ziele zu erreichen, braucht es verlässliche regulatorische Vorschriften und gezielte finanzielle Anreize.
Abb. 1: Mehr als die Hälfte der Wohngebäude wird mit Öl oder Gas beheizt
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CO2-Abgabe und Gebäudeprogramm setzen finanzielle Anreize
Seit 2008 gibt es in der Schweiz die CO2-Abgabe auf Heizöl oder Erdgas. Unternehmen und Private bezahlen 120 Franken für jede Tonne CO2, die bei der Verbrennung dieser Brennstoffe entsteht. Das soll Anreize schaffen, auf erneuerbare Energien umzusteigen. Doch allein durch die CO2-Abgabe lohnt sich eine energetische Sanierung von Gebäuden oft nicht. Dafür wären mehrere Hundert bis Tausend Franken pro Tonne CO2 notwendig. Die Abgabe trägt aber zu einem günstigeren Verhältnis von Strom- zu Gaspreisen bei. Das verbessert die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen und anderen Heizungssystemen, die erneuerbare Energieträger nutzen.[1]
Wirkungsvollere Anreize für den Umstieg auf erneuerbare Energien setzt das Gebäudeprogramm, das wichtigste Förderinstrument von Bund und Kantonen. Es unterstützt energetische Sanierungen und den Ersatz fossiler Heizsysteme finanziell. Ein Drittel der Einnahmen aus der CO2-Abgabe – maximal 450 Millionen Franken pro Jahr – fliesst in das Programm. Die Kantone steuern zusätzliche Beiträge bei und entscheiden innerhalb der Bundesvorgaben selbst, welche Massnahmen sie unterstützen. Dazu gehören zum Beispiel die Wärmedämmung von Fassade, Dach und Fenster, erneuerbare Heizsysteme wie Wärmepumpen, Holzheizungen oder Solarthermie, ganzheitliche Systemsanierungen, besonders energieeffiziente Neubauten wie zum Beispiel Minergie-P, Anschlüsse an erneuerbare Fernwärmenetze oder auch indirekte Massnahmen wie Beratung und Qualitätssicherung. Dadurch können die Kantone die Förderung flexibler an regionale Bedürfnisse anpassen. So steht in städtischen Gebieten mit hoher Bebauungsdichte oft der Anschluss an Fernwärme im Vordergrund, in Vorstädten und ländlichen Regionen hingegen eher die Förderung von Wärmepumpen und anderen erneuerbaren Energiesystemen. Wärmedämmung ist überall wichtig.
Seit 2017 ist der Bedarf an Fördermitteln kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2023 wurde mit 528 Millionen Franken ein Rekordvolumen erreicht. Und seit 2022 wurde deutlich mehr in Wärmepumpen als in Dämmung investiert (siehe Abbildung 2).
Abb. 2: Investitionen in Wärmepumpen nahmen in den letzten vier Jahren zu
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Regulatorische Vorgaben
Neben den finanziellen Anreizen gibt es regulatorische Vorgaben. Diese sind auf kantonaler Ebene über die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (Muken) verankert. Die Kantone haben diese einheitlichen Standards gemeinsam entwickelt, um den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen von Gebäuden zu senken. Sie enthalten technische Mindeststandards für Neubauten sowie für bestehende Gebäude bei Sanierungen. Dazu gehören zum Beispiel Anforderungen an die Wärmedämmung, den Einsatz erneuerbarer Energien oder die Effizienz von Heizungen und Warmwasseraufbereitung.
Verbindlich werden die Muken aber erst, wenn ein Kanton sie in sein eigenes Energiegesetz übernimmt. Deshalb unterscheiden sich die Regelungen in der Praxis stark: Manche Kantone setzen die Vorschriften rasch und umfassend um, andere nur teilweise oder mit grosser Verzögerung. Die aktuelle Version stammt aus dem Jahr 2014, eine neue Fassung (Muken 2025) wurde kürzlich verabschiedet. Bis sie in allen Kantonen angenommen und angewendet wird, dürften Jahre vergehen. Bis dahin können weiterhin fossile Heizungen eingebaut werden – ausser in einigen Kantonen wie Basel-Stadt, Zürich, Genf und Uri, die einen Ersatz durch erneuerbare Systeme de facto vorschreiben. Aber auch dort bestehen Ausnahmen: In Basel-Stadt zeigte sich beispielsweise, dass in den ersten Jahren nach Einführung der Pflicht rund 20 Prozent der Gebäudeeigentümer den Umstieg auf Wärmepumpen als wirtschaftlich oder technisch zu anspruchsvoll empfanden. Sie machten deshalb von Ausnahmeregelungen Gebrauch und installierten erneut fossile Heizsysteme – trotz Subventionen, die bis zu 40 Prozent der Investitionskosten für erneuerbare Heizsysteme abdecken.
Impulsprogramm ersetzt Gebäudeprogramm
Bisher sind rund 3,6 Milliarden Franken in das Gebäudeprogramm geflossen. Mit dem Clean Energy Index Switzerland (Ceis) stellt die ZHAW ein interaktives Tool zur Verfügung, das die kantonale Verteilung dieser Fördergelder sichtbar und vergleichbar macht. Das Tool ist Teil des Sweet-Cosi-Forschungsprojekts und veranschaulicht: Bevölkerungsreiche Kantone wie Bern und Zürich erhielten die höchsten Beträge. So bekam der Kanton Bern im Jahr 2023 total 64,2 Millionen Franken und der Kanton Zürich 51,9 Millionen Franken. Für den Kanton Uri hingegen gab es lediglich 2,4 Millionen Franken. Betrachtet man die Subventionen pro Kopf, wurde in ländlichen Kantonen mehr ausgezahlt (siehe Abbildung 3): Graubünden kommt pro Kopf auf 147.70 Franken, Basel-Stadt und Zürich jedoch nur auf 64.40 respektive 32.30 Franken.
Abb. 3: Die Subventionen pro Kopf aus dem Gebäudeprogramm waren 2023 in Graubünden am höchsten (in Franken)
Mit dem Entlastungspaket 2027 soll das Gebäudeprogramm ab 2027 eingestellt werden. An seine Stelle tritt das neue Impulsprogramm des Bundes, das vor allem den Ersatz fossiler und elektrischer Heizungen in grösseren Liegenschaften und Mehrfamilienhäusern unterstützt. Dafür sind künftig jährlich 200 Millionen Franken während zehn Jahren vorgesehen – deutlich weniger als die bisherigen Mittel. In den Kantonen, in denen sich strengere Energiegesetze der Muken 2025 politisch nur schwer durchsetzen lassen – etwa eine Pflicht zum Ersatz fossiler Heizungen oder verschärfte Dämmvorschriften –, sollten die Anreizsysteme gezielt aufrechterhalten werden. So können Förderbeiträge weiterhin einen Anreiz für Sanierungen und den Umstieg auf erneuerbare Energien schaffen, auch wenn regulatorische Vorgaben fehlen. Der Ersatz fossiler Heizsysteme durch erneuerbare Lösungen bleibt eine zentrale Voraussetzung für die Klimaneutralität. Auch energetische Sanierungen bleiben wichtig: Sie senken den Energieverbrauch, reduzieren den Bedarf an Winterstrom und kostspieligem Netzausbau und ermöglichen kleinere, kostengünstigere Wärmepumpen.
Studien zeigen: Nur wenn Förderung, CO2-Abgabe und gesetzliche Vorgaben zusammenspielen, gelingt die Energiewende im Gebäudesektor.[2] Von grosser Bedeutung ist die Höhe der Förderung. Sie hat einen wesentlichen Einfluss darauf, ob Hauseigentümerinnen tatsächlich auf erneuerbare Systeme umsteigen.
Literaturverzeichnis
- Datenplattform CEIS (Clean Energy Index Switzerland) (2024). Clean Energy Index Switzerland.
- Li, X. et al. (2025). Supporting Building Heat Decarbonization with Heat Pumps: Analysis of Subsidy Schemes in Swiss Leading Cantons. Energy Policy, 206.
- Schaub, L., Vuignier, J. und M. Patel (2025). Deliverable 7.3: Legal Constraints Due to Heritage Conservation – Different Practices and Their Consequences for the Economic Energy Saving and CO2 Abatement Potential. October 2025.
Bibliographie
- Datenplattform CEIS (Clean Energy Index Switzerland) (2024). Clean Energy Index Switzerland.
- Li, X. et al. (2025). Supporting Building Heat Decarbonization with Heat Pumps: Analysis of Subsidy Schemes in Swiss Leading Cantons. Energy Policy, 206.
- Schaub, L., Vuignier, J. und M. Patel (2025). Deliverable 7.3: Legal Constraints Due to Heritage Conservation – Different Practices and Their Consequences for the Economic Energy Saving and CO2 Abatement Potential. October 2025.
Zitiervorschlag: Kotsch, Raphaela; Betz, Regina; Patel, Martin (2025). Ohne Anreize keine Klimaneutralität. Die Volkswirtschaft, 14. Oktober.