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Schweizer Exporteure nutzen Freihandelsabkommen

Schweizer Exporteure nutzen Freihandelsabkommen rege, um Zölle zu sparen. Dabei entstehen gewisse Aufwände. Das zeigt eine Firmenbefragung des Staatssekretariats für Wirtschaft.
Das Freihandelsabkommen mit China wird von den Befragten als das drittwichtigste eingestuft. Uhrenhändler in der chinesischen Stadt Guangzhou. (Bild: Keystone)

Schweizer Importeure könnten jährlich bis zu 400 Millionen Franken an Zöllen sparen, wenn sie verstärkt Freihandelsabkommen (FHA) nutzen würden.[1] Eine importseitige Befragung durch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) aus dem Frühjahr 2021 machte zudem deutlich, dass viele Importeure nur ungenügend über die Anwendung von FHA informiert sind.[2]

In einer weiteren Umfrage befragte das Seco nun auch Schweizer Exporteure dazu, wie sie die zurzeit über 30 FHA nutzen. Die Firmenbefragung zeigt: Exportierende Unternehmen messen den FHA eine hohe Wichtigkeit bei und nutzen sie rege.

Gegenwärtig 35 Freihandelsabkommen

Die Schweiz verfügt – neben der Europäischen Freihandelsassoziation (Efta) und dem FHA mit der Europäischen Union (EU) – gegenwärtig über ein Netz von 35 Freihandelsabkommen mit 43 Partnern. Ein zentraler Bestandteil von FHA ist die gegenseitige Gewährung von Zollpräferenzen – also ein vollständiger oder teilweiser Abbau von Zöllen zugunsten der jeweiligen Vertragspartei. Dank dieser tieferen Präferenzzölle können die Unternehmen beim Import und Export von Zolleinsparungen profitieren.

Um die FHA nutzen zu können, müssen die Produkte der Unternehmen die präferenziellen Ursprungsregeln des entsprechenden Abkommens erfüllen. Dies bedeutet: Das entsprechende Produkt muss zu einem massgeblichen Teil im exportierenden Land hergestellt worden sein. Damit eine Ware bei der Einfuhr im Partnerland also präferenzbegünstigt verzollt werden kann, ist der im entsprechenden FHA vorgesehene präferenzielle Ursprungsnachweis notwendig. [3]

Mehrheit nutzt Abkommen beim Export

Die Firmenbefragung zur exportseitigen Nutzung von Freihandelsabkommen wurde von insgesamt 418 Unternehmen beantwortet. Die grosse Mehrheit (94%) der befragten Unternehmen nutzt beim Export von Waren FHA und stellt beim Export also präferenzielle Ursprungsnachweise aus (siehe Abbildung 1). Auf einer Skala von 1 (gar nicht wichtig) bis 5 (sehr wichtig) bestätigten die Unternehmen mit einem Durchschnitt von 4,35 Punkten, dass FHA für sie wichtig sind.

Abb. 1: Nutzung von Freihandelsabkommen durch Schweizer Exporteure (2022)

Anmerkung: Stichprobengrösse = 379 Unternehmen. Konkrete Frage: Nutzt Ihr Unternehmen beim Export von Waren Freihandelsabkommen? Bzw. stellt Ihr Unternehmen präferenzielle Ursprungsnachweise beim Export aus?
Quelle: Firmenbefragung zur Nutzung von Freihandelsabkommen bei Schweizer Exporteuren, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Juni 2022.

 

Die Exporteure nutzen die FHA hauptsächlich deshalb, weil ihre ausländischen Kunden die Ausstellung eines präferenziellen Ursprungsnachweises fordern. Ein solcher Nachweis wird für die Nutzung des FHA benötigt. Ein weiterer wichtiger Grund für die Nutzung von FHA ist eine bessere Wettbewerbsfähigkeit. Die Zolleinsparungen ermöglichen den Unternehmen nämlich, ihre Produkte auf den ausländischen Märkten günstiger anzubieten. Als wichtigste FHA wurden die Abkommen mit der EU (316), mit den Efta-Staaten (242), China (198), Grossbritannien (191), Japan (169) und Südkorea (165) genannt.

Aufwand bei Nutzung von Freihandelsabkommen

Die Nutzung von FHA ist jedoch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Am meisten genannt wurden von den Unternehmen die Anforderungen des präferenziellen Ursprungs (260 Unternehmen gaben dies an), die Beschaffung von Vordokumenten (240), die Informationsbeschaffung zu FHA (192) und die Ausbildung des Personals, um FHA optimal nutzen zu können (189) (siehe Abbildung 2).

Abb. 2: Aufwand bei der Nutzung von Freihandelsabkommen gemäss Schweizer Exporteuren (2022)

Anmerkung: Mehrere Antworten möglich. Stichprobengrösse = 418 Unternehmen.
Quelle: Firmenbefragung zur Nutzung von Freihandelsabkommen bei Schweizer Exporteuren, Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), Juni 2022.

 

Natürlich gibt es auch Fälle, in welchen die Unternehmen freiwillig auf die Nutzung von Freihandelsabkommen verzichten oder verzichten müssen. Nicht überraschend ist ein Grund für die Nichtnutzung, dass die Produkte die Ursprungsregeln nicht erfüllen und somit kein Ursprungsnachweis ausgestellt werden darf (105 Unternehmen gaben dies an). Weitere Gründe, FHA nicht zu nutzen, sind, dass die Produkte im Bestimmungsland auch ohne Anwendung des FHA zollfrei eingeführt werden können (79) oder dass die Zollersparnis durch die Nutzung des FHA zu klein ist (55). Manchmal ist der interne administrative Aufwand auch schlicht zu gross (55), die Produkte werden vom FHA nicht abgedeckt (38), oder den Unternehmen fehlt das Wissen, um FHA zu nutzen (30).

Die exportierenden Unternehmen wünschen sich in diesem Zusammenhang weitere Unterstützungsangebote, um FHA zu nutzen. Konkret wünschen sie sich in erster Linie ein Instrument, welches die Anforderungen des präferenziellen Ursprungs aufzeigt und die möglichen Zolleinsparungen in Schweizer Franken berechnet. Ähnliche Wünsche wurden bereits von Schweizer Importeuren geäussert.

Auftrag des Bundesrates

Das Seco analysiert seit einigen Jahren, inwiefern die Freihandelsabkommen durch die Wirtschaftsakteure genutzt werden.[4] Im jährlich erscheinenden FHA-Monitor werden die wichtigsten Kennzahlen zur Nutzung der einzelnen Freihandelsabkommen publiziert. Die durchgeführten Firmenbefragungen erlauben es, die spezifischen Praxisprobleme der Unternehmen bei der Nutzung von FHA systematisch zu erfassen.

Gemeinsam mit dem FHA-Monitor liefert die vorliegende Firmenbefragung wichtige Hinweise für das Seco: etwa wo bei der Nutzung von Freihandelsabkommen Hürden bestehen und wie die Nutzung vereinfacht werden kann. Darüber hinaus entspricht eine einfachere Nutzung der FHA auch einem Auftrag des Bundesrates. Im Rahmen der Gesamtschau «Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz» hat er im Februar 2022 dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) den Auftrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erteilt.[5] Basierend auf den erfolgten Analysen[6] und den beiden Firmenbefragungen, wird das Seco dem Bundesrat konkrete Vorschläge machen, wie Unternehmen das dichte Netz an FHA einfacher nutzen können.

  1. Siehe FHA-Monitor 2020 auf Seco.admin.ch. []
  2. Siehe Michèle Glauser; Lukas Hauck; Yan Monnard (2021). Freihandelsabkommen: Importeure zahlen zu viel Zoll. Die Volkswirtschaft, 26. Oktober. []
  3. Mehr Informationen zu präferenziellen Ursprungsregeln: Präferenzieller Ursprung (auf Seco.admin.ch) und Freihandelsabkommen (auf Bazg.admin.ch). []
  4. Siehe Nutzung von Freihandelsabkommen (auf Seco.admin.ch). []
  5. Siehe Medienmitteilung «Bundesrat treibt Vorhaben zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz voran», Bern, 16.2.2022. []
  6. Siehe auch Stefan Legge; Piotr Lukaszuk; Michèle Glauser; Lukas Hauck (2021). Schweizer Unternehmen nutzen Freihandelsabkommen. Die Volkswirtschaft, 23. April. []

Zitiervorschlag: Michèle Glauser, Simon Holenstein (2022). Schweizer Exporteure nutzen Freihandelsabkommen. Die Volkswirtschaft, 03. November.