Rechercher

Die Steuerung der öffentlichen Arbeitsvermittlung wird optimiert und weiterentwickelt

Eine Überprüfung des wirkungsorientierten Steuerungssystems der öffentlichen Arbeitsvermittlung der Schweiz hat ergeben, dass das Steuerungssystem grundsätzlich einen effektiven und effizienten Vollzug des Arbeitslosenversicherungsgesetzes sicherzustellen vermag. Dennoch erfährt das System im Hinblick auf die kommende Vereinbarungsperiode 2015 bis 2018 wichtige Änderungen: Statt wie bisher das Ziel der dauerhaften Wiedereingliederung der Taggeldbeziehenden nach vier Monaten zu messen, wird neu überprüft, wie viele der Taggeldbeziehenden sich innert zwölf Monaten wieder beim RAV anmelden. Die Wirkungssteuerung wird zudem im Rahmen eines Pilotprojektes auf das Arbeitsvermittlungsgesetz erweitert. Neu soll die Wirkungssteuerung auf die nicht taggeldberechtigten Stellensuchenden, welche auch Anrecht auf die Dienstleistungen der Regionalen Arbeitsvermittlungszentren haben, ausgedehnt werden.

Der Vollzug der öffentlichen Arbeitsvermittlung in der Schweiz obliegt den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV), den Logistikstellen für arbeitsmarktliche Massnahmen (LAM) sowie den Kantonalen Amtsstellen (Kast). Dieser Vollzug wird seit dem Jahr 2000 mit einer sogenannten wirkungsorientierten Vereinbarung zwischen dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und den kantonalen Volkswirtschaftsdirektionen gesteuert.
Vgl. Bruno Kaltenborn, Petra Kaps (2013): Steuerung der öffentlichen Arbeitsvermittlung in der Schweiz (www.seco.admin.ch > Dokumentation > Publikationen und Formulare > Veröffentlichungsreihen > Arbeit).

Um zu prüfen, ob das Steuerungssystem die kantonalen Vollzugsstellen zu wirksamem und wirtschaftlichem Handeln veranlasst, hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) im November 2012 ein Projekt zur Optimierung und Weiterentwicklung der wirkungsorientierten Vereinbarung RAV/LAM/Kast gestartet. In enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Arbeitsmarktbehörden hat das Projektteam untersucht, ob die bisherige Vereinbarung alle strategischen Ziele der öffentlichen Arbeitsvermittlung abbildet und ob die einzelnen Instrumente der Vereinbarung zur Steuerung der kantonalen Vollzugsstellen grundsätzlich angemessen und zielführend sind. Ergänzend dazu hat die Aufsichtskommission der Arbeitslosenversicherung (ALV) eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Wirksamkeit des aktuellen Steuerungssystems überprüft wurde.
Vgl. Bruno Kaltenborn, Petra Kaps (2013): Steuerung der öffentlichen Arbeitsvermittlung in der Schweiz (www.seco.admin.ch > Dokumentation > Publikationen und Formulare > Veröffentlichungsreihen > Arbeit).


Wirkungsorientierung und Benchmarking im Grundsatz bestätigt


Aufgrund der Ergebnisse dieser Evaluation sowie der Einschätzung des Seco und der kantonalen Arbeitsmarktbehörden ist am Grundsatz der wirkungsorientieren Steuerung festzuhalten. Gegenüber einer inputorientierten Steuerung bietet das wirkungsorientierte Steuerungsmodell den Vorteil, dass die Kantone im Rahmen der gesetzlichen Rahmenbedingungen beim Vollzug über einen möglichst grossen Handlungsspielraum verfügen. Damit ist gewährleistet, dass die kantonalen Arbeitsmarktbehörden ihre öffentlichen Arbeitsvermittlungen optimal auf die regionalen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abstimmen können.Die übergeordnete Zielsetzung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (Avig) und des Arbeitsvermittlungsgesetzes (AVG) besteht in der Schaffung und Erhaltung eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes und damit der Minimierung der Arbeitslosigkeit. Daraus lassen sich für die öffentliche Arbeitsvermittlung drei strategische Ziele ableiten:· die rasche und dauerhafte Wiedereingliederung von taggeldberechtigten Stellensuchenden gemäss Avig;
· die Wiedereingliederung von nicht taggeldberechtigten Stellensuchenden gemäss AVG;
· die Verhütung von Arbeitslosigkeit.
Mit diesen wenigen und einfach verständlichen Zielen stellt die wirkungsorientierte Steuerung sicher, dass das Vollzugssystem auf die wesentlichen arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen fokussiert. Die Tatsache, dass die wirkungsorientierte Steuerung politisch grossmehrheitlich erwünscht und deren Akzeptanz im Vollzug sehr hoch ist,
Vgl. Kaltenborn, Kaps (2013), S.6.
schafft eine gute Grundlage dafür, dass die kantonalen Arbeitsmarktbehörden die gesetzten Ziele auch tatsächlich verfolgen und ihr Vollzugshandeln an diesen Zielen ausrichten.Am relativen Benchmark der Wirkungen der Kantone und der RAV wird auch in der neuen Vereinbarung festgehalten. Durch die Operationalisierung der strategischen Ziele der öffentlichen Arbeitsvermittlung mittels sogenannter Wirkungsindikatoren und durch den jährlichen Vergleich der um regionale Kontextfaktoren korrigierten Wirkungsindizes kann die Wirksamkeit der kantonalen Vollzugsstellen weiterhin objektiv beurteilt werden. Der jährlich publizierte Benchmark der kantonalen Wirkungsindizes schafft somit unter den Kantonen einen gewissen Wettbewerb und gibt den Vollzugsstellen einen Anreiz, sich kontinuierlich zu verbessern. Um die Bemühungen derjenigen Kantone zu würdigen, die sich im Vergleich zu den Vorjahren am meisten verbessert haben, wird neu bei der Kommunikation der Ergebnisse ausdrücklich auf diese Veränderungsraten hingewiesen.
Die Empfehlung von Kaltenborn, Kaps (2013), den bisherigen Benchmark der jährlich erzielten Wirkungen durch einen Benchmark der Veränderungsraten der Wirkungen zu ersetzen, wird als nicht zielführend beurteilt. Ein solcher Benchmark würde diejenigen Kantone bevorteilen, welche bisher deutlich unterdurchschnittliche Wirkungen erzielt haben. Um die Komplexität der Wirkungsmessung nicht übermässig zu erhöhen, wird auch darauf verzichtet, nebst dem bisherigen Benchmark parallel einen zusätzlichen Benchmark der Veränderungsraten auszuweisen.

Elemente der neuen Vereinbarung


Grafik 1 gibt einen Überblick über die Wirkungssteuerung RAV/LAM/Kast und die verschiedenen Steuerungsinstrumente. Den Kern der Wirkungssteuerung bilden die Wirkungsmessungen. Die Erreichung der strategischen Ziele wird mit insgesamt sechs Wirkungsindikatoren gemessen. Die wichtigsten Änderungen der neuen Vereinbarung betreffen die Messung der Nachhaltigkeit der Wiedereingliederung der ALV-Taggeldbeziehenden sowie die Zielgruppe der Stellensuchenden, welche (noch) keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben. Bisher wurden Wirkungsindikatoren lediglich für die Zielgruppe der Taggeldbeziehenden berechnet. Neu soll im Rahmen eines Pilotprojektes auch die Wirkung der öffentlichen Arbeitsvermittlung hinsichtlich der Wiedereingliederung von sogenannten Nichtleistungsbezügern ermittelt werden.

Neuerungen im Geschäftsfeld Avig


Im Geschäftsfeld Avig werden die vier Wirkungsziele mit vier Indikatoren gemessen, die anschliessend zu einem Gesamtindex aggregiert werden (siehe Tabelle 1). Für die neue Vereinbarung wurden die Spezifikationen der Wirkungsindikatoren   1 und 3 geringfügig angepasst. Dabei handelt es sich hauptsächlich um technische Anpassungen, die einerseits der 4. Avig-Revision und anderseits der besseren Berücksichtigung des Zwischenverdienstes bei der Wirkungsmessung geschuldet sind.
Als Zwischenverdienst gemäss Art. 24 Avig gilt jedes Einkommen aus unselbstständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit, das der Arbeitslose innerhalb einer Kontrollperiode erzielt.
Neu konzipiert wurde hingegen der Wirkungsindikator 4 – dieser erhält ein längeres «Gedächtnis»: Statt wie bisher die Wiederanmeldungen der Taggeldbezüger nach vier Monaten zu messen, wird neu gemessen, wie viele der Taggeldbezüger sich innert zwölf Monaten wieder beim RAV anmelden. Beim bisherigen Indikator 4 gab es Zweifel, ob er eine valide Aussage über die zu messende dauerhafte Wiedereingliederung ermöglicht. Vertiefte Analysen haben ergeben, dass der bisherige Indikator die Nachhaltigkeit der Wiedereingliederungen nur ungenau abbildet, weil er davon abhängig ist, wie die Vollzugsstellen das Instrument des Zwischenverdienstes einsetzen. Die bisherige Spezifikation galt zudem als schwer interpretierbar, und das Modell zur Korrektur der exogenen Einflüsse erzielte nur sehr niedrige Erklärungsgehalte (ca. 30% vs. ca. 70% für die Indikatoren   1 bis 3). Testberechnungen haben gezeigt, dass mit der neuen Indikatorspezifikation der Erklärungsgehalt des Korrekturmodells deutlich erhöht wird.Im Rahmen des Projektes zur Optimierung der Vereinbarung RAV/LAM/Kast wurde zudem für die Korrektur der exogenen Einflüsse eine Vielzahl unterschiedlicher Modellspezifikationen getestet. Das folgende Variablenset hat sich für die Exogenitätskorrektur als das am besten geeignete herausgestellt:· Faktor Saisonalität: Anteil der Zugänge von Leistungsbezügern aus der Baubranche und Anteil der Zugänge von Leistungsbezügern aus der Beherbergungsbranche an allen Neuzugängen des RAV.
· Faktor Grenzgänger: Anteil Grenzgänger an der Wohnbevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) in der RAV-Region.
· Faktor Nationalität: Anteil der Zugänge von schweizerischen Leistungsbezügern an allen Neuzugängen des RAV.
· Faktor Arbeitsmarktzustand: Anteil der Zugänge von Leistungsbezügern an der Wohnbevölkerung im erwerbsfähigen Alter (15 bis 64 Jahre) in der RAV-Region.
Neu wird der Faktor Saisonalität mit zwei Variablen gemessen. Durch die Auftrennung der Saisonvariablen in eine Bau- und eine Beherbergungsvariable wird den unterschiedlichen saisonalen Strukturen der RAV besser Rechnung getragen.Der bisher verwendete Faktor Agglomeration ist seit Längerem nicht signifikant, sodass auf diesen künftig verzichtet wird. Auf die Einführung eines Faktors für die Korrektur von regionalen Mentalitätsunterschieden wird – obwohl von den lateinischen Kantonen gefordert – ebenfalls verzichtet (siehe Kasten 1). Bei ihrer Forderung zur Einführung einer Korrekturvariablen für die regionalen Mentalitätsunterschiede berufen sich die lateinischen Kantone auf zwei Studien,a die aufzeigen, dass an der Sprachgrenze Unterschiede in der Dauer der Arbeitslosigkeit existieren. Diese Differenzen wurden in der Folge auf kulturelle Unterschiede zurückgeführt.b Im Rahmen der Optimierungsarbeiten zur neuen Vereinbarung wurde die technische Machbarkeit der Berücksichtigung von Variablen, welche die kulturellen Unterschiede zwischen der lateinsprachigen und der deutschsprachigen Schweiz abbilden, im ökonometrischen Modell überprüft. Ein Ergebnis dieser Vertiefungsanalysen war, dass dafür eine Variable mit den Abstimmungsresultaten zur Volksinitiative «für eine kürzere Arbeitszeit» vom 3. März 2002 infrage käme. Es stellt sich aber für eine Mentalitätsvariable die Grundsatzfrage, ob die mit unterschiedlichen Mentalitätsausprägungen einhergehenden Wirkungsunterschiede vor allem als exogen oder als endogen zu betrachten sind. Diese Frage ist bis heute nicht geklärt. Die bestehende Literatur zeigt auf, dass zwischen (sprach-)regional unterschiedlichen Arbeitslosigkeitsdauern und (sprach-)regionalen Mentalitätsunterschieden ein Zusammenhang besteht. Inwiefern aber regionale Mentalitätsunterschiede zu unterschiedlichen Arbeitsmarktpolitiken führen, ist noch nicht erforscht. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der anhand einer Korrelationsanalyse aufgedeckte Zusammenhang zwischen einer Ursache und einer Wirkung in umgekehrter Richtung gilt. In Anbetracht dieser offenen Fragen und aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Avig und AVG um nationale Gesetze handelt, welche dieselben Massstäbe für alle Regionen der Schweiz anlegen, kann die Berücksichtigung einer Abstimmungsvariablen aus Sicht des Seco und des Steuerungsausschusses Vereinbarung RAV/LAM/Kast nicht in Betracht gezogen werden. a Flückiger et al. (2007): Analyse der regionalen Unterschiede in der Arbeitslosigkeit, sowie Brügger, Lalive und Zweimüller (2007): Regionale Disparitäten in der Arbeitslosigkeit: Kulturelle Grenzen und Landesgrenzen; siehe auch: Die Volkswirtschaft 7/8-2007, Dossier, S. 53–62. b Brügger, Lalive und Zweimüller (2009): Does Culture Affect Unemployment? Evidence from the Röstigraben.

Neues Geschäftsfeld AVG


Im Rahmen des Projektes zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den RAV und den Sozialhilfestellen wurde unter anderem die Machbarkeit einer Wirkungsmessung für Nichtleistungsbezüger geprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass eine solche Messung – unter gewissen Bedingungen – grundsätzlich möglich ist.Als Nichtleistungsbezüger werden Stellensuchende bezeichnet, welche bei einem RAV angemeldet sind, ohne über eine zum Taggeldbezug berechtigende Rahmenfrist zu verfügen, oder in der laufenden Rahmenfrist ausgesteuert worden sind (siehe Grafik 2). Zwei Untergruppen von Nichtleistungsbezügern müssen getrennt betrachtet werden, da sie sich bezüglich ihrer Nähe bzw. Distanz zum Arbeitsmarkt unterscheiden. Die eine Untergruppe bilden Personen, die noch nicht arbeitslos sind (und deshalb noch keine Rahmenfrist eröffnet haben); die andere besteht aus Stellensuchenden, die schon seit einiger Zeit nicht mehr voll im Arbeitsmarkt integriert waren (und deshalb die nötige Beitragszeit nicht erfüllen). Die Berücksichtigung der Anspruchsberechtigung erlaubt somit eine Differenzierung zwischen Präventivfällen (Nichtleistungsbezüger mit Anspruch) und arbeitsmarktfernen Nichtleistungsbezügern ohne Anspruch (siehe Grafik 3).Abgeleitet aus diesen konzeptuellen Grundlagen, wurden zwei Indikatoren Nichtleistungsbezug definiert (siehe Tabelle   2). Der Wirkungsindikator 5 misst die Zielerreichung für Nichtleistungsbezüger mit Anspruch, der Indikator 6 die Zielerreichung für Nichtleistungsbezüger ohne Anspruch:· Die Beratung von Nichtleistungsbezügern mit Anspruch hat zum Ziel, das Eintreten von Arbeitslosigkeit zu verhindern und die Eröffnung einer Rahmenfrist zu vermeiden.
Dies entspricht dem Präventionsziel in Art. 1a Abs. 2 Avig: «Es will drohende Arbeitslosigkeit verhüten…»
Erreicht wird dieses Ziel durch eine frühzeitige Integration in den Arbeitsmarkt. Im Zähler des Indikators werden folglich Abmeldungen mit anschliessendem Stellenantritt gezählt. Werden im Nenner die tatsächlich erfolgten Rahmenfristeröffnungen und die im Zähler als Erfolg verbuchten Abmeldungen zusammengezählt, so lässt sich der Indikator als Anteil durch Erwerbsintegration verhinderter Rahmenfristeröffnungen interpretieren. Der Indikator «Nichtleistungsbezüger mit Anspruch» kann deshalb auch als Präventionsindikator bezeichnet werden.
· Auch die Beratung von Nichtleistungsbezügern ohne Anspruch ist auf deren Integration in den Arbeitsmarkt ausgerichtet. Dementsprechend wird im Zähler die Anzahl Abmeldungen von Nichtleistungsbezügern ohne Anspruch mit anschliessendem Stellenantritt gezählt. Bezüglich Nenner wurden unterschiedliche Alternativen getestet; ein abschliessender Entscheid wurde jedoch noch nicht gefällt. Die relative Heterogenität der Nichtleistungsbezüger ohne Anspruch erschwert eine vereinfachende Benennung dieses Indikators. So ist es beispielsweise nicht statthaft, ihn vereinfachend als «Ausgesteuertenindikator» zu bezeichnen. Allen Nichtleistungsbezügern ist jedoch gemeinsam, dass sie nicht die für eine Rahmenfristeröffnung nötigen Beitragsmonate aufweisen können. Entsprechend kann dieser Indikator als Indikator für Arbeitsmarktferne (Nichtleistungsbezüger) interpretiert werden.
Zu beachten ist bei der Wirkungsmessung für Nichtleistungsbezüger, dass die Indikatoren teilweise auf Angaben in der Fachapplikation Arbeitsvermittlung und Arbeitsmarktstatistik (Avam) sowie auf der AHV-Statistik basieren.
Im Unterschied dazu erfolgt die Wirkungsmessung Avig mit Daten aus dem Auszahlungssystem der Arbeitslosenkassen (Asal), welche von den Personalberatenden im RAV nicht beeinflusst werden können.
Entsprechend müssen die in Avam hinterlegten Angaben hohe Qualitätsstandards erfüllen. Weiter bringt die Verwendung von AHV-Daten mit sich, dass die Indikatoren für Nichtleistungsbezüger einer grösseren zeitlichen Verzögerung unterliegen.Die Erstellung eines Benchmarks bedingt – analog zur Wirkungsmessung Avig – auch bei der Wirkungsmessung AVG eine Korrektur der exogenen Faktoren. Methodologisch kann diese Korrektur identisch erfolgen. Die relevanten exogenen Faktoren sind im Rahmen des Pilotprojektes zu identifizieren. Im Unterschied zur Wirkungsmessung Avig werden die Wirkungsindikatoren 5 und 6 vorerst nicht zu einem Gesamtindex verdichtet.Des Weiteren ist während des Pilotprojektes zu überwachen, ob es Hinweise auf fehlanreizgeleitete Verhaltensänderungen der kantonalen Vollzugsstellen gibt.
Durch die Messung des Erfolgs bei der Vermeidung von Arbeitslosigkeit könnten die Kantone einen Anreiz erhalten, vermehrt in Fällen aktiv zu werden, die bisher ohne staatliches Zutun erfolgreich verliefen (vermehrte Beratung von leicht vermittelbaren nicht arbeitslosen Stellensuchenden).
Am Ende der Vereinbarungsperiode 2015–2018 ist schliesslich zu entscheiden, ob die Wirkungsmessung für Nichtleistungsbezüger definitiv eingeführt werden soll.

Weitere Instrumente der Wirkungssteuerung


Um dem Aspekt des Wettbewerbs unter den Kantonen die Spitze zu brechen, beinhaltet die Vereinbarung seit dem Jahr 2003 auch Elemente, die den Vollzug im operativen Tagesgeschäft unterstützen und das gegenseitige Lernen sowie den Austausch und die Weitergabe von guten Vollzugspraktiken fördern. Diese Instrumente wurden in den vergangenen Jahren stetig optimiert und den sich wandelnden Anforderungen angepasst. Die folgenden Instrumente dienen dazu, die öffentliche Arbeitsvermittlung kontinuierlich zu einer lernenden Organisation weiterzuentwickeln:· Lagebeurteilungen: In Kantonen mit stark unterdurchschnittlichen oder sich rasch verschlechternden Wirkungen führt das Seco Lagebeurteilungen zur nachhaltigen Verbesserung der Wirkungen durch. Zudem können die Kantone die Durchführung einer Lagebeurteilung beantragen.
· Evaluationen: Gezielte qualitative (z.   B. Prozessanalysen) und quantitative Evaluationen dienen der Überprüfung von Wirksamkeit und Effizienz der Vollzugsstellen, der Erhöhung der Arbeitsmarkttransparenz und der Identifikation von guten Vollzugspraktiken.
· Führungskennzahlen: Das Seco stellt aktuelle Informationen für die Führung und Steuerung der kantonalen Vollzugsstellen bereit (Leistungsindikatoren RAV/LAM, Interpretationshilfen für Personalberatende, Datenqualitätsmanagement, Kundenbefragungen usw.).
· Erfahrungsaustausch: Das Seco und die Kantone fördern den Erfahrungsaustausch zwischen den Vollzugsstellen und damit die Transparenz sowie die Weitergabe erfolgreicher Vollzugspraktiken.

Ergebnisse der Vernehmlassung bei den Kantonen


Der Vereinbarungsentwurf wurde im Sommer 2014 den kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren zur Vernehmlassung unterbreitet. Grundsätzlich begrüssen die Kantone das wirkungsorientierte Steuerungsmodell und möchten dieses grösstenteils gemäss dem neuen Vereinbarungsentwurf weiterführen. Die Ausdehnung der Vereinbarung auf die Zielgruppe der Nichtleistungsbeziehenden, vorerst in einer Pilotphase, wird von allen Kantonen ausdrücklich begrüsst. Zu verschiedenen Punkten der Vereinbarung – insbesondere zur Berechnung der Wirkungsindikatoren und der Exogenitätskorrektur – äussern sich einzelne Kantone auch kritisch. Mehrheitsfähige Änderungsanträge sind jedoch nicht eingegangen. Es ist somit davon auszugehen, dass alle Kantone die Vereinbarung unterzeichnen werden und diese somit am 1. Januar 2015 planmässig in Kraft treten kann.

Regionale Mentalitätsunterschiede


Bei ihrer Forderung zur Einführung einer Korrekturvariablen für die regionalen Mentalitätsunterschiede berufen sich die lateinischen Kantone auf zwei Studien,a die aufzeigen, dass an der Sprachgrenze Unterschiede in der Dauer der Arbeitslosigkeit existieren. Diese Differenzen wurden in der Folge auf kulturelle Unterschiede zurückgeführt.b Im Rahmen der Optimierungsarbeiten zur neuen Vereinbarung wurde die technische Machbarkeit der Berücksichtigung von Variablen, welche die kulturellen Unterschiede zwischen der lateinsprachigen und der deutschsprachigen Schweiz abbilden, im ökonometrischen Modell überprüft. Ein Ergebnis dieser Vertiefungsanalysen war, dass dafür eine Variable mit den Abstimmungsresultaten zur Volksinitiative «für eine kürzere Arbeitszeit» vom 3. März 2002 infrage käme. Es stellt sich aber für eine Mentalitätsvariable die Grundsatzfrage, ob die mit unterschiedlichen Mentalitätsausprägungen einhergehenden Wirkungsunterschiede vor allem als exogen oder als endogen zu betrachten sind. Diese Frage ist bis heute nicht geklärt. Die bestehende Literatur zeigt auf, dass zwischen (sprach-)regional unterschiedlichen Arbeitslosigkeitsdauern und (sprach-)regionalen Mentalitätsunterschieden ein Zusammenhang besteht. Inwiefern aber regionale Mentalitätsunterschiede zu unterschiedlichen Arbeitsmarktpolitiken führen, ist noch nicht erforscht. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass der anhand einer Korrelationsanalyse aufgedeckte Zusammenhang zwischen einer Ursache und einer Wirkung in umgekehrter Richtung gilt. In Anbetracht dieser offenen Fragen und aufgrund der Tatsache, dass es sich bei Avig und AVG um nationale Gesetze handelt, welche dieselben Massstäbe für alle Regionen der Schweiz anlegen, kann die Berücksichtigung einer Abstimmungsvariablen aus Sicht des Seco und des Steuerungsausschusses Vereinbarung RAV/LAM/Kast nicht in Betracht gezogen werden. a Flückiger et al. (2007): Analyse der regionalen Unterschiede in der Arbeitslosigkeit, sowie Brügger, Lalive und Zweimüller (2007): Regionale Disparitäten in der Arbeitslosigkeit: Kulturelle Grenzen und Landesgrenzen; siehe auch: Die Volkswirtschaft 7/8-2007, Dossier, S. 53–62. b Brügger, Lalive und Zweimüller (2009): Does Culture Affect Unemployment? Evidence from the Röstigraben.


Simon Röthlisberger Stv. Leiter Ressort Steuerung und Grundlagen, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bern Samuel Kost Wissenschaftlicher Mitarbeiter Ressort Steuerung und Grundlagen, Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Bern

Das wirkungsorientierte Steuerungsmodell bietet den Vorteil, dass die Kantone beim Vollzug der öffentlichen Arbeitsvermittlung über einen möglichst grossen Handlungsspielraum verfügen.beco Berner Wirtschaft


Foto:

Proposition de citation: Simon Röthlisberger ; Samuel Kost ; (2014). Die Steuerung der öffentlichen Arbeitsvermittlung wird optimiert und weiterentwickelt. La Vie économique, 11 décembre.