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Animalische Instinkte in Nahrungsmittelmärkten: Treibt Spekulation die Nahrungsmittelpreise in die Höhe?

Der britische Ökonom John Maynard Keynes (1883–1946) prägte einst die Bezeichnung der «animalischen Instinkte» im Zusammenhang mit der Spekulation an Nahrungsmittel-Terminbörsen. Heute investieren Hedgefonds und andere Anleger im grossen Stil in Agrarrohstoffe. In den letzten Jahren gerieten diese Praktiken zunehmend in die Kritik. Es bestand der Verdacht, die Spekulation sei zumindest mitverantwortlich für die teilweise dramatischen Anstiege der Nahrungsmittelpreise. Die Politik erliess in der Folge eine Reihe von Beschränkungen. Bei einer wissenschaftlichen Betrachtung zeigt sich, dass Spekulation höchstens kurzfristige Auswirkungen auf die Nahrungsmittelpreise hat.
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Im Jahr 1919 wurde John Maynard Keynes zum Schatzmeister des King’s College der Universität Cambridge ernannt. Neben seiner Lehrtätigkeit gehörte die Leitung der College-Finanzen zu seinen Aufgaben. Keynes gründete einen Fonds und investierte aktiv, zum Beispiel durch Käufe von Aktien an der Londoner Börse und an der Wall Street, aber auch durch Operationen an den Terminmärkten für landwirtschaftliche Rohstoffe.
Fantacci, Marcuzzo und Sanfilippo (2010).

Keynes’ Engagement in Terminkontrakten, sogenannten Futures, war beträchtlich und dauerte bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs. Sein Hauptinteresse galt dem Weizen. Er nutzte Informationen aus verschiedenen Quellen, etwa der US-Landwirtschaftsbehörde, dem Chicago Board of Trade oder dem Internationalen Institut für Landwirtschaft in Rom, der Vorgängerbehörde der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Er kaufte und hielt Futures, hauptsächlich am Liverpooler Weizenterminmarkt. Sobald sich diese dem Ablaufdatum näherten, wurden sie mit Gewinn oder Verlust veräussert und andere Futures mit späterem Ablaufdatum erworben.
Ebd.

Mehr als 60 Jahre später sind institutionelle Anleger wie Hedgefonds, Pensionskassen, Stiftungen, Banken und Staatsfonds auf den Rohstoffterminmärkten in ähnlicher Art und Weise aktiv. Mit dem stetigen Anstieg der internationalen Nahrungsmittelpreise, der 2005 begann, lagen die Gewinnerwartungen höher als die Risikoprämien. Der dramatische Anstieg der Nahrungsmittelpreise zwischen Januar 2007 und Juni 2008,
Der FAO-Nahrungsmittelpreisindex stieg in diesem Zeitraum um 63%, verglichen mit einem Anstieg von 9% im Jahr 2006.
der in vielen Entwicklungsländern zu politischer und wirtschaftlicher Instabilität führte, stellte solche Investitionsstrategien jedoch infrage. Trotz der anschliessenden Talfahrt der Nahrungsmittelpreise heizten erneute heftige Ausschläge in den Jahren 2010 und 2012 die Debatte um die Rolle der Finanzinstitutionen und der Spekulation weiter an: Waren sie für die extremen Preisspitzen verantwortlich?


 

Terminmärkte und ihre Funktionsweise

Terminmärkte erleichtern den Transfer von Preisrisiken. Die an den Terminmärkten aktiven Investoren lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen:
Die Unterscheidung zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Händlern bezieht sich auf die Kategorisierung im Commitment of Traders Report der Commoditiy Futures Trading Commission (CFTC), der Regulierungsstelle der US-amerikanischen Rohstoffbörsen.

· Kommerzielle Händler (Commercial Traders) sind beispielsweise Produzenten und Verarbeiter landwirtschaftlicher Rohstoffe. Sie sind auf Terminmärkten aktiv, um ihre zukünftigen Ernten oder Vorräte gegen das Risiko von Preisschwankungen abzusichern. Terminkontrakte, sogenannte Futures, sind formale Absprachen, eine bestimmte Menge einer Ware zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Preis zu kaufen oder zu verkaufen. So verpflichten sich zum Beispiel Getreideproduzenten mit einem Terminkontrakt, ihr Erzeugnis an einem festgelegten Datum zu einem festen Preis zu verkaufen. Damit sichern sie sich für den Fall sinkender Getreidepreise ab. Verarbeiter, die Vorräte anlegen müssen, versichern sich für den Fall steigender Preise.
· Nicht kommerzielle Händler (Non Commercial Traders) – wie zum Beispiel Hedgefonds, Pensionskassen, Stiftungen, Banken und Staatsfonds – haben hingegen kein Interesse an der physischen Ware. Sie sind auf Terminmärkten aktiv, um eventuelle Gewinne aus zukünftigen Preissteigerungen abzuschöpfen.

Ein Terminkontrakt ähnelt einer Wette: Der Verkäufer wettet, dass die zukünftigen Marktpreise tiefer liegen als im Kontrakt festgelegt; der Käufer wettet auf höhere Preise. Käufer eines Terminkontrakts erhalten eine Risikoprämie, da sie das Risiko zukünftiger Schwankungen tragen. Verkäufer akzeptieren dies, da sie einen tieferen Preis einem unsicheren vorziehen. Obwohl der Käufer die Pflicht hat, die physische Ware bei Ablauf des Kontrakts anzunehmen, ist dies selten der Fall. Am Ende einigen sich jeweils beide Seiten finanziell, wobei der Verlierer den Gewinner entschädigt. Durch ihre Investitionen versorgen Spekulanten den Markt mit Liquidität: Gäbe es keine Käufer von Terminkontrakten, könnten sich Agrarproduzenten nicht gegen das Preisrisiko absichern.

Neben ihrer Funktion zur Absicherung gegenüber Preisschwankungen haben Terminmärkte aber auch eine zweite wichtige Funktion, nämlich diejenige der Preisfindung. Diese Funktion beruht auf dem kontinuierlichen Prozess zur Preisfestlegung eines Terminkontrakts, sobald neue Informationen verfügbar sind. Weltweit greifen Rohstoffmärkte auf die in Terminmärkten enthaltenen Informationen zurück, weil diese die Marktbedingungen oftmals sehr gut reflektieren. Das entspricht ziemlich genau der Effizienzmarkttheorie von Eugene Fama, die besagt, dass die Preise alle verfügbaren Informationen widerspiegeln.

Für seine Arbeiten über effiziente Märkte erhielt Fama 2013 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Er musste jedoch den Nobelpreis mit zwei Forschern teilen: einerseits mit Robert Shiller, der die Effizienzmarktheorie in Frage stellte, und andererseits mit Peter Hansen, der Methoden entwickelte, die es erlauben aufzuzeigen, wann Märkte nicht so gut funktionieren. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Informationen fehlen oder wenn Spekulanten «in den steigenden Trend einkaufen», ohne die grundlegenden Kräfte von Nachfrage und Angebot zu berücksichtigen. Dieses Verhalten war es, für welches Keynes die Bezeichnung animalische Instinkte («animal spirits») benutzte: eine Situation, in der die Händler den zu erwartenden Preis nicht mehr rational kalkulieren können.
Koppl, R. (1991).


 

Eine Preishausse bei Nahrungsmitteln, die aufschreckt

Nahrungsmittelpreise sind grundsätzlich volatil. Dem kräftigen Anstieg in den Jahren 2007/2008 lagen mehrere Faktoren zugrunde: das Bevölkerungswachstum, die höheren Einkommen in Schwellenländern, die zunehmende Produktion von Biotreibstoffen, ein verlangsamter Anstieg der weltweiten landwirtschaftlichen Produktivität sowie niedrige Lagerbestände. Gleichzeitig mit der Preishausse erhöhten aber auch die Finanzinstitutionen ihre Investitionen in Agrarrohstoff-Futures; sie hielten damals 25% bis 35% dieser Kontrakte.
Drechsler, Rapsomanikis und Sarris (2010).
Dieser Umstand warf die Frage auf, ob der Anstieg der Nahrungsmittelpreise auch Folge einer spekulativen Blase war. In einer solchen Situation reichen die Kräfte von Nachfrage und Angebot nicht aus, um die Preisentwicklung zu erklären. Dies ist etwa der Fall, wenn Investoren am steigenden Preis eines Rohstoffs interessiert sind, obschon der Trend nicht auf begründeten Fakten basiert. Solche spekulativen Investitionen können den Trend zusätzlich verschärfen und den Preis weiter vom Marktgleichgewicht entfernen, wodurch der Preisausschlag noch verstärkt wird.

Robles et al. (2009) betonen, dass die Erwartung steigender Preise, das Horten von Beständen und eine gewisse Hysterie am Markt tatsächlich eine bedeutende Rolle dabei gespielt haben, dass die Volatilität und das Niveau der Nahrungsmittelpreise 2008 dermassen anstiegen. Ebenso verweist die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (Unctad) darauf, dass die Aktivitäten nicht kommerzieller Marktteilnehmer dazu geführt hätten, die Preise von den Fundamentaldaten zu lösen.
Unctad (2011).


 

Agrarrohstoff-Futures als gewöhnliche Anlageobjekte

Diese sogenannte «Finanzialisierung der Rohstoffe» entstand dadurch, dass institutionelle Anleger – wie Fonds und Banken – begannen, Rohstoff-Futures als Anlageklasse zu betrachten, die vergleichbar ist mit Aktien, Anleihen und Immobilien. Die Preise für Rohstoff-Futures sind dabei oftmals negativ korreliert mit Erträgen aus Aktien und Anleihen. Sie bieten daher eine Möglichkeit, das Investmentportfolio zu diversifizieren und die Schwankungen der Erträge zu verringern. Die Attraktivität von Rohstoff-Futures erklärt sich auch dadurch, dass sie mittel- bis langfristig im Gleichschritt mit dem generellen Preisniveau ansteigen und daher vor Inflation schützen.
Gordon und Rouwenhorst (2004).

Das Marktverhalten dieser nicht kommerziellen, institutionellen Anleger ist jedoch alles andere als homogen. Indexfonds, die in jüngster Zeit am Markt für Rohstoff-Futures immer wichtiger geworden sind, verfolgen eine passive Strategie: Wenn der Trend positiv ist, nehmen sie die Position des Käufers ein; sie kaufen und halten die Futures und verkaufen sie nur, um andere Futures mit späterem Ablaufdatum zu kaufen. Sie investieren in Gruppen von Rohstoffen, die in Indizes wie dem Goldman Sachs Commodity Index (S&P GSCI) oder dem Dow Jones AIG Commodity Index (DJ-AIG) zusammengefasst sind. Damit wollen sie auf der Basis der langfristig ansteigenden Preisentwicklung Profite erzielen, die über der Risikoprämie liegen. Hedgefonds verfolgen hingegen sogenannte diskretionäre Handelsstrategien: Sie passen ihre Investitionen in Rohstoff-Futures entsprechend den Veränderungen bei den Anlagepreisen an, um ihr Portfolio zu stabilisieren und zu diversifizieren.
Gilbert (2010a).


 

Ergebnisse wissenschaftlicher Studien

Es ist also theoretisch möglich, dass die Aktivitäten institutioneller Anleger spekulative Blasen auf den Märkten für Nahrungsmittel-Futures verursachen. Doch die wirtschaftswissenschaftliche Literatur zeigt keine klaren Beweise, dass dies auch tatsächlich der Fall ist. Irwin et al. (2009) untersuchten die Auswirkungen spekulativer Käufe von Fonds, die in Rohstoff-Indizes investierten, auf die Futures-Preise. Sie kamen zum Schluss, dass die Fonds nicht die Ursache der Preisblase gewesen waren. Auch der Befund der Studie von Sanders und Irwin (2010) zum Effekt von Investitionen in Rohstoffindizes auf die Preise einiger Agrar- und Nahrungsmittelrohstoffe ist eindeutig: Bei der Analyse von Quartals- und Monatszahlen zeigte sich kein Zusammenhang, und bei den Wochenzahlen war er nur schwach ausgeprägt. Irwin und Sanders (2011) fanden ausser beim Sojamarkt kaum Hinweise auf eine durch Rohstoffindizes verursachte Nahrungsmittelpreisblase.

Gilbert (2010a) analysierte die Wirkung von Investitionen auf eine Gruppe von zwölf wichtigen landwirtschaftlichen Futures-Märkten im Vergleich mit der Wirkung anderer Variablen wie des Ölpreises, der Geldmenge oder des US-Dollar-Wechselkurses. Er kam zum Schluss, dass Investitionen in Rohstoff-Futures ein Niveau erreicht haben, das ausreicht, um die Nahrungsmittelpreise zu beeinflussen. In einem weiteren Artikel fand der Autor zwar klare Hinweise auf eine Preisblase im Sojamarkt für Dezember 2009 und Januar 2010, aber keine entsprechenden Hinweise in den Mais- und Weizenmärkten.
1Gilbert 2010b).
Dieses Resultat stützt die Erkenntnisse von Irwin und Sanders (2011). Areal et al. (2013) fanden, dass die Preise für Weizen, Sojaöl und Rapsöl im Februar und März 2008 Anzeichen einer Blase zeigten. Am auffälligsten war jedoch der Reismarkt: Hier kam es von Februar bis April 2008 und im Juli 2008 zu einem dramatischen Preisanstieg. Dies hatte allerdings nichts mit Spekulation zu tun, denn die Terminmärkte für Reis sind relativ unbedeutend. Vielmehr waren Exportrestriktionen wichtiger Erzeugerländer dafür verantwortlich.
1Areal, Balcombe und Rapsomanikis (2013) sowie Rapsomanikis (2011).
Zusammenfassend zeigen die Forschungsresultate, dass Finanzinstitute mit ihren Investitionen in Nahrungsmittelrohstoff-Futures die Preise nur über einen sehr geringen Zeitraum beeinflusst haben. Wenn überhaupt, hatten die «animal spirits» also nur ein kurzes Leben. Auf längere Sicht scheinen es die grundlegenden Kräfte von Angebot und Nachfrage zu sein, welche die Nahrungsmittelpreise bestimmen.


 

Die Politik hat bereits reagiert

Das Thema wird Gegenstand weiterer Forschungen sein, zumal laufend neue Daten erschlossen werden. Die Politik hat jedoch bereits auf die Preissteigerungen bei Nahrungsmitteln reagiert und einschränkende Bestimmungen zur Beteiligung von Investoren an Nahrungsmittelrohstoff-Futures erlassen. In den USA limitieren der Dodd-Frank Act und der Consumer Financial Protection Act die Positionen von nicht kommerziellen Händlern. Diese Einschränkungen sollen die exzessive Spekulation, die sich auf die Preise von Nahrungsmitteln, Energie und Metallen auswirken kann, unterbinden. Auch in der EU beschränkt die Finanzmarktrichtlinie (Mifid II) ab 2017 die Anzahl möglicher Beteiligungen an Futures für Nahrungsmittelrohstoffe pro Investor. Die neuen Regulierungen in den USA und der EU erhöhen zudem die Transparenz darüber, wer ein kommerzieller Händler ist und wer nicht. Diese Daten werden die Forschung in Zukunft erleichtern.

Es ist noch zu früh, um abschätzen zu können, welche Auswirkungen diese Regulierungen auf den Nahrungsmittelmärkten vor allem im Falle eines Preisanstiegs haben werden. Eine kürzlich erschienene Untersuchung des US-Landwirtschaftsministeriums deutet darauf hin, dass Beschränkungen des Handels von Rohstoff-Futures künftige Preisanstiege wahrscheinlich nicht verhindern können.
1Janzen et al. (2014).
Die Studie zerlegt die Schwankungen des Weizenpreises in ein Set von ökonomischen Faktoren und misst ihren relativen Beitrag. Nachfrage und Angebot scheinen die preisbestimmenden Faktoren zu sein; ein Einfluss von Investitionen in Weizen-Futures lässt sich hingegen nicht nachweisen. Eine andere Analyse legt sogar nahe, dass durch Beschränkungen des Handels letztendlich die Marktliquidität leiden würde, da die Nachfrage nach Futures abnehmen könnte.
1Gwilym und Shahid Ebrahim (2013), S. 824–836.


 

Lösungsansätze jenseits von

Es scheint also, dass Angebot, Nachfrage und Vorräte die massgebenden Treiber der Nahrungsmittelpreise und ihrer Volatilität sind. Daraus folgt, dass Investitionen zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität den Druck auf die Nahrungsmittelproduktion verringern und zukünftige Preisspitzen verhindern müssen. Auch internationale Absprachen und eine besser koordinierte Handelspolitik können die Volatilität reduzieren und dabei helfen, dass die Märkte auch in Krisenzeiten noch verlässliche Quellen für Nahrungsmittel sind. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Paniken und dem Horten von Beständen lässt sich mit regelmässigen Informationen reduzieren. In diesem Zusammenhang sind Initiativen wie das Agricultural Market Information System (Amis) ein vielversprechender Ansatz für die Zukunft.
1Amis wurde auf Anregung der G-20-Landwirtschaftsminister im Jahr 2011 ins Leben gerufen, um die Transparenz der Märkte zu verbessern und ein Forum zu schaffen, in dem Massnahmen zur Eindämmung von Marktunsicherheiten diskutiert und koordiniert werden können. Im Fokus stehen dabei die Märkte für Weizen, Mais, Reis und Soja. Die Initiative setzt auf unterschiedlichen Ebenen an: Marktanalyse, Forschung, Statistik, Kapazitätsentwicklung sowie Öffentlichkeitsarbeit und Politikdialog (www.amis-outlook.org).


Hinweis

Die in diesem Artikel geäusserten Ansichten sind jene des Autors und entsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt der FAO.


Bundesrat gegen Initiative zur Nahrungsmittelspekulation

Die Volksinitiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln!» wurde am 24. März 2014 mit 115 942 gültigen Unterschriften von den Schweizer JungsozialistInnen eingereicht. Sie will gewisse spekulative Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die sich auf Agrarprodukte beziehen, verbieten. Hintergrund der Initiative sind die starken Schwankungen der Nahrungsmittelpreise in den letzten Jahren, die in zahlreichen Entwicklungsländern zu Problemen bei der Ernährungslage führten. Nach Ansicht der Initianten waren Spekulationen massgeblich beteiligt daran. Der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Es stimme zwar, dass hohe und stark steigende Preise von Grundnahrungsmitteln für die Bevölkerung in Entwicklungsländern schwerwiegende Konsequenzen haben könnten, heisst es in seiner Botschaft vom 18. Februar 2015. Es bringe aber nichts, für dieses Problem bei der Spekulation anzusetzen. Denn für die starken Preisausschläge seien nach aktuellem Erkenntnisstand in erster Linie nicht Finanzspekulationen verantwortlich, sondern Faktoren wie historisch tiefe Lagerbestände bei vielen Nahrungsmitteln, ungünstige Wetterereignisse sowie Ausfuhrbeschränkungen und Panikkäufe. Zudem hätten die vorgeschlagenen Massnahmen keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Vorgänge an den internationalen Warenterminmärkten, da die betroffenen Unternehmen der Regulierung beispielsweise durch einen Wegzug oder eine Verlagerung der betroffenen Geschäfte ausweichen könnten. Das Dossier dieser Ausgabe setzt sich mit der Thematik auseinander.


Literatur

· Areal, F.J., K.G. Balcombe, G. Rapsomanikis (2013): Testing for Bubbles in Agricultural Commodity Markets, MPRA, 48015.
· Drechsler, D., G. Rapsomanikis, A. Sarris (2010): Is Speculating on Food Dangerous? Project Syndicate.
· Fantacci, L., M.C. Marcuzzo, E. Sanfilippo (2010): Speculation in Commodities: Keynes’ ‘Practical Acquaintance’ with Futures Markets. In: Journal of History of Economic Thought, 32:3.
· Gilbert, C.L. (2010a): How to Understand High Food Prices. In: Journal of Agricultural Economics, 61:2.
· Gilbert, C.L. (2010b): Speculative Influences on Commodity Prices. United Nations Conference of Trade and Development. Nr   197.
· Gordon, G., K.G. Rouwenhorst (2004): Facts and Fantasies About Commodity Futures. NBER Working Paper Nr. 10595.
· Gwilym, R., M. Shahid Ebrahim (2013): Can Position Limits Restrain «Rogue» Trading?
· Irwin, S., D.R. Sanders, R.P. Merrin (2009): Devil or Angel? The Role of Speculation in the Recent Commodity Price Boom (and Bust). In: Journal of Agricultural and Applied Economics 41(2):377–391.
· Irwin S., D.R. Sanders, (2011): Index Funds, Financialization, and Commodity Futures Markets. In: Applied Economic Perspectives and Policy 33(1):1–31.
· Janzen, J.P., C.A. Carter, A.D. Smith, M.K. Adjemian (2014). Deconstructing Wheat Price Spikes: A Model of Supply and Demand, Financial Speculation, and Commodity Price Comovement, ERR-165, Economic Research Service/USDA.
· Koppl, R. (1991) Retrospectives: Animal Spirits. In: The Journal of Economic Perspectives, Vol. 5, Nr. 3.
· Rapsomanikis, G. (2011): Price Transmission and Volatility Spillovers in Food Markets. In: A. Prakash (Hrsg): Safeguarding Food Security in Volatile Global Markets, Food and Agriculture Organization of the United Nations, Rom.
· Robles, M., Torero, M., von Braun, J. (2009): When Speculation Matters. Issue Brief 57, Washington, DC: International Food Policy Research Institute.
· Sanders, D.R., S. Irwin, (2010): A Speculative Bubble in Commodity Futures Prices? Cross-Sectional Evidence. In: Agricultural Economics 41 (2010) 25–32.
· UNCTAD (2011): Price Formation in Financialized Commodity Markets: The Role of Information. Study prepared by the Secretariat of the United Nations Conference on Trade and Development.


 

Proposition de citation: Rapsomanikis, George (2015). Animalische Instinkte in Nahrungsmittelmärkten: Treibt Spekulation die Nahrungsmittelpreise in die Höhe? La Vie économique, 10. mars.