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Nachhaltigkeitsregel für langfristig ausgeglichene Bundesfinanzen

Der Bundeshaushalt hat während der Neunzigerjahre einen Anstieg der Verschuldung verzeichnet, wie er üblicherweise nur während Kriegen oder Krisen zu beobachten ist. Mit der Einführung der Schuldenbremse ab 2003 hat sich die Situation verbessert. Die langfristige Sicherung des Budgetausgleichs ist jedoch nur gewährleistet, wenn alle Ausgabenpositionen des Staatshaushalts berücksichtigt werden. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Ergänzungsregel ist dabei wichtig. Notwendig ist aber auch der zusätzliche Einbezug einer Nachhaltigkeitsregel im Bereich der Sozialversicherungen.

Verbesserte Ausgangslage – drohende Mehrbelastungen


Die finanzpolitische Lage des Bundeshaushalts hat sich in der Legislaturperiode 2004-2007 gegenüber den Vorperioden verbessert. Die Bundesschulden konnten 2006 und 2007 um knapp 10 Mrd. Franken abgebaut werden. Das Ausgabenwachstum nahm nicht mehr so stark zu wie zwischen 1990 und 2003, lag aber immer noch leicht über der Teuerung.  Diese ersten Erfolge sind insbesondere auf die 2001 vom Volk mit 85% Ja-Stimmen angenommene Schuldenbremse zurückzuführen. Die Schuldenbremse kam erstmals beim Budget 2003 zum Tragen. In diesem Rahmen sah sich der Bundesrat gezwungen, mit den beiden Entlastungsprogrammen (EP03 und EP04) den Bundeshaushalt zu entlasten, um mit den rechtlichen Vorgaben in Einklang zu bleiben.  Die finanzpolitischen Fehlentwicklungen der Neunzigerjahre sind damit allerdings noch nicht korrigiert: Die Verschuldungsquote von Bund, Kantonen und Gemeinden konnte zwar leicht gesenkt werden, liegt mit 56,8% (2007) aber immer noch weit von der guten Ausgangslage von 1990 (31,1%) entfernt.1 Im internationalen Vergleich hat die Schweiz zudem nicht nur bei der Verschuldung, sondern auch bei den Staats- und Fiskalquoten in den letzten 15 Jahren deutlich an Boden verloren. Unter den OECD-Ländern weist sie eine der höchsten Zuwächse an Steuereinnahmen und Staatsausgaben aus. Ursache des Verschuldungsproblems sind daher nicht fehlende Mittel, sondern primär überproportional wachsende Ausgaben. Zudem zeichnen die offiziellen Staats-, Verschuldungs- und Fiskalquoten nur die Vergangenheit nach. Kommende Haushaltsbelastungen – verursacht etwa durch die demografischen Herausforderungen – sind absehbar. Der Ausgabentrend im Sozialversicherungs- und Gesundheitsbereich ist weitgehend ungebrochen.  Die laufende Legislatur verspricht keine weiteren Verbesserungen. Der Bundesrat rechnet bei optimistischen Konjunkturprognosen im neuen Legislaturfinanzplan 2009-2011 zwar mit Haushaltsüberschüssen, dies allerdings insbesondere dank eingerechneter Sanierungsbeiträge aus dem Projekt Aufgabenüberprüfung, ohne dass diesbezüglich jedoch verbindliche Beschlüsse gefällt wären. Drohende und bereits eingeplante ausserordentliche Mehrausgaben von rund 1 Mrd. Franken führen zudem zu einem er-neuten Ausgabenwachstum, das über der wirtschaftlichen Entwicklung und über der Teuerung liegt (vgl. Grafik 1).

Weiterentwicklung der Schuldenbremse notwendig


Auch der Bundesrat ist sich bewusst, dass die Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen nicht gesichert ist. Das Finanzdepartement hat daher zwei Projekte in Aussicht gestellt: – Erstens soll mit der Ergänzungsregel zur Schuldenbremse verhindert werden, dass ausserordentliche Ausgaben weiterhin an der Schuldenbremse vorbeifliessen. – Zweitens soll mit einer systematischen Aufgabenüberprüfung die sich abzeichnende Mehrbelastung im Bundeshaushalt bekämpft werden. Zielhorizont der Aufgabenüberprüfung ist gemäss neustem Stand 2015 (für die AHV: 2020).

Flucht aus dem Budget…


Die Wirkung von Schuldenbremsen und anderen Fiskal- und Budgetregeln wird im internationalen Rahmen bereits seit einigen Jahren untersucht. Vgl. Poterba (1997) oder Bohn und Inman (1996). Budgetbeschränkungen kennen beispielsweise die US-Bundesstaaten und verschiedene Schweizer Kantone. Empirische Resultate zur Wirkung der EU-Konvergenzkriterien des Maastrichter Vertrags auf die öffentlichen Haushalte der EU-Mitgliedstaaten sind bei von Hagen und Strauch (2001) zu finden. Die so genannten Tax and Expenditure Limitations Laws (TEL) wurden vor allem Ende der Siebzigerjahre eingeführt. Eine empirische Studie zum Einfluss von TEL auf die Staatsaktivität von Shadbegian (1996) für 1972 bis 1987 zeigt, dass sich diese Budgetbeschränkungen auf das relative Wachstum der Ausgaben gemessen am Volkseinkommen auswirken. Die empirischen Untersuchungen für die Schweiz belegen, dass die von den Kantonen eingesetzten Budgetbeschränkungen ebenfalls wirksam sind. Sie üben vor allem einen dämpfenden Effekt auf die Defizite und Schulden aus. So hatten zwischen 1980 und 1998 die Kantone mit entsprechenden Budgetregeln knapp 200 Franken pro Kopf und Jahr tiefere Defizite. Dies ist vor allem eine Folge tieferer Ausgaben, nicht aber höherer Einnahmen. Vgl. Feld und Kirchgässner (2008) und Schaltegger (2002). Interessant ist auch die Analyse von Hagen (1991). Er zeigt anhand verschiedener Beispiele und einer empirischen Analyse in den US-Bundesstaaten, dass Verschuldungs- und Budgetregeln eher die Wahl des Instruments zur Kreditaufnahme als die Höhe der Verschuldung beeinflussen. Das heisst: Es findet eine Verschiebung der Ausgaben von jenen Budgetpositionen statt, die der Regel unterstehen, zu jenen, die nicht der Regel unterstehen. Die sogenannte «Flucht aus dem Budget» erfolgt beispielsweise über Spezialfinanzierungen, die gewisse staatliche Projekte übernehmen und selbst Kredite aufnehmen können.

…auch für den Bundeshaushalt beobachtbar


Ähnliches kann man auch im Fall des Schweizer Bundeshaushalts beobachten. Zwar ist der Untersuchungszeitraum seit 2003 zu kurz, um gesicherte Aussagen über die Wirksamkeit der Schuldenbremse machen zu können. Die beiden Haushaltsentlastungsprogramme und weitere Massnahmen führten aber zu einer deutlichen Haushaltsverbesserung; zudem ist die Schuldenquote des Bundes seit ihrem Höchstwert im Jahr 2005 wieder deutlich rückläufig. Dies sind Hinweise darauf, dass die Schuldenbremse tatsächlich einen Politikwechsel hin zu solideren Staatsfinanzen veranlasste. Eine Schwachstelle der Schuldenbremse besteht allerdings darin, dass Ausgaben ausserordentlicher Natur sowie die Sozialversicherungen von der Schuldenbremse ausgenommen sind. So verhindern entsprechende Ausgaben in der laufenden Legislatur eine weitere Rückführung der Schuldenquote. Mit gegenwärtigen und weiter zu erwartenden Ausgabenüberschüssen in den verschiedenen Sozialwerken droht eine weitere Verschuldungszunahme ausserhalb der Schuldenbremse.

Anwendung der Schuldenbremse auch auf die Sozialversicherungen


Diese Schlupflöcher will der Bundesrat nun zum Teil stopfen, indem er dem Parlament eine Ergänzung der Schuldenbremse vorschlägt. Ein regelgeleiteter Prozess, bei dem ausserordentliche Ausgaben über den ordentlichen Haushalt kompensiert werden müssen, soll einem weiteren Schuldenanstieg den Riegel vorschieben. So begrüssenswert dieser Vorschlag ist: Er vermag die wohl grösste finanzpolitische Herausforderung der Schweiz, nämlich die nachhaltige Finanzierung der Sozialwerke, nicht zu lösen. Die demografische Alterung und die damit verbundenen Mehrkosten belasten den öffentlichen Haushalt bereits heute und werden ihn langfristig noch stärker belasten. Bis jetzt wurden die Sozialwerke jedoch kaum in die Konsolidierungsanstrengungen der Finanzpolitik einbezogen. Die Ausgaben für die Soziale Wohlfahrt beanspruchen daher einen immer grösseren Anteil für sich und verdrängen die übrigen Aufgabengebiete aus dem Finanzhaushalt (vgl. Grafik 2). Um diesen Verdrängungseffekt zu bremsen, müssen im Rahmen einer über die geplante Ergänzungsregel hinausgehenden Weiterentwicklung der heutigen Schuldenbremse auch für die Sozialwerke Automatismen geschaffen werden, die sich an den finanziellen Realitäten orientieren.  Die Sozialwerke sind staatspolitisch bedeutend und gleichzeitig komplex. Im Unterschied zum allgemeinen Budget ist es bei den Sozialversicherungen zudem schwierig, rasch wirkende Massnahmen umzusetzen, da gesetzliche Leistungsansprüche bestehen und zum Teil Verfassungsänderungen mit obligatorischen Volksabstimmungen nötig sind. Leistungskorrekturen erfordern auch aus sozialen Gründen Anpassungsfristen. Eine Lösung liegt in der Ausgestaltung einer Nachhaltigkeitsregel für die Sozialwerke, welche die Finanzierung der Sozialwerke auch langfristig auf eine solide Basis stellt. Vgl. Economiesuisse (2008).

Wie muss eine gute Nachhaltigkeitsregel gestaltet werden?


Die finanzielle Ausgangslage in den einzelnen Sozialversicherungen Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), Invalidenversicherung (IV), Arbeitslosenversicherung (ALV) und Erwerbsersatzordnung (EO) sowie die Dynamik der Ausgaben und Einnahmen verlaufen unterschiedlich, so dass für jedes Sozialwerk die Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsregel individuell konkretisiert werden muss. Dennoch bleibt die im Finanzhaushaltgesetz zu verankernde Zielsetzung für alle Sozialwerke gleich: Die Ausgaben- und Einnahmeentwicklung soll langfristig im Gleichgewicht gehalten und Schuldenbildung verhindert werden. Um den Anforderungen gerecht zu werden und den unterschiedlichen Komplexitäten der einzelnen Sozialversicherungen Rechnung zu tragen, drängt sich ein zweistufiges Vorgehen auf: Der Grundsatz des Gleichgewichts ist im Finanzhaushaltgesetz zu verankern. Gleichzeitig ist ein zeitlich verbindlicher Handlungsauftrag zu stipulieren: Innerhalb einer bestimmten Frist hat die Umsetzung pro Sozialversicherung im Rahmen einer Revision des jeweiligen Spezialgesetzes zu erfolgen.  Dieses sorgfältige etappierte Vorgehen ermöglicht auch die Abstimmung der spezialgesetzlichen Umsetzung mit bereits laufenden resp. demnächst bevorstehenden Revisionen.  Die Ausgestaltung der Nachhaltigkeitsregel muss dabei flexibel genug sein, um auf spezielle Umstände Rücksicht nehmen zu können (z.B. Konjunktur), und gleichzeitig müssen die Sanktionsmassnahmen eindeutig sein, damit die Regel umgesetzt wird und somit auch effektiv ist. Die Nachhaltigkeitsregel umfasst (siehe Tabelle 1):  – eine Grundregel («Was soll mit der Regel erreicht werden?»/Zielsetzung);  – eine Steuerungsregel («Welche beobachtbare Grösse zeigt den Handlungsbedarf an?»); – eine Sanktionsregel («Welche Massnahmen werden eingeleitet, wenn Grundregeln verletzt werden?»).   Während die Grundregel – wie erwähnt – im Finanzhaushaltgesetz zu verankern ist, er-folgt die Umsetzung (Steuerungsregel und Sanktionsregel) individuell pro Sozialversi-cherung im jeweiligen Spezialgesetz.

Konkretisierung für die einzelnen Sozialwerke

Arbeitslosenversicherung (ALV)


Das heutige Arbeitslosenversicherungsgesetz kennt bereits eine Nachhaltigkeitsregel, die verhindert, dass sich die Schulden des ALV-Fonds beliebig anhäufen. Als Grundregel gilt, dass die Rechnung der ALV über einen Konjunkturzyklus ausgeglichen sein muss. Die Steuerungsregel orientiert sich am Schuldenstand in Abhängigkeit der erfassten Lohnsumme. Die Sanktionsregel sieht vor, dass der Bundesrat bei Erreichen der festgelegten Limite innerhalb eines Jahres eine Gesetzesrevision vorlegen muss. Dabei darf er vorgängig die Beitragssätze um höchstens 0,5 Lohnprozente und den beitragspflichtigen Lohn auf maximal das Zweieinhalbfache des versicherten Verdienstes erhöhen. Damit soll die Verschuldung in Grenzen gehalten werden, bis die Gesetzesrevision in Kraft tritt. Diese Regel ist ein geeigneter Ansatz, der vermutlich bisher ein unkontrolliertes Ansteigen der Schulden verhindern konnte. Die Regel müsste aber noch weiterentwickelt werden: So vermag sie insbesondere ein überdurchschnittliches Ausgabenwachstum nicht zu verhindern, weil die Sanktionsregel nur einseitig Massnahmen auf der Einnahmenseite vorsieht. Ausgabenseitige Massnahmen müssen hingegen den gesamten politischen Prozess durchlaufen, ehe sie eingeführt werden können. Auch die aktuelle Revisionsvorlage Botschaft zur Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, 3. September 2008. sieht eine Sanierung des Sozialwerks zu 65% über die Einnahmenseite vor.

Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)


Der mittel- und langfristige Trend zeigt einen Prozess der doppelten demografischen Alterung, welcher einerseits durch die ab 1972 sinkende Geburtenrate und andererseits durch die steigende Lebenserwartung bedingt ist. Die Auswirkungen auf die AHV-Finanzierung können relativ gut prognostiziert werden. Gemäss den aktuellen Prognosen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) nehmen die jährlichen Defizite ab 2015 von Jahr zu Jahr rasant zu. Innerhalb von nur zehn Jahren würde der Fondsbestand von derzeit über 100% bis 2025 praktisch aufgezehrt.  Die Idee zur Ausgestaltung einer Fiskalregel ist nicht neu. Bereits in der im Parlament hängigen Vorlage zur 11. AHV-Revision wird ein solcher Mechanismus ansatzweise vorgeschlagen. Interessant ist ausserdem das Modell in Schweden: Die Finanzierung der Altersvorsorge wird auf die künftige demografische Entwicklung abgestimmt, indem die Ausgaben (Renten) an die Entwicklung der Einnahmen gekoppelt sind. Diese bestehenden Modelle könnten weiterentwickelt und optimiert werden. Insbesondere die einseitige Sanktionsregel auf die Rentenhöhe könnte durch weitere Parameter ergänzt werden. In Anlehnung an die ALV sollte als Grundregel eine ausgeglichene Rechnung über einen Konjunkturzyklus gelten. Als Steuerungsregel sind Eckwerte für Defizite in der Rechnung des Fonds und Limiten für den Fondstand bzw. eine Kombination davon denkbar. Als Sanktionsregel sind ausgewogene Massnahmen bei den Parametern Rentenalter (Erhöhung des Regelrentenalters), Renten (Anpassungsmodus der Renten) und allenfalls der Einnahmen (z.B. Erhöhung der Beiträge Nichterwerbstätiger) denkbar. Die demografischen Eckdaten sind gegeben. Da sich die negative finanzielle Dynamik in einem recht kurzen Zeitraum entwickelt und Massnahmen eine gewisse Vorlaufzeit beanspruchen, erscheint eine Nachhaltigkeitsregel für die AHV besonders angezeigt.

Weitere Sozialwerke: IV, EO


Die aktuellen Prognosen gehen bei der IV von einem anhaltenden strukturellen Defizit, nicht aber von einer erneuten Öffnung der Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen aus. Damit der politische Wille zur nachhaltigen Sanierung der IV bestehen bleibt und der neu geäufnete IV-Fonds nicht in wenigen Jahren aufgezehrt werden kann, ist es sinnvoll, im Rahmen der vorgesehenen 6. IV-Revision ebenfalls eine Nachhaltigkeitsregel mit leistungsseitigen Sanktionsmassnahmen zu schaffen.  In der EO wurden über Jahre hinweg Überschüsse ausgewiesen. Erst durch die Ausgabenerweiterung und insbesondere die Einführung der Mutterschaftsversicherung kommt es in der EO zu Defiziten. Im Rahmen der bevorstehenden Vorlage zur Erhöhung der Lohnprozente (+0,2 ab 2011) muss ebenfalls die Frage einer Nachhaltigkeitsregel geprüft werden.

Grafik 1 «Ausgabenentwicklung des schweizerischen Bundeshaushalts für unterschiedliche Szenarien»

Grafik 2 «Konsolidierte Ausgaben von Bund, Kantonen, Gemeinden und Sozialversicherungen»

Tabelle 1 «Kriterien einer Nachhaltigkeitsregel»

Kasten 1: Drei Verschuldungsquellen Die seit 1990 von knapp 40 auf gut 120 Mrd. gewachsene Bundesschuld hat drei Quellen: die ordentlichen Ausgaben, die ausserordentlichen Ausgaben und die Ausgaben der Sozialwerke. Die Schuldenbremse erfasst heute nur die ordentlichen Ausgaben. Damit sie ihre Wirkung tatsächlich umfassend entfalten kann, sollte sie weiterentwickelt und um zwei Instrumente ergänzt werden: – eine Ergänzungsregel für ausserordentliche Ausgaben; – eine Nachhaltigkeitsregel für die Sozialwerke.

Kasten 2: Ergänzende Bestimmungen für Nachhaltigkeitsregel (zweistufig, etappiert) Art. 19

Abs. 1: Bundesversammlung und Bundesrat halten die Ausgaben und Einnahmen der Sozialwerke des Bundes auf Dauer im Gleichgewicht.Abs. 2: Werden die im AHVG, IVG, EOG und AVIG festgesetzten finanziellen Steuerungsgrössen erreicht, so muss der Bundesrat innert einem Jahr eine Gesetzesrevision zur Sicherung des finanziellen Gleichgewichts vorlegen. Er muss zudem die Sofortmassnahmen gemäss den spezialgesetzlichen Bestimmungen treffen, welche bis zum Inkrafttreten der Gesetzesrevision gelten. Die zu definierenden Sofortmassnahmen stellen sicher, dass die bereits für die jeweilige Sozialversicherung zustehenden Finanzmittel ausgabenseitig nicht überschritten werden.Übergangsbestimmung: Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung bis spätestens zum 31. Dezember 2011 je für AHV, IV, ALV, EO die Regeln, welche das langfristige finanzielle Gleichgewicht der genannten Sozialwerke gewährleisten. Diese Regeln bezeichnena) die finanziellen Steuergrössen, bei deren Erreichung der Bundesrat innert einem Jahr eine Gesetzesrevision zur Wiederherstellung und Sicherung des finanziellen Gleichgewichts vorlegen muss, undb) die Massnahmen gemäss Art. 19 Abs. 2 FHG, welche der Bundesrat sofort bis zum Inkrafttreten der eingeleiteten Gesetzesrevision treffen muss.

Kasten 3: Literatur – Bohn, H. und R. P. Inman (1996), Balanced-Budget Rules and Public Deficits: Evidence from the U.S. States, Carnegie-Rochester Conference Series on Public Policy 45, 1S. 3-76.- Economiesuisse (2008), Nachhaltige Finanzpolitik für Wachstum und Wohlstand, Economiesuisse, Zürich. – Feld, L. P. and G. Kirchgässner (2008), On the Effectiveness of Debt Brakes: The Swiss Experience, erscheint in: R. Neck and J.-E. Sturm (eds.), Sustainability of Public Debt, MIT Press, Cambridge/London.- Poterba, J. M. (1997), Do Budget Rules Work?, in: A.J. Auerbach (Hrsg.), Fiscal Policy: Lessons from Economic Research, Cambridge (Mass.), MIT Press, S. 53-86.- Schaltegger, C. A. (2002), Budgetregeln und ihre Wirkung auf die öffentlichen Haushalte: Empirische Ergebnisse aus den US-Bundesstaaten und den Schweizer Kantonen, Schmollers Jahrbuch 122, S. 369-413. – Shadbegian, R. J. (1996), Do Tax and Expenditure Limitations Affect the Size and Growth of State Government?, Contemporary Economic Policy 14, S. 22-35. – Von Hagen, J. (1991), A Note on the Empirical Effectiveness of Formal Fiscal Restraints, Journal of Public Economics 44, S. 99-110.- Von Hagen, J. und R. R. Strauch (2001), Fiscal Consolidation: Quality, Economic Conditions, and Success, Public Choice 109, S. 327-346.

Zitiervorschlag: Martin Kaiser, Brigitte Lengwiler, Christoph A. Schaltegger, (2008). Nachhaltigkeitsregel für langfristig ausgeglichene Bundesfinanzen. Die Volkswirtschaft, 01. Oktober.