
Die regulatorischen Hürden für Kleinbanken sind kleiner geworden. Springreiterin Jana Wargers bei einem Turnier. (Bild: Keystone)
Je grösser, komplexer und risikoreicher, desto strenger die Regeln und Erwartungen. Diesem Ansatz folgt auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma). Für die Regulierung werden Banken und andere beaufsichtigte Finanzmarktteilnehmer aufgrund ihrer Grösse und ihres Risikopotenzials für Anlegerinnen, Gläubiger und Versicherte sowie für den gesamten Finanzplatz in fünf Kategorien eingeteilt. Kategorie eins umfasst das grösste Institut (UBS), Kategorie fünf die kleinsten. Die Aufsicht der Finma ist zudem risikoorientiert ausgestaltet und orientiert sich neben den Aufsichtskategorien auch an den spezifischen Risiken der ihr unterstellten Institute: je kleiner das Institut und je geringer die Risiken, desto grösser die Entlastung von Regulierung und Aufsicht.
Erleichterungen für Kleinbanken
Die Bankenregulierung wurde in den letzten Jahren zunehmend komplexer, insbesondere die Berechnung der erforderlichen Eigenmittel und der Liquidität. Für kleine Banken stellt dies eine grosse Herausforderung dar. Deshalb hat die Finma ab Mitte 2018 Vereinfachungen für kleine, besonders liquide und gut kapitalisierte Banken und Wertpapierhäuser zusammen mit der Branche getestet. Im Jahr 2020 wurde daraufhin die Einführung des Kleinbankenregimes (KBR) vom Bundesrat beschlossen und von der Finma umgesetzt. Es vereinfacht insbesondere, wie die erforderlichen Eigenmittel und die Liquidität berechnet und offengelegt werden müssen. International stellt das Kleinbankenregime eine Besonderheit dar.
Seither sind Kleinbanken im Kleinbankenregime in den Genuss weiterer Erleichterungen[1] gekommen: Spezifische Vorgaben zum Umgang mit elektronischen Kundendaten und im Bereich Outsourcing fallen weg, Offenlegungspflichten und Anforderungen an die Aufgaben der Risikokontrolle wurden reduziert, und auch die umfassende Risikobeurteilung durch die interne Revision findet weniger häufig statt. Aktuell nehmen 54 Kleinbanken und Wertpapierhäuser am Kleinbankenregime teil (siehe Tabelle). Das ist ein Viertel der Beaufsichtigten der Kategorien vier und fünf.
Ein Viertel der Banken in Kategorie vier und fünf ist Teil des Kleinbankenregimes
Grenzen der Proportionalität
Kleine Beaufsichtigte müssen mit der proportionalen Regulierung und Aufsicht zwar einen geringeren Aufwand betreiben als grosse. Sie müssen dennoch ihre Risiken identifizieren und limitieren sowie den Schutz der Einlagen sicherstellen. Auch gibt es Bereiche, in denen keine Erleichterungen gewährt werden können. Um die Reputation des Finanzplatzes nicht zu gefährden, müssen sie, genau wie die grossen Institute, die Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei und hinsichtlich des Risikomanagements im grenzüberschreitenden Geschäft umsetzen. Auch der Schutz der Kundinnen und Kunden beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen oder bei der Ausführung von Börsenaufträgen kann nicht durch Kapital oder Liquidität aufgewogen werden.
Institute im Kleinbankenregime können ihre Vorteile verlieren, wenn sie festgestellte Mängel in den genannten Bereichen nicht innerhalb einer vernünftigen Zeit beheben oder wenn die Finma wegen Verstössen gegen das Aufsichtsrecht ein Enforcement-Verfahren gegen sie führt.
Zunehmend positive Effekte
Institute, die neu eine Bank- und Wertpapierhaus-Lizenz beantragen, profitieren bereits heute direkt von den Erleichterungen durch das KBR, falls sie die Bedingungen erfüllen. Die Kosten für einen Markteintritt sind dadurch gesunken. Bestehende Institute haben in der Vergangenheit bereits Investitionen getätigt, um die umfassenden Regeln bezüglich Eigenmittel und Liquidität einzuhalten. Daher konnten sich die Vorteile des Kleinbankenregimes für diese bisher nicht voll entfalten. Die Finma geht davon aus, dass sich bei der Einführung der überarbeiteten Eigenmittelvorschriften (Basel III) eine weitere Vermeidung von Kosten für bestehende Banken und Wertpapierhäuser im Kleinbankenregime ergeben wird.
Die Finma hat das Kleinbankenregime bereits im Jahr 2021 erstmals evaluiert. Daraus ging hervor, dass sich die finanzielle und operationelle Stabilität der Banken im KBR grundsätzlich nicht verschlechtert hat. Allerdings sind ihre Kosten nicht im erhofften Umfang gesunken. Eine Befragung ergab, dass viele der befragten Institute die komplexen Berechnungen, um die regulatorischen Vorgaben bezüglich Eigenmittel und Liquidität einzuhalten, zwar nicht mehr durchführen mussten. Die teure technologische Infrastruktur dafür war aber bereits gebaut und wurde weiterbetrieben. Einerseits wollten einige der befragten Banken diese Informationen freiwillig verwenden. Andererseits hätten auch Anpassungen an den bestehenden Systemen und Prozessen hohe Kosten verursacht. Die Erleichterungen werden sich folglich erst über die Zeit positiv auf die Kosten auswirken.
Weitere Erleichterungen geplant
Zukünftig wird es weitere positive Effekte geben. Dies, wenn bei der Anpassung von Regulierungsanforderungen bereits zu Beginn klar ist, mit welchen reduzierten Anforderungen die Teilnehmer im KBR rechnen können. Zum Beispiel schlägt die Finma bei der Vernehmlassung des neuen Rundschreibens «Naturbezogene Finanzrisiken» eine Ausnahme für Institute im KBR vor.
Die Finma ist überzeugt, dass sich der Aufwand lohnt, vereinfachte Regeln für kleinere Institute vorzusehen, damit diese zunehmend Kosten einsparen können. Sie wird auch künftig prüfen, wo Entlastungen möglich sind, und diese – wo sinnvoll – im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags umsetzen.
Zitiervorschlag: Brönnimann, Simon (2024). Das Kleinbankenregime schafft Erleichterungen. Die Volkswirtschaft, 08. Oktober.