
Vielseitige Schweizer Bankenlandschaft: Zürich gehört zu den bedeutenden Finanzplätzen der Welt. (Bild: Keystone)
Ohne Finanzdienstleistungen würde eine moderne Volkswirtschaft, die auf Handel und Unternehmertum beruht, nicht funktionieren. Banken versorgen Privatpersonen und Unternehmen mit Geld und Kapital, gewährleisten den reibungslosen Zahlungsverkehr und verwalten Vermögen. Versicherungen sichern Risiken wie Krankheit, Sachschäden oder auch finanzielle Risiken ab.
In manchen Kantonen geht die Bedeutung des Finanzsektors deutlich über die reine Versorgungsfunktion hinaus. Der Finanzplatz Zürich, der die Kantone Zürich, Zug und Schwyz umfasst, beheimatet zahlreiche international tätige Banken und Versicherungen wie die UBS, Zurich Insurance, Swiss Life oder Swiss Re. Die hohe Dichte von Finanzunternehmen und Fachkräften schafft Synergien und fördert Innovation. In Zürich haben sich Hubs für die grenzüberschreitende Vermögensverwaltung und die Rückversicherung gebildet. Diese tragen dazu bei, dass Zürich zu den international bedeutendsten Finanzplätzen gehört.[1] International ebenfalls bedeutend ist Genf, der zweitgrösste Finanzplatz der Schweiz. Er ist vor allem bekannt für das Private Banking und die Vermögensverwaltung.
Auch in den Kantonen Waadt, Bern und Basel-Stadt gibt es eine Konzentration von Finanzunternehmen. Dort sind allerdings die Versicherungen stärker vertreten als die Banken. Manche Finanzdienstleistungen wie die Vermögensverwaltung oder die Rückversicherung von Risiken werden auch im Ausland erbracht. Dadurch stärkt der Finanzsektor die Exportbasis der Volkswirtschaft und trägt in der Schweiz zu Wohlstand und Wachstum bei.
Banken schaffen innerhalb des Finanzsektors den grössten Wert und die meisten Arbeitsplätze (2022)
Finanzsektor erwirtschaftet rund ein Zehntel des Schweizer BIP
Die Bedeutung des Finanzsektors spiegelt sich auch in den Zahlen: Im Jahr 2023 erwirtschaftete der Finanzsektor eine Bruttowertschöpfung von 74 Milliarden Schweizer Franken.[2] Das entspricht mehr als 9 Prozent des Schweizer BIP. Zehn Jahre zuvor war der Anteil sogar über 10 Prozent. Die Banken trugen mit 44 Prozent im Jahr 2022 am meisten zur Bruttowertschöpfung des Finanzsektors bei, gefolgt von den Versicherungen (37,1 Prozent) und den sonstigen Finanzdienstleistungen (19 Prozent, siehe Abbildung).[3] Zu Letzteren zählen neben der Fondsbranche, den Versicherungsmaklern und den Börsen auch Dienstleister für Banken und Versicherungen, die beispielsweise Kreditkartentransaktionen verarbeiten, Hypotheken vermitteln oder Risiken und Schäden bewerten.[4]
Innerhalb des Bankensektors sind die Grossbanken am wertschöpfungsstärksten. Dazu gehören für das Jahr 2022 noch die vier Institute UBS AG, UBS Switzerland AG, Credit Suisse AG und Credit Suisse (Schweiz) AG. Gleich danach folgen die Kantonal- sowie die Regional- und Raiffeisenbanken. Die Kategorie «Andere Banken» umfasst unter anderem die Schweizerische Nationalbank (SNB), die Postfinance und Börsenbanken. In die Kategorie «Sonstige Finanzierungsinstitutionen» gehören unter anderem Beteiligungs- und Treuhandgesellschaften wie Leonteq.
Der Finanzsektor schafft nicht nur Wert, sondern auch Arbeitsplätze: im Jahr 2022 mehr als 235’000 vollzeitäquivalente Stellen (FTE). [5] Er stellt somit mehr als jeden zwanzigsten Arbeitsplatz in der Schweiz. Das ist in etwa so viel wie der Detailhandel. Fast die Hälfte aller Arbeitnehmenden im Finanzsektor arbeitet bei einer Bank, etwas mehr als ein Fünftel bei einer Versicherung. Letztere sind unter anderem wegen der Rückversicherungen überdurchschnittlich produktiv, weshalb ihr Wertschöpfungsanteil deutlich höher ist als ihr Beschäftigungsanteil (37,1 vs. 22,4 Prozent). Die Struktur innerhalb des Bankensektors ist gemessen an den Arbeitsplätzen sehr ähnlich wie bei der Bruttowertschöpfung.
Die Kantonalbanken haben im Inland ein höheres Kreditvolumen als die Grossbanken (2022)
Kleinere Banken: Fokus aufs Kreditgeschäft
Nicht proportional sieht es aus, wenn man die Anzahl Institute mit der Höhe der Bilanzsumme vergleicht (siehe Tabelle): Die vier Grossbanken machen nur 2 Prozent aller Banken aus, haben aber aufgrund ihrer Grösse einen Anteil von über 40 Prozent an der Bilanzsumme aller Banken in der Schweiz. Die Regional- und Raiffeisenbanken stellen rund ein Drittel aller Banken, ihre gesamte Bilanzsumme hingegen beträgt lediglich 12 Prozent.
Interessant ist auch die Verteilung des inländischen Kreditvolumens auf die Bankengruppen. Grossbanken agieren global und sind grundsätzlich in allen Geschäftsfeldern einer Bank tätig. Im Gegensatz dazu sind Kantonal-, Regional- und Raiffeisenbanken sowohl in ihrer geschäftlichen als auch geografischen Ausrichtung stärker fokussiert. Sie konzentrieren sich hauptsächlich auf das Zinsgeschäft mit der Kreditvergabe und Kundeneinlagen in der betreffenden Region. Deswegen ist ihr Kreditvolumen im Inland höher. Es gibt aber auch einzelne Kantonalbanken, die ein stark ausgebautes Vermögensverwaltungsgeschäft aufweisen, das eher für Grossbanken typisch ist.
Die Schweizer Bankenlandschaft ist vielseitig, mit spezialisierten Banken, die unterschiedliche Dienstleistungen in verschiedenen Märkten anbieten. Neben der mittlerweile einzig verbleibenden global agierenden Grossbank UBS schaffen auch die inlandorientierten Banken mit Fokus auf das Kreditgeschäft zahlreiche Arbeitsplätze und tragen wesentlich zu Wachstum und Wohlstand in der Schweiz bei.
- Gemeinsam mit zahlreichen nationalen Akteuren erwirtschaften die grossen Banken und Versicherungen in Zürich mehr als 40 Prozent der Bruttowertschöpfung des Schweizer Finanzsektors. []
- BFS Produktionskonto. []
- BAK Economics. []
- Im Jahr 2017 haben die Grossbanken aufgrund von Umstrukturierungsmassnahmen zentrale Dienstleistungen in konzerninterne Dienstleistungsgesellschaften ausgelagert. Da diese über keine Banklizenz verfügen, werden sie in der Statistik nicht den Banken zugeordnet, sondern den sonstigen Finanzdienstleistungen. []
- BFS Statent. []
Zitiervorschlag: Schultze, Sebastian (2024). Finanzsektor: Eckpfeiler der Schweizer Wirtschaft. Die Volkswirtschaft, 08. Oktober.