Auch Kleinbanken sind erfolgreich. So haben sie im Vergleich zu den Grossen tendenziell eine höhere Liquidität. (Bild: Keystone)
Wie gross darf eine Bank sein? Das ist ein viel diskutiertes Thema in der Finanzwelt. Häufig wird dabei die Zukunftsfähigkeit von kleineren Banken infrage gestellt. Denn Grösse bringt Vorteile in Form von Skaleneffekten mit sich: Die Kosten einer einzelnen Transaktion sinken, wenn die Gesamtkosten auf eine höhere Anzahl Transaktionen verteilt werden können. In der Theorie sind grosse Banken daher effizienter und profitabler. Zudem haben grössere Banken mehr Möglichkeiten, ihre Erträge zu diversifizieren und dadurch ihr Risiko zu mindern.
So einleuchtend diese Argumente klingen – zahlreiche empirische Studien belegen, dass sie für die Schweizer Retailbanken in den meisten Bereichen nicht zutreffen.[1] Trotz der fehlenden Skalierungsmöglichkeiten gibt es viele Klein- und Regionalbanken, die in ihren Märkten erfolgreich operieren. Diese Institute zeichnen sich oft durch eine enge Kundenbindung und sehr gute Kenntnisse der lokalen Märkte aus. Ihre geringe Grösse und die flachen Hierarchien ermöglichen es, Entscheidungen schnell(er) zu treffen und zeitnah auf die Bedürfnisse der Kunden zu reagieren.
Zwar sind kleinere Banken bis zu einer Bilanzsumme von weniger als 1,5 Milliarden Schweizer Franken weniger profitabel und weniger effizient als grössere Banken. Wenn man aber nebst dem Aufwand-Ertrag-Verhältnis und der Gesamtkapitalrentabilität weitere Kennzahlen berücksichtigt, zeigt sich, dass auch kleine Banken sehr gut positioniert sind: Sie haben tendenziell eine höhere Zinsmarge, mehr Eigenkapital und eine höhere Liquidität. Grundsätzlich unterscheiden sich die finanziellen Kennzahlen von Kleinbanken aber nicht fundamental von denjenigen von grösseren Banken (siehe Tabelle).
Kleine Banken sind gut positioniert (2023)
Starke Abhängigkeit vom Zinsdifferenzgeschäft
Vor grossen Herausforderungen stehen kleine Banken aber, wenn es um die Ertragsdiversifikation geht. Breit abgestützte Ertragsquellen sind wichtig für die Stabilität und den langfristigen Erfolg einer Bank. Grössere Banken haben in der Regel mehr Möglichkeiten, ihre Geschäftsaktivitäten zu diversifizieren, da sie über mehr Ressourcen verfügen und in einer breiteren Palette von Märkten und Produkten tätig sind. Kleinbanken hingegen haben oft einen eingeschränkten geografischen Wirkungsbereich, fokussieren lediglich auf bestimmte Kundengruppen und konzentrieren sich häufig auf eine begrenzte Anzahl von Dienstleistungen. Zudem sind die Kleinbanken oft sehr stark abhängig vom Zinsdifferenzgeschäft, also dem Verleihen und der Entgegennahme von Geldern. Diese Fokussierung kann zwar Vorteile in Bezug auf lokale Marktkenntnisse und Kundennähe bieten, bringt jedoch auch erhebliche Risiken mit sich, wenn sich wirtschaftliche Bedingungen ändern oder spezifische Marktsegmente unter Druck geraten.
Wie die Retail-Banking-Studie 2023 aufzeigt, lässt sich ein Zusammenhang zwischen der Grösse einer Bank, gemessen an der Bilanzsumme, und dem Diversifikationsgrad feststellen. Dieser misst den Anteil des zinsindifferenten Geschäfts am Betriebserfolg. Die 15 von 90 untersuchten Schweizer Retailbanken mit dem tiefsten Diversifikationsgrad hatten im Durchschnitt eine Bilanzsumme von 1,29 Milliarden Schweizer Franken. Im Gegensatz dazu verfügten die 15 Banken mit dem höchsten Diversifikationsgrad im Durchschnitt über eine Bilanzsumme von rund 41 Milliarden (siehe Abbildung). Trotzdem gelang es aber auch einigen kleinen Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 5 Milliarden, beachtliche Werte zu erzielen. Dazu gehören zum Beispiel die Acrevis Bank, die Alpha Rheintal Bank oder die DC Bank Deposito-Cassa der Stadt Bern.
Auch kleine Banken können gut diversifiziert sein (2022)
Digitalisierung stellt kleine Banken vor Herausforderungen
Auch die Innovationskraft und der Stand der Digitalisierung sind wichtige Faktoren dafür, ob Kleinbanken und Regionalbanken in Zukunft bestehen können. Während grössere Banken erhebliche Mittel investieren, um neue Technologien zu entwickeln und zu implementieren, stehen Kleinbanken oft vor der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen Schritt halten zu müssen. Neue Technologien zu implementieren, erfordert nicht nur finanzielle Investitionen, sondern auch die richtigen Mitarbeitenden. Viele Kleinbanken haben Schwierigkeiten, qualifizierte IT-Fachkräfte zu finden und an sich zu binden, was es zusätzlich erschwert, Digitalisierungsstrategien umzusetzen. Eine Untersuchung des Instituts für Finanzdienstleistungen der Hochschule Luzern und des Schweizer Thinktanks E-Foresight (2024) zeigt, dass insgesamt eine positive Korrelation zwischen der Unternehmensgrösse und dem Grad der Digitalisierung besteht.
Gleichzeitig bietet die Digitalisierung Kleinbanken auch Chancen zur Zusammenarbeit mit anderen Finanzinstituten und Fintech-Unternehmen. Zum einen können sie dadurch ihr Produktangebot erweitern. Zum anderen können sie durch die Auslagerung von Prozessen, die durch die Digitalisierung tendenziell erleichtert wird, Skaleneffekte generieren. Unsere Untersuchungen zeigen zudem, dass auch kleinere Institute in der Lage sind, moderne Technologien effektiv zu nutzen und innovativ zu sein.
Was ist also die optimale Grösse einer Bank? Das hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschliesslich der Fähigkeit, Skaleneffekte zu nutzen, zu diversifizieren und flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Während grössere Banken tendenziell effizienter und besser diversifiziert sind, können Kleinbanken durch ihre Nähe zur Kundschaft und ihre Flexibilität Wettbewerbsvorteile erzielen. Dies zeigt sich auch im Kennzahlenranking der jährlich erscheinenden IFZ-Retail-Banking-Studie: Basierend auf insgesamt neun Kennzahlen aus den Bereichen Rentabilität, Risiko und Struktur ist seit vielen Jahren die Caissed’Epargne d’Aubonne Société Coopérative die aus Kennzahlensicht beste Retailbank der Schweiz. Die Bank hat lediglich elf Mitarbeitende und eine Bilanzsumme von 655 Millionen Schweizer Franken per 31. Dezember 2023. Auch auf den Rängen zwei und drei des Rankings folgen mit der Ersparniskasse Affoltern i. E. und der Clientis Spar- und Leihkasse Thayngen Kleinstbanken. Insgesamt ist es für Kleinbanken und Regionalbanken von entscheidender Bedeutung, ihre spezifischen Stärken zu nutzen, um im Wettbewerb mit grösseren Banken bestehen zu können. Nur so können sie ihre Marktstellung sichern und langfristig erfolgreich sein.
- Siehe IFZ-Retail-Banking-Studien 2015–2023 und PWC (2023). []
Literaturverzeichnis
- Dietrich, A. et al. (2023). IFZ-Retail-Banking-Studie 2023. Rotkreuz: Verlag IFZ – Hochschule Luzern.
- Dietrich, A. et al. (2024). Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank im Privatkundengeschäft 2024? Zusammenfassung der Resultate der Studie auf dem IFZ Retail Banking Blog.
- PWC (2023). Successful Private Banking Business Models. What Gives Smaller Players Giant-sized Powers?
Bibliographie
- Dietrich, A. et al. (2023). IFZ-Retail-Banking-Studie 2023. Rotkreuz: Verlag IFZ – Hochschule Luzern.
- Dietrich, A. et al. (2024). Welches ist die digitalste Schweizer Retailbank im Privatkundengeschäft 2024? Zusammenfassung der Resultate der Studie auf dem IFZ Retail Banking Blog.
- PWC (2023). Successful Private Banking Business Models. What Gives Smaller Players Giant-sized Powers?
Zitiervorschlag: Dietrich, Andreas (2024). Wie erfolgreich sind kleine Banken in der Schweiz? Die Volkswirtschaft, 04. Oktober.