Hohe regulatorische Hürden: Abgesehen von lokalen Wetten, meist auf Pferderennen, dürfen hierzulande nur die beiden Lotteriegesellschaften Swisslos und Loterie Romande Sportwetten anbieten. (Bild: Keystone)
Der Geldspielmarkt boomt weltweit. Und die Sportwetten sind dabei einer der grossen Motoren. Selbst bei konservativer Schätzung liegen die globalen Umsätze sowohl im legalen als auch im illegalen Markt jeweils bei mehreren Hundert Milliarden Euro pro Jahr. Allein im legalen Schweizer Markt bewegt er sich aktuell bei über einer Milliarde Franken.
Geldspiele sind verbunden mit den Risiken des Betrugs, der Spielsucht und der Geldwäscherei. Diesen Risiken wollte der Bund mit dem Erlass des Bundesgesetzes über Geldspiele (BGS), das 2019 in Kraft getreten ist, noch effektiver entgegenwirken. Das Gesetz adressiert zudem die Verwendung der durch Geldspiele erwirtschafteten Erträge. Aber welche Regeln hat der Bund zu diesem Zweck im Sportwettenbereich aufgestellt – und wo stellen sich Herausforderungen?
Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls
Die Verfassung sieht vor, dass Erträge aus Sportwetten nur für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Sportwetten, die interkantonal, online oder automatisiert durchgeführt werden, dürfen nur von der Loterie Romande und von Swisslos angeboten werden. Beide Gesellschaften sind kantonsgetragen. Sie verfügen in ihrem jeweiligen Vertragsgebiet (bei der Loterie Romande die Westschweiz, bei Swisslos die Deutschschweiz und das Tessin) über ein Monopol. Der Reingewinn der Lotteriegesellschaften fliesst in den Schweizer Sport und die zahlreichen Lotteriefonds der Kantone. Im Jahr 2024 waren das gut 850 Millionen Franken.
Der Sportwettenmarkt in der Schweiz ist also bereits im Ansatz streng reguliert. Profite privater Unternehmen sind ausgeschlossen. Neben dem Sportwettenangebot der beiden Lotteriegesellschaften gibt es noch vereinzelte sogenannte lokale Sportwetten. Dabei handelt es sich vorwiegend um Wetten auf kleinere Pferderennen. Das Gesetz schafft zudem die Grundlage für die Sperrung des Zugangs zu ausländischen Onlineangeboten (siehe Kasten).
Das zulässige Sportwettenangebot in der Schweiz
Sportwetten können bei den beiden Lotteriegesellschaften online oder an Kiosken, Tankstellen und in Sportbars abgeschlossen werden. Zulässig sind neben den «klassischen» Sportwetten, bei denen der Einsatz vor dem Sportereignis geleistet wird, seit 2019 auch Livewetten. Diese werden abgeschlossen, wenn ein Wettkampf bereits begonnen hat. Dabei ändert sich die Wettquote laufend. Livewetten werden ausschliesslich online angeboten.
Die beiden Lotteriegesellschaften dürfen dabei nicht x-beliebige Wetten ins Angebot nehmen. Das Gesetz schreibt vor, dass Wetten auf Sportereignisse, die ein erhöhtes Risiko der Wettkampfmanipulation beinhalten, unzulässig sind. Aus diesem Grund veröffentlicht die interkantonale Geldspielaufsicht (Gespa) als zuständige Aufsichtsbehörde eine Liste, auf der im Detail festgehalten ist, welche Wetten auf welche Sportarten, Ligen und Wettkämpfe zulässig sind.
Wettkampfmanipulation und Sportwettenbetrug
Es handelt sich um ein weltweit verbreitetes Phänomen: Kriminelle Einzeltäter oder Gruppierungen versprechen Athleten oder Schiedsrichtern finanzielle Zuwendungen, wenn sie einen Sportwettkampf in einer bestimmten Weise beeinflussen. Ein Team soll beispielsweise mit mindestens vier Toren Unterschied verlieren – oder eine Tennisspielerin ihr zweites Servicegame abgeben. Und auf genau diese Ereignisse wird dann gewettet. Der wohl spektakulärste Fall aus der jüngeren Geschichte ist der Fussball-Wettskandal, der im Jahr 2005 bekannt wurde. Damals hatten verschiedene Schiedsrichter den Ausgang von Fussballspielen im deutschen Fussball manipuliert. Die Affäre hat dazu geführt, dass die Bemühungen zur Bekämpfung der Wettkampfmanipulation in zahlreichen Ländern intensiviert wurden.
Wettkampfmanipulation verunmöglicht sichere Sportwetten. Und sie untergräbt die Grundwerte des fairen Sports. Aus diesem Grund hat die Schweiz als eines der ersten Länder die sogenannte Magglinger Konvention des Europarats ratifiziert. Mit dieser Konvention soll die Bekämpfung der Wettkampfmanipulation im Sport gestärkt und international koordiniert werden. Umgesetzt wurde die Konvention in der Schweiz im BGS. Die bereits erwähnte Regel, dass manipulationsanfällige Wetten nicht erlaubt sind, geht direkt auf die Konvention zurück. Das Gesetz teilt der Gespa zudem die Rolle der nationalen Plattform zu. Bei Verdachtsfällen von Wettkampfmanipulation bestehen diverse Meldepflichten der Wettanbieterinnen und der Akteure aus dem Sport. Die Gespa als nationale Plattform triagiert diese Meldungen und leitet sie, soweit sinnvoll, an ausländische Partner oder die Strafverfolgungsbehörden weiter. Sie ist in der Schweiz national und international die erste Anlaufstelle rund um das Thema Wettkampfmanipulation – und stellt den Informationsfluss zwischen den verschiedenen Akteuren sicher.
Aktuelle Herausforderungen
Nach dem Inkrafttreten des BGS wurden die Sportwettenprodukte der Loterie Romande und von Swisslos neu bewilligt. Nicht zuletzt die neu eingeführten Livewetten sorgten dabei für Sorgenfalten auf der Stirn der Spielsuchtexperten. Immer deutlicher zeigt sich aber, dass die Risiken im Onlinebereich, beispielsweise die Spielsuchtproblematik, überschaubar sind. Die beiden Lotteriegesellschaften sehen – gerade im Bereich der Verlustlimiten – Massnahmen zum Schutz der Spielenden vor, die deutlich über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Dazu kommen weitere Instrumente wie die Früherkennung gefährdeter Spielender sowie Sensibilisierungsmassnahmen. Das Onlinespiel bei den beiden Lotteriegesellschaften scheint aus der Optik des Spielerschutzes damit kaum Risiken zu bieten, die über das hinausgehen, was der Gesetzgeber vorausgesehen hat.
Möglicherweise etwas unterschätzt hat der Gesetzgeber die Marktentwicklung mit Blick auf den sogenannten terrestrischen Markt. Weiterhin werden bei den Sportwetten über 70 Prozent des Umsatzes in den dezentralen Verkaufsstellen wie Kiosken erzielt. Und dort können Einsätze und Gewinne weitestgehend anonym geleistet und bezogen werden. Dies birgt Risiken. Diese berühren neben dem Schutz der Spielenden vor Spielsucht nicht zuletzt auch das Thema Geldwäscherei. Die beiden Lotteriegesellschaften haben bereits Massnahmen – namentlich durch gewisse Limitierungen an den Verkaufsstellen – ergriffen. Ob diese genügen, wird sich weisen.
Zitiervorschlag: Eichenberger, Patrik (2025). Die Sportwettenregulierung in der Schweiz. Die Volkswirtschaft, 15. Juli.
Um zu verhindern, dass ausländische Onlineanbieter illegal Sportwetten in der Schweiz anbieten, sieht der Gesetzgeber vor, dass die Aufsichtsbehörden den Zugang zu den entsprechenden Domains durch die Internetserviceprovider sperren lassen können. Diese sogenannten Zugangssperren haben bereits im Gesetzgebungsprozess für viel Kritik gesorgt. Sogar von Internetzensur war die Rede.
Welches Fazit kann heute gezogen werden? Die Sperre hält weitestgehend, was sie versprochen hat. Sie kann mit technischen Mitteln zwar relativ einfach umgangen werden. Gleichzeitig ermöglicht sie den Spielenden aber informierte Entscheidungen: Sie wissen in der Regel, wenn sie auf einer nicht bewilligten Site spielen – tun es also im Wissen um die damit verbundenen Risiken. Zudem haben sich diverse Anbieter bereits vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Geldspiele (BGS) 2019 aus der Schweiz zurückgezogen, um nicht mit einer Sperrliste in Verbindung gebracht zu werden. Auch dieser Effekt ist positiv zu werten. Die Internettechnologie und auch die klassischen Browser entwickeln sich aber laufend weiter. Die technische Zugangssperre dürfte damit tendenziell an Bedeutung und Wirksamkeit verlieren.