Onlinehandel: Wie stark belasten Retouren die Umwelt?

Wird ein online bestellter Artikel zurückgeschickt, verursacht das einen zusätzlichen Transportweg. (Bild: Keystone)
Für die Konsumentinnen und Konsumenten bietet Onlineshopping viele Vorteile: eine riesige Auswahl, Einkaufen rund um die Uhr, Preisvergleiche mit wenigen Klicks und oft auch tiefere Preise. Kein Wunder, dass der Onlinehandel boomt. In den letzten zehn Jahren hat sich der Umsatz in der Schweiz mehr als verdoppelt. Mit dem Wachstum rückt auch die Umweltbelastung stärker in den Fokus, beispielsweise bei den Retouren.
Retouren können die Umwelt auf verschiedene Arten belasten. Wird ein Artikel zurückgeschickt, entstehen in der Regel zusätzliche Transportwege. Ebenso spielt der Umgang mit den zurückgesandten Produkten eine wichtige Rolle. Die grosse Mehrheit der Artikel kann direkt weiterverkauft werden, andere werden rezykliert oder gespendet. Teilweise werden Retouren vernichtet.
Verkehrsaufkommen durch Retouren gering
Um die Umweltauswirkungen von Retouren im Onlinehandel zu untersuchen, hat das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine Studie in Auftrag gegeben. Diese untersucht einerseits den Einfluss von Retouren auf den Verkehr in der Schweiz. Andererseits beleuchtet sie die Umweltauswirkungen, die entstehen, je nachdem, was mit den zurückgeschickten Waren geschieht. Da für die Analyse diverse Annahmen getroffen werden müssen, schätzt die Studie verschiedene Szenarien: tief, mittel und hoch. Nachfolgend werden jeweils die Resultate für das mittlere Szenario ausgewiesen.
Die Umweltauswirkungen werden in CO2-Äquivalenten gemessen, also wie viel CO2 und andere Treibhausgase ausgestossen werden. Diese Einheit macht vergleichbar, wie stark verschiedene Treibhausgase – wie etwa Methan oder Lachgas – das Klima erwärmen. In der Schweiz wird zudem die Methode der Umweltbelastungspunkte genutzt. Diese bewertet die Umweltauswirkung von Ressourcen, Emissionen und Abfällen und geht über die Klimaeffekte hinaus. Je mehr Punkte, desto höher die Umweltbelastung.
Das Verkehrsaufkommen, das durch Retouren im Onlinehandel verursacht wird, ist bescheiden. Der Anteil am Gesamtverkehr beträgt ungefähr 0,06 Prozent im Personen- und 0,2 Prozent im Güterverkehr. Mit zunehmender Elektrifizierung der Fahrzeugflotten dürften die verkehrsbedingten Umwelteffekte in Zukunft abnehmen. Gemäss Studie macht der Verkehr ein Viertel aller Umweltwirkungen von Retouren aus.
Mode und Schuhe verursachen grösste Umweltbelastung
Die restlichen drei Viertel sind auf den Umgang mit Retouren zurückzuführen. Von den zurückgeschickten Waren werden mehr als 80 Prozent wiederverkauft (siehe Abbildung). Das ist deutlich umweltfreundlicher als Recycling oder Vernichtung der Waren, trägt aber wegen der grossen Mengen dennoch zu etwa 40 Prozent der gesamten Belastung durch Retouren bei. Deutlich kleiner ist der Anteil von Retouren, der rezykliert oder vernichtet wird. Beide machen je nur etwa 3 Prozent der Retouren aus, verursachen aber zusammen über 40 Prozent der Umweltwirkungen – weil insbesondere Vernichtung sehr ressourcenintensiv ist. Die restlichen rund 17 Prozent an Retouren gehen unter anderem zurück zum Lieferanten oder werden gespendet.
Besonders ins Gewicht fallen Modeartikel und Schuhe. Sie machen fast drei Viertel der gesamten Umweltbelastung im Zusammenhang mit dem Umgang mit Retouren aus, da sie einerseits sehr häufig zurückgeschickt werden und andererseits pro Retoure eine vergleichsweise hohe Belastung verursachen.
Die gesamten Umweltauswirkungen von Retouren im Onlinehandel betragen gemäss der Studie schätzungsweise 65’000 Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 146 Milliarden Umweltbelastungspunkte. Dies entspricht dem jährlichen Umweltfussabdruck von rund 5000 Personen in der Schweiz. Berücksichtigt man auch die ausländischen Anbieter – also die ohne CH-Domain wie Shein oder Temu –, erhöhen sich die Effekte um rund 20 Prozent. Insgesamt ist der Umwelteffekt von Retouren in einer Gesamtbetrachtung damit begrenzt.
Die meisten Retouren werden wiederverkauft (2023)
INTERAKTIVE GRAFIK
Staatliche Massnahmen gegen Retouren nicht sinnvoll
Onlinehändler versuchen bereits, Retouren zu reduzieren. Freiwillige Massnahmen umfassen Produktinformationen verbessern und das Produktsortiment anpassen, damit Kundinnen und Kunden schon bei der ersten Bestellung das passende Produkt erhalten. Verhaltenspsychologische Anreize oder monetäre Restriktionen wie Retourenbeiträge reduzieren die Wahrscheinlichkeit, dass Produkte zurückgeschickt werden. Diese Massnahmen helfen nicht nur der Umwelt, sondern senken auch die Kosten für die Händler.
Die Studie untersuchte zudem mögliche staatliche Massnahmen, zum Beispiel dass Onlinehändler keine Gratisretouren mehr anbieten dürfen oder dass Kundinnen und Kunden beim Kauf bereits einen Betrag bezahlen müssen, welcher rückerstattet wird, falls das Produkt behalten wird. Auch die Ausdehnung der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe auf den Lieferverkehr, ein Vernichtungsverbot von Neuwaren sowie Transparenzvorschriften wurden analysiert. Ob solche Massnahmen die Umweltbelastung spürbar senken, ist allerdings ungewiss, etwa wenn Kundinnen und Kunden deswegen vermehrt mit dem Auto im stationären Handel einkaufen. Denn auch dieser Verkaufskanal verursacht Emissionen, je nach Umständen sogar mehr als der Onlinehandel.[1] Zudem wäre die Lenkungswirkung der diskutierten Massnahmen eher gering. Auch Umgehungsmöglichkeiten der Händler sind nicht auszuschliessen.
Eine gewisse Wirkung könnte allenfalls mit Massnahmen erzielt werden, die direkt auf die Vernichtung von Waren abzielen. Vernichtungsverbote oder Transparenzregeln können dazu beitragen, dass weniger neuwertige Produkte entsorgt werden. Um die Wirkung solcher Massnahmen zu erhöhen und damit sie wettbewerbsneutral wären, müssten sie auch für den stationären Handel gelten.
Schliesslich müssen auch die negativen Effekte von staatlichen Interventionen berücksichtigt werden. Jede Regulierung bedeutet zusätzlichen administrativen Aufwand für die Unternehmen. Je nach Massnahme wäre es zudem schwierig, ausländische Anbieter miteinzubeziehen, die ebenfalls in die Schweiz liefern. Gelingt dies nicht, hätten Schweizer Anbieter am Ende strengere Regeln einzuhalten als ihre Konkurrenz – und wären dadurch im Nachteil. Vor dem Hintergrund des fraglichen Kosten-Nutzen-Verhältnisses der diskutierten Massnahmen drängen sich für den Bundesrat keine neuen staatlichen Eingriffe in Bezug auf Retouren im Onlinehandel auf.[2]
Literaturverzeichnis
- Bundesrat (2025). Retouren im Online-Handel. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 23.4330 Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) vom 27.10.2023.
- Kägi, W. et al. (2025). Retouren im Online-Handel. Auswirkungen auf Verkehr und Abfall, mögliche Massnahmen zur Reduktion von Retouren. Grundlagen für die Wirtschaftspolitik Nr. 60. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO.
- UNO (2024). Digital Economy Report 2024. Shaping an Environmentally Sustainable and Inclusive Digital Future.
Bibliographie
- Bundesrat (2025). Retouren im Online-Handel. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 23.4330 Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (UREK-S) vom 27.10.2023.
- Kägi, W. et al. (2025). Retouren im Online-Handel. Auswirkungen auf Verkehr und Abfall, mögliche Massnahmen zur Reduktion von Retouren. Grundlagen für die Wirtschaftspolitik Nr. 60. Staatssekretariat für Wirtschaft SECO.
- UNO (2024). Digital Economy Report 2024. Shaping an Environmentally Sustainable and Inclusive Digital Future.
Zitiervorschlag: Langenegger, Markus; Wick, Alina (2025). Onlinehandel: Wie stark belasten Retouren die Umwelt? Die Volkswirtschaft, 19. September.