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Stand und Ausbau des schweizerischen Nationalstrassennetzes

Stand und Ausbau des schweizerischen Nationalstrassennetzes

Als Nationalstrassen gelten die wichtigsten Strassenverbindungen von gesamtschweizerischer Bedeutung. Heute sind über 93% des beschlossenen Nationalstrassennetzes in Betrieb. Im laufenden Jahr investiert der Bund mehr als 2,1 Mrd. Franken ins Nationalstrassennetz. Die Fahrleistung auf den Nationalstrassen betrug im vergangenen Jahr gut 22,5 Mrd. Fahrzeugkilometer. Die künftigen Herausforderungen bestehen darin, das Nationalstrassennetz so auszugestalten, dass es einerseits die erforderliche Mobilität bewältigen kann und andererseits für die Benutzer sicher und zweckmässig, für die Umwelt verträglich sowie für die Erbauer und Betreiber finanzierbar ist.

Bedeutung der Nationalstrassen


Unsere Nationalstrassen haben hohen verkehrstechnischen Anforderungen zu genügen und sollen insbesondere eine sichere und wirtschaftliche Abwicklung des Verkehrs gewährleisten. Im vergangenen Jahr betrug die Fahrleistung Fahrleistung 2008 = Durchschnittlicher Tagesverkehr auf der Nationalstrasse x 366 Tage x realisierte Netzlänge in Kilometern. auf den Nationalstrassen gut 22,5 Mrd. Fahrzeugkilometer. Würde man diese Fahrzeugkilometer aneinanderreihen, entspräche diese Strecke über dem 500000-fachen des Erdumfangs oder mehr als dem 150-fachen der Distanz zwischen Erde und Sonne. Ungefähr ein Drittel der gesamtschweizerischen Fahrleistung von Motorfahrzeugen wird auf den Nationalstrassen bewältigt. Dieser Anteil ist umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass nur gut 2% der Strassen in der Schweiz als Nationalstrassen gelten. Ein leistungsfähiges und engmaschiges Nationalstrassennetz ermöglicht tiefe Transportkosten im Personen- und Güterverkehr. Nur mit tiefen Transportkosten können eine starke Spezialisierung innerhalb der Wertschöpfungskette und ein hoher Grad der Arbeitsteilung erreicht werden. Jeder Standort hat komparative Vorteile in der Herstellung bestimmter Güter und Dienstleistungen. Der kostengünstige räumliche Austausch von Zwischen- und Endprodukten ist dabei eine Bedingung für die Konzentration der Produktion an einem bestimmten Standort. Die Infrastruktur der Nationalstrassen ist daher für die Bewältigung der Mobilität von Arbeitskräften und Gütern von enormer wirtschaftlicher Bedeutung. Eine kleine offene Volkswirtschaft wie die Schweiz ist zudem sowohl für den Import als auch den Export von Gütern auf eine leistungsfähige Verkehrs- und insbesondere Strassenverkehrsinfrastruktur angewiesen, welche effiziente, flexible und zuverlässige Logistikketten möglich macht.

Festlegung des Nationalstrassennetzes


Im Jahre 1960 hat die Bundesversammlung das Nationalstrassennetz im Wesentlichen festgelegt und im Bundesbeschluss über das Nationalstrassennetz Bundesbeschluss über das Nationalstrassennetz vom 21.Juni 1960 (SR 725.113.11). die Strassenverbindungen von gesamtschweizerischer Bedeutung definiert. Dieser Entscheid erfolgte gestützt auf mehrjährige Planungsarbeiten einer dannzumal zuständigen Kommission des Departements des Innern (EDI). Die Kommission hatte den Auftrag, alle damit zusammenhängenden verkehrspolitischen, technischen, wirtschaftlichen, finanziellen und rechtlichen Fragen abzuklären. In seiner Botschaft an die Bundesversammlung über die Festlegung des Nationalstrassennetzes vom 5. Februar 19603 hat der Bundesrat insbesondere Folgendes ausgeführt: «Nur selten bietet sich einem Staate die Gelegenheit, in einem Wurfe die Verkehrsbeziehungen eines Verkehrsträgers durch eine Gesamtkonzeption grundlegend neu zu gestalten und damit den Erfordernissen des modernen Lebens auf Jahrzehnte hinaus anzupassen. Die Festlegung des Nationalstrassennetzes ist keine leichte Aufgabe; zu sehr steht sie im unmittelbaren Interessenbereich der Kantone, des Automobilismus, des Fremdenverkehrs, ja der gesamten schweizerischen Volkswirtschaft. Der Bundesrat glaubt für sich in Anspruch nehmen zu dürfen, Ihnen hiermit einen Antrag zu unterbreiten, der diesen Interessen massvoll Rechnung trägt.» Das gestützt auf diese Botschaft beschlossene Nationalstrassennetz ist denn auch – von wenigen Anpassungen, wie beispielsweise der Aufnahme des Gotthardstrassentunnels oder der «Transjurane» ins Nationalstrassennetz abgesehen – bis heute unverändert geblieben.

Neue Zuständigkeiten mit der NFA


Bis Ende 2007 war der Bau, Unterhalt und Betrieb der Nationalstrassen eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen. Die Kantone haben die Nationalstrassen gebaut, unterhalten und betrieben. Zudem waren sie Eigentümer der Nationalstrassen. Der Bund hatte einerseits die Oberaufsicht inne;andererseits hat er massgebliche finanzielle Beiträge an den Bau, den Unterhalt und den Betrieb der Nationalstrassen geleistet. Mit Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) am 1. Januar 2008 hat sich diese Aufgabenteilung im Bereich der Nationalstrassen geändert. Seit dann steht das bereits erstellte Nationalstrassennetz im Eigentum des Bundes. Der Bund ist zudem – abgesehen von der Fertigstellung des beschlossenen Nationalstrassennetzes – alleine für den Bau, den Ausbau, den Unterhalt und den Betrieb der Nationalstrassen sowie die Finanzierung dieser Aufgaben zuständig. Die Fertigstellung des beschlossenen Nationalstrassennetzes ist eine Verbundaufgabe von Bund und Kantonen.

Finanzierung


Bundesseitig stammen die finanziellen Mittel für die Finanzierung des Nationalstrassennetzes aus der Spezialfinanzierung Strassenverkehr (SFSV). Geäufnet wird die SFSV aus der Hälfte der Mineralölsteuererträge, aus den Erträgen des Mineralölsteuerzuschlags auf Treibstoffen sowie aus dem Reinertrag der Autobahnvignette. Im vergangenen Jahr flossen finanzielle Mittel in Höhe von rund 3,9 Mrd. Franken in die SFSV. Die Mittel aus der SFSV sind zweckgebunden zu verwenden. Diese Zweckbindung ist Ausdruck der engen Beziehung zwischen Benutzern und Abgabepflichtigen. Durch dieses System ist gewährleistet, dass die Kosten der Nationalstrasse vorwiegend – beziehungsweise bei der Autobahnvignette ausschliesslich – von den Benutzern getragen werden. Derartige Zweckbindungen sind zudem als Vorgaben an die politischen Entscheidungsträger zu verstehen, langfristig optimale Investitionsentscheide zu fällen. Die Finanzierung der Aufwendungen des Bundes für die Nationalstrassen erfolgt grundsätzlich direkt über die SFSV.  Die Massnahmen zur Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz sowie die Fertigstellung des beschlossenen Nationalstrassennetzes werden seit Anfang 2008 über den Infrastrukturfonds Bundesgesetz über den Infrastrukturfonds für den Agglomerationsverkehr, das Nationalstrassennetz sowie Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen vom 6. Oktober 2006 (Infrastrukturfondsgesetz; SR 725.13). finanziert. Die Bundesversammlung hat im Infrastrukturfonds für die Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz 5,5 Mrd. Franken und für die Fertigstellung des beschlossenen Nationalstrassennetzes 8,5 Mrd. Franken bereitgestellt. Geäufnet wird der Infrastrukturfonds aus der SFSV. Seine Mittel dienen der effizienteren und umweltverträglicheren Bewältigung der für eine leistungsfähige Gesellschaft und Wirtschaft erforderlichen Mobilität.

Fertigstellung des Netzes


Im Jahre 1963 wurde mit einem Abschnitt der N1 Nationalstrassen werden grundsätzlich mit «N» und einer Zahl bezeichnet. Dabei kann es sich sowohl um Autobahnen und Autostrassen als auch um Gemischtverkehrsstrassen handeln. Mit «A» und einer Zahl werden die wichtigsten Autobahnen und Autostrassen bezeichnet. Dieses Netz umfasst nicht nur Nationalstrassen, sondern auch verschiedene kantonale Autobahnen und Autostrassen. Die Bezeichnung «A» ist v.a. für die Verkehrsinformation von Bedeutung. zwischen Genf und Lausanne der erste Nationalstrassenabschnitt dem Verkehr übergeben. Nach und nach konnten die im Bundesbeschluss über das Nationalstrassennetz vorgesehenen Strassenverbindungen gebaut und in Betrieb genommen werden. Gut 1760 Kilometer beziehungsweise rund 93% des beschlossenen Nationalstrassennetzes sind heute in Betrieb. Bis zur Netzvollendung fehlen noch etwa 126 Kilometer. Noch nicht realisiert sind beispielsweise die N8 im Raum Lungern und Giswil (Kanton Obwalden) oder die N9 im Oberwallis sowie Teile der N16 «Transjurane» (Kantone Bern und Jura). Nach Ansicht des Bundesrates sind die noch fehlenden Netzelemente mit hoher Priorität zu erstellen. Der grösste Teil des heute noch nicht realisierten Nationalstrassennetzes wird dementsprechend bis ins Jahr 2015 gebaut sein. Im laufenden Jahr können insbesondere die vierspurige Strecke zwischen Bergermoos und Fildern (N1, Kanton Zürich) sowie die ebenfalls vierspurige Strecke zwischen Uetliberg Ost und Fildern (N4, Kanton Zürich) – Teilstücke der Westumfahrung Zürich – dem Verkehr übergeben werden. Seitens des Bundes erfolgt die Finanzierung dieser Netzvollendung über die im Infrastrukturfonds bereitgestellten 8,5 Mrd. Franken. Die Bundesversammlung bestimmt im Rahmen des jeweiligen Voranschlags die Höhe der pro Jahr für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel. Für 2009 hat sie für die Fertigstellung der noch ausstehenden Netzelemente Kredite im Umfang von 965 Mio. Franken bereitgestellt. Ungefähr ein Drittel dieses Betrages wird für die Realisierung von Projekten in der Romandie verwendet.

Ausbau, Unterhalt und Betrieb


Für den Ausbau, Unterhalt und Betrieb des bereits erstellten Nationalstrassennetzes ist seit dem 1. Januar 2008 der Bund zuständig. Die Erfüllung dieser Aufgaben muss so erfolgen, dass ein sicherer und flüssiger Verkehr gewährleistet ist und die Verfügbarkeit der Strasse möglichst uneingeschränkt bleibt. Für einen Grossteil dieser Aufgaben ist das Bundesamt für Strassen (Astra) zuständig. Das Astra arbeitet dabei eng mit den Kantonen, aber auch anderen nationalen und internationalen Partnern zusammen.  – Unterhalt und Ausbau: Im Durchschnitt müssen bei Nationalstrassen alle 15 Jahre Unterhaltsarbeiten durchgeführt werden. In der Regel kommt es dabei gleichzeitig auch zu Ausbauten. Die Unterhalts- und Ausbauarbeiten sind in der Regel mit einem hohen Bedarf an Planung und finanziellen sowie personellen Ressourcen verbunden. Durch die Kombination von Unterhalts- und Ausbauarbeiten können Synergien optimal genutzt werden. Zudem verringert sich dank dieser Koordination die Anzahl der Baustellen, was wiederum eine geringere Beeinträchtigung des Verkehrs zur Folge hat. Im laufenden Jahr investiert der Bund gut 1,18 Mrd. Franken in den Unterhalt und den Ausbau des bestehenden Nationalstrassennetzes.  – Betrieb: Für die Sicherstellung des Betriebs der Nationalstrassen hat der Bund mit 11 Gebietseinheiten Leistungsvereinbarungen abgeschlossen. Gebietseinheiten sind die Kantone oder von diesen gebildete Trägerschaften. Die Vergütung für die Sicherstellung des Betriebes erfolgt grundsätzlich nach Leistung und nicht nach Aufwand.

Nationalstrassennetz – quo vadis?


Seit der Festlegung des Nationalstrassennetzes vor fast 50 Jahren ist das Verkehrsaufkommen rasant gewachsen. Die Prognosen gehen auch für die Zukunft von einem weiteren Ansteigen aus. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) rechnet zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2030 mit einer Zunahme der Verkehrsleistungen des motorisierten Individualverkehrs um 15% bis 29%. Perspektiven im Personenverkehr bis 2030, Bundesamt für Raumentwicklung, 2006. Neben dem Anstieg des Verkehrsaufkommens ergeben sich auch aus der Siedlungsentwicklung neue Anforderungen an die Nationalstrassen. Das Nationalstrassennetz wird im Durchschnitt immer älter und stetig länger. Ausserdem ist es mit immer komplexeren Anlageteilen, insbesondere in Tunneln, ausgerüstet und muss einer Vielzahl von Umweltschutzoder Sicherheitsvorschriften genügen. Diesen neuen und sich laufend ändernden Rahmenbedingungen gilt es in Zukunft gerecht zu werden und gleichzeitig die Finanzierung sicherzustellen. Der Bund stellt sich diesen Herausforderungen auf verschiedenen Ebenen.

Optimale Nutzung der vorhandenen Kapazitäten durch Verkehrsmanagement


Mittels Verkehrsmanagement sollen die vorhandenen Kapazitäten auf den Nationalstrassen optimal genutzt werden. Der Verkehr ist dabei möglichst sicher, gleichmässig, ruhig, störungsfrei und emissionsarm abzuwickeln. Das Verkehrsmanagement auf den Nationalstrassen umfasst vier Elemente: Verkehrslenkung, Verkehrsleitung, Verkehrssteuerung und Verkehrsinformation.

Umfassende Anpassung des Bundesbeschlusses über das Nationalstrassennetz


Gestützt auf die vom Bundesrat festgelegten Kriterien des Sachplans Verkehr wurde das bestehende Nationalstrassennetz überprüft. Die Vernehmlassung zur entsprechenden Vorlage konnte im Sommer 2008 eröffnet werden. Damit eine langfristig gesicherte und in sich kohärente Erschliessung aller Landesteile gewährleistet werden kann, müssten zusätzliche Strassenverbindungen ins Nationalstrassennetz aufgenommen und in die Zuständigkeit des Bundes überführt werden. Zur Finanzierung sollten die zusätzlichen Kosten des Bundes bei den Kantonen vollständig kompensiert werden. Der Kompensationsvorschlag stiess bei den Kantonen jedoch auf Widerstand. Mittlerweile ist eine Lösungssuche zwischen den Kantonen und dem Bund angelaufen.

Beseitigung von Engpässen im Nationalstrassennetz


Über den Infrastrukturfonds hat die Bundesversammlung zur Beseitigung von Engpässen im bestehenden Nationalstrassennetz finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt. Als Engpässe gelten dabei Überlastungen, welche die Funktionsfähigkeit des gesamten Nationalstrassennetzes nachhaltig beeinträchtigen. Die Vernehmlassung zur entsprechenden Programmbotschaft ist derzeit im Gange. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass in einer ersten Etappe insbesondere die Engpässe auf den Strecken Härkingen-Wiggertal (N1, Kantone Solothurn und Aargau) und Blegi-Rütihof (N4, Kantone Luzern und Zug) beseitigt werden sollen.

Sicherstellung der Finanzierung


Für die Finanzierung der Nationalstrassen sowie der damit in Zusammenhang stehenden Aufgaben zeichnet sich mittelfristig eine Finanzierunglücke ab. Gleichzeitig mit der Programmbotschaft zur Beseitigung von Engpässen hat der Bundesrat im Dezember 2008 daher verschiedene Optionen zur künftigen Ausgestaltung der SFSV zur Diskussion gestellt. Längerfristig kann eine umfassende Neuregelung der Finanzierung nicht ausgeschlossen werden.

Grafik 1 «Schweizerisches Nationalstrassennetz und voraussichtliche Eröffnungen»

Tabelle 1 «Begriffserklärungen»

Zitiervorschlag: Rahel Galliker (2009). Stand und Ausbau des schweizerischen Nationalstrassennetzes. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.