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Der private Postdienstleister braucht echten Wettbewerb

Die Herausforderungen an die Logistik sind durch die Globalisierung enorm gewachsen. Die Bedürfnisse sowie das Verhalten der Konsumenten, die ständig im Wandel begriffen sind, führen dazu, dass die meisten Warenlager auf ein Minimum beschränkt sind und auf «Just in time»-Produktion umgestellt wurden. Unter Wettbewerbsbedingungen muss der Postdienstleiter in der Lage sein, die Entwicklung zu antizipieren und seine Leistung ständig zu verbessern. Er ist dabei auf einen vollständig geöffneten Markt angewiesen.

Monopole widerstehen dem Druck des Wandels und schaffen damit auf Zeit Inseln der geschützten Rückständigkeit. Sie lähmen die Motivation, im Markt mitzuhalten, und hindern damit alle Marktteilnehmer daran – auch den Monopolisten selbst -, die bestmögliche Dienstleistung zu erbringen. Werden erst dem Wettbewerb ausgesetzte Dienste durch überhöhte Margen im Monopolbereich mitfinanziert, handelt es sich um unlautere Verdrängung vom Markt.

Vollständiger Abbau des Postmonopols


Der vollständige Abbau des Monopols im Postmarkt muss daher das Ziel der Liberalisierung sein, mit der Garantie eines flächendeckend gut funktionierenden Service public bei zumutbaren Preisen. In der Schweiz sind es zwei Behörden, die das Verhalten der Marktteilnehmer überwachen: der Postregulator und der Preisüberwacher.  Auch auf Seiten der Arbeitnehmenden sind keine negativen Auswirkungen zu erwarten. Wo der eine Wettbewerber Umsätze an andere abgeben muss, weil der Markt es so entscheidet, gehen keine Arbeitsplätze verloren, im Gegenteil: Arbeitsplätze, die den Marktbedürfnissen entsprechen, haben sogar eine grössere Sicherheit. Und da aufgrund der eidgenössischen, durch die Regulationsbehörden durchgeführten Konzessionierungsverfahren die Arbeitsbedingungen bei allen Akteuren auf dem Postmarkt denselben Standards entsprechen, ist auf Arbeitnehmerseite mit keinen sozialen Problemen zu rechnen. Die DPD (Schweiz) AG hat in diesem Zusammenhang mit dem Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages mit den Gewerkschaften Kommunikation und Transfair eine Vorreiterrolle eingenommen.  Die Absicherung des Service public sowie die Gewährleistung branchenüblicher Arbeitsbedingungen sind sozialpolitisch ausreichende und volkswirtschaftlich vertretbare Sicherungsmassnahmen beim Übergang zur vollständigen Liberalisierung. Arbeitsplätze hingegen, die kraft eines Monopols gegen die Märkte erhalten werden, kosten mehr, als der Markt hergibt. Sie müssen über Steuern und überhöhte Preise finanziert werden. Darunter leiden sowohl die Privatkunden wie auch die Wirtschaft, insbesondere die KMU.

Ausgliederung kosteninsiver Infrastruktur


Für Postdienstleister stellt sich vor allem in Bereichen mit sehr engmaschiger Verteilung – z.B. im Bereich „Business to Customer“ – die Frage der Investitionen in Verteilinfrastrukturen. Im Falle der Briefpost etwa verfügt die Schweizer Post über ein über viele Jahrzehnte gewachsenes und vom Steuerzahler und Kunden mitfinanziertes Poststellennetz. Sollen nun private Postdienstleister bei einer vollständigen Marktöffnung ihrerseits eigene Poststellennetze aufbauen? Wäre es volks- und betriebswirtschaftlich nicht viel kostengünstiger, das bestehende Poststellennetz aus der Schweizer Post zu lösen? Das gewachsene Poststellennetz könnte durch einen Regulator als eigenständige, unabhängig bewirtschaftete Infrastruktur allen Wettbewerbern – auch der Schweizer Post – gegen einen einheitlichen Tarif zur Verfügung gestellt werden. Eine solche Ausgliederung und Verfügbarmachung gewachsener, kostenintensiver Infrastruktur könnte im Postmarkt – etwa im Falle der grossen Verteilzentren – durchaus Sinn machen.  Solche Überlegungen sind Zukunftsmusik, die es aber weiterzuverfolgen gilt. In Zeiten knapper werdender Ressourcen und eines geforderten schonungsvollen Energieverbrauchs können wir uns unnütze Doppelspurigkeiten – gerade bei grossen Investitionen – immer weniger leisten. Ein Anfang wäre etwa die Nutzung der Postfächer der Schweizerischen Post durch private Postdienstleister zu Selbstkostenpreisen. Denn Preise, die über dem Selbstkostenpreis liegen, bedeuten eine Wettbewerbsverzerrung. Private Anbieter können hier nicht als Kunde der Schweizer Post betrachtet werden, stellt diese doch lediglich eine Infrastruktur zur Verfügung, die ihr von der Allgemeinheit zur Benutzung übertragen worden ist.  Wir sind in Sachen Liberalisierung noch hinter der EU zurück. Aber die Entwicklung und die politische Auseinandersetzung gehen für private Postdienstleister – und damit für die Kunden und die Arbeitnehmenden – in die richtige Richtung.

Zitiervorschlag: Georges Champoud (2007). Der private Postdienstleister braucht echten Wettbewerb. Die Volkswirtschaft, 01. Mai.