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Schweiz – Frankreich: Förderverfahren für gemeinsame Forschungsprojekte

Forschende aus Frankreich und der Schweiz arbeiten häufig zusammen. Seit 2014 bietet der Schweizerische Nationalfonds eine einfache Möglichkeit, solche Projekte zu fördern. Die Forschenden können Synergien nutzen und internationale Spitzenteams bilden.
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Frankreich und die Schweiz finanzieren gemeinsame Forschungsprojekte, beispielsweise für mehr Nachhaltigkeit in Berggebieten. Blick auf das Rhonetal. (Bild: Keystone)

Wer forschen will, braucht Geld. In vielen Ländern, so auch in der Schweiz, finanziert der Staat massgeblich die Forschung an Universitäten und anderen öffentlichen Institutionen. Ein Teil dieser Förderung erfolgt via Wettbewerbsverfahren durch nationale Organisationen. Beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) können Forschende aus der Schweiz ein Gesuch um Finanzierung einreichen. Die besten Projekte erhalten dann Förderung.

Solche nationalen Fördermechanismen sind jedoch in der Regel nicht auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit ausgerichtet. Wollen Forschende aus zwei verschiedenen Ländern ein gemeinsames Projekt durchführen, müssen sie das Gesuch bei ihrer jeweiligen nationalen Förderorganisation einreichen. Dieses wird zweimal geprüft, was sehr aufwendig ist. Und wenn eine der Förderorganisationen Ja sagt, die andere aber Nein, scheitert die Finanzierung, und die Zusammenarbeit ist nicht möglich.

Der Schweizerische Nationalfonds hat deshalb mit zahlreichen ausländischen Förderorganisationen ein sogenanntes Lead-Agency-Abkommen abgeschlossen. Seit 2014 gehört auch die französische Agence Nationale de Recherche (ANR) dazu. Das Abkommen vereinfacht die grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

Ein Gesuch genügt

Forschende aus der Schweiz und Frankreich müssen seitdem nur noch ein Fördergesuch für gemeinsame Projekte einreichen. Eine der beiden Förderorganisationen hat die Federführung: Sie beurteilt das Gesuch und trifft einen Entscheid. Die andere übernimmt den Förderentscheid und finanziert ihren nationalen Teil des Projekts. Dieses elegante Verfahren vereinfacht die Einreichung und reduziert den Aufwand für die Forschenden wie auch für die Förderorganisationen.

Für die Förderorganisationen zählen diese Projekte zum regulären Förderverfahren und zu den bestehenden Instrumenten. Dadurch entfallen zusätzliche Ausschreibungen und separate Budgets für die Finanzierung der gemeinsamen Projekte. Das Lead-Agency-Verfahren basiert auf dem Vertrauen in die Partnerorganisation und ist daher die fortschrittlichste Form der bilateralen Zusammenarbeit.

Seit 2014 hat das Abkommen mit Frankreich 154 gemeinsame Forschungsprojekte ermöglicht. Daran beteiligten sich 26 schweizerische Forschungsinstitutionen und 85 französische Institutionen. 45 Prozent der finanzierten Projekte stammen aus dem Mint-Bereich, 35 Prozent aus den Lebenswissenschaften und 12 Prozent aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. 8 Prozent sind interdisziplinäre Projekte.

Von Nachhaltigkeit in Berggebieten bis zur Biomechanik des Herzens

Ein Beispiel für ein solches Projekt ist Mtn Paths der ETH Zürich und des Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS). Das Projekt will herausfinden, wie sich mehr Nachhaltigkeit in den südlichen französischen Alpen und im Zentralwallis erreichen lässt. Nachhaltigkeit in Berggebieten umfasst die Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und bezieht die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit ein. Sie basiert auf den vorhandenen lokalen natürlichen und menschlichen Ressourcen.

Wie reagieren die Banken auf die steigenden Kosten der Regulierung? In einem weiteren Projekt untersuchen die Universität Zürich und die Universität Paris Nanterre diese Frage am Beispiel der Derivatemärkte. Derivate sind Finanzinstrumente, die ihren Wert von einem Basiswert wie Aktien oder Währungen ableiten. Im Jahr 2009 wurde auf dem G20-Gipfel eine Agenda für eine umfassende Überarbeitung der Derivatemärkte festgelegt. Das schweizerisch-französische Projekt bewertet die beabsichtigten und unbeabsichtigten Folgen dieser Agenda und zeigt auf, wie sich die Struktur und die Geografie der Derivatemärkte seit 2009 verändert haben. Ausserdem wollen die Forschenden neu entstehende Risiken erkennen, die mit diesen Veränderungen einhergehen.

Das Projekt Liveheart des Forschungsinstituts Idiap und des elsässischen Instituts für Genetik und Molekular- und Zellbiologie beschäftigt sich mit dem menschlichen Herzen. Beim erwachsenen Menschen können Erkrankungen oder Infarkte die Fähigkeit des Herzens, sich zusammenzuziehen, und die zelluläre Zusammensetzung des Herzens abrupt verändern. Wie sich mechanische Kräfte auf Herzzellen im Embryo und auf regenerierendes Gewebe auswirken, wird im Projekt intensiv untersucht. Die Forschenden wollen hochauflösende Zeitrafferaufnahmen und optische Ansätze entwickeln, um die biomechanischen Eigenschaften des Herzens besser zu erfassen.

Nach zehn Jahren der Zusammenarbeit ziehen der SNF und seine französische Partnerorganisation ANR eine überaus positive Zwischenbilanz. Das Lead-Agency-Verfahren stösst auf eine grosse Resonanz bei den Forschenden und wird auch in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung der grenzüberschreitenden Forschung leisten.

Zitiervorschlag: Schenker, Elisabeth (2025). Schweiz – Frankreich: Förderverfahren für gemeinsame Forschungsprojekte. Die Volkswirtschaft, 13. Mai.