Die Energiestrategie 2050 ist unausweichlich
Die Ereignisse in Fukushima und die darauf folgenden Beschlüsse von Bundesrat und Parlament haben den Bedarf nach Leitlinien bestätigt und deren Zielrichtung genau vorgegeben. So hat die EnDK am 4. Mai 2012 ihre Energiepolitischen Leitlinien verabschiedet. Die Energiepolitik der Kantone stützt sich nach diesen Leitlinien auf folgende fünf Grundsätze ab:
- Beachtung des Klima- und Ressourcenschutzes;
- effiziente Nutzung der Energie sowie optimale Ausschöpfung des Potenzials an erneuerbaren Energien;
- Gewährleistung der Energieversorgung;
- Beachtung der Eigenverantwortlichkeit und Subsidiarität;
- Beachtung von Investitions-Lebenszyklen und Finanzierungsmöglichkeiten von Strukturerneuerungen.
Diese Grundsätze zeigen, dass die Energiepolitik komplex ist. Ein überstürztes Vorgehen wäre deshalb falsch. Es braucht eine etappenweise Realisierung der Strategie, um Unter- und Übersteuerungen mit ihren negativen Folgen zu vermeiden oder zumindest zu begrenzen. Die Energiedirektoren sind sich in der Grundfrage einig, dass im Zeithorizont 2050 aus heutiger Sicht der Ersatz der Kernkraft durch Kernkraft politisch wenig wahrscheinlich ist. Um trotzdem die Versorgung mit Energie sicherzustellen und Fortschritte in der Klimapolitik zu erzielen, war die rechtzeitige strategische Anpassung der Energiepolitik durch den Bund erforderlich. Im Grundsatz ist die Energiestrategie 2050 deshalb bei den Energiedirektoren unbestritten. Diskussionen wird es jedoch über deren konkrete Ausgestaltung, die Etappierung sowie der Einschätzung des realistischen Fortschrittstempos geben.
Tragende Rolle der Kantone im Gebäudebereich…
Mit der Erklärung vom 2. September 2011 haben die Energiedirektoren den Startschuss für die Revision der sogenannten Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn) gegeben, die auf neue ambitionierte Ziele ausgerichtet werden sollen. Die Revision wird bis Ende 2014 abgeschlossen sein, so dass die Mustervorschriften bis spätestens 2020 ins kantonale Recht übernommen werden können. Der Prozess ist anspruchsvoll und muss sicherstellen, dass der Vollzug trotz der hochgesteckten Ziele machbar bleibt. Die Hauseigentümer sollen zudem durch Information und Beratung sowie mit Hilfe des Gebäudeenergieausweises der Kantone (GEAK) in ihren Bemühungen unterstützt werden, ihre Gebäude energetisch aufzurüsten. Dabei ist die Komplexität von energetischen Sanierungen, die vom Hauseigentümer zuerst einmal eher kritisch wahrgenommen werden, nicht zu unterschätzen. Fördermassnahmen im Gebäudebereich sind also sorgfältig zu bestimmen, wenn sie die grösstmögliche Wirkung zur Zielerreichung leisten sollen.
… in der Raumordnungspolitik…
Die Energiedirektoren sprechen sich auch für eine stärkere Rolle der Raumplanung in der Erschliessung des Potenzials an erneuerbaren Energien aus. Über die Sachplanung des Bundes und die kantonale Richtplanung soll die Ausscheidung von Energieproduktionsgebieten – z.B. Windkraft, Wasserkraft, grossflächige Solaranlagen – oder der notwendige Ausbau der Netzinfrastrukturen mit anderen raumwirksamen Massnahmen koordiniert werden. Zusammen mit der Straffung von Bewilligungsverfahren soll so eine rasche Ausschöpfung des Potenzials an erneuerbaren Energien ermöglicht und der Netzausbau erleichtert werden.
… und für die Versorgungssicherheit
Die Versorgungssicherheit ist von leistungsfähigen Versorgungsinfrastrukturen abhängig. Das Stromnetz ist ein massgebliches Rückgrat der Energieversorgung in der Schweiz. Dieses Stromnetz, auf das sich die Umsetzung der Energiestrategie abstützt, weist jedoch einen Nachholbedarf im Unterhalt aus. Die Kantone setzen sich deshalb
dafür ein, die regulatorischen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass sich Investitionen in das Netz und die Netzerweiterung lohnen.
Zitiervorschlag: Vonlanthen, Beat (2012). Die Energiestrategie 2050 ist unausweichlich. Die Volkswirtschaft, 01. November.