Immer mehr Organisationen in der Schweiz setzen auf Jobsharing
Führen im Zweierteam: Oft sind es im Jobsharing zwei Frauen, die sich eine Stelle teilen. (Bild: Keystone)
Um Arbeitskräfte zu gewinnen und zu binden, sind Arbeitgeber zunehmend auf innovative Konzepte der Arbeitsgestaltung angewiesen. Ein Beispiel dafür ist das Jobsharing: Zwei Personen teilen sich eine Stelle und die damit verbundenen Aufgaben. Dieses Modell lässt sich auch bei Führungspositionen anwenden, wie Porträts von Führungsduos auf Unternehmenswebsites und in der Tagespresse zeigen. Das nennt man Topsharing.
Durch das Teilen einer (Führungs-)Position haben Arbeitskräfte Zeit für andere Tätigkeiten wie etwa die Betreuung von Familienangehörigen, Freiwilligenarbeit oder eine andere berufliche Tätigkeit. So lässt sich Teilzeit auch in Positionen ermöglichen, die sich nur schwer in reduzierter Arbeitszeit ausführen lassen.
Organisationen aus drei Sprachregionen befragt
Jobsharing ist kein neues Konzept. Bereits vor zehn Jahren setzten Organisationen aus verschiedenen Branchen dieses Modell um, wie die Studie von Amstutz und Jochem (2014) im Auftrag vom Verein Part-Time Optimisation (PTO)[1] belegt.
Um mehr über die aktuelle Verbreitung und Umsetzung zu erfahren, führte das Institut für Personalmanagement und Organisation der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) eine erneute Erhebung durch. Dafür wurde eine nach Organisationsgrösse und Sprachregion geschichtete Zufallsstichprobe von 5000 Organisationen mit mehr als zehn Mitarbeitenden per Brief angeschrieben und zu einer Onlinebefragung eingeladen. Insgesamt nahmen 1064 Organisationen aus dem privaten, dem öffentlichen und dem Non-Profit-Sektor teil.
Topsharing immer beliebter
Mehr als ein Viertel (28 Prozent) aller befragten Organisationen setzt Jobsharing um. Am häufigsten kommt dieses Modell in grossen Organisationen und im Non-Profit-Sektor vor. Jobsharing bei Mitarbeitenden ohne Führungsfunktion ist häufiger als Topsharing. Letzteres wird am häufigsten in der Deutschschweiz und in grossen Organisationen angewendet. In den letzten zehn Jahren hat Jobsharing zugenommen. Gut 35 Prozent der Organisationen nutzen dieses Modell seit mehr als zehn Jahren, mehr als die Hälfte seit weniger als zehn Jahren.
Die Anzahl der Jobsharing-Paare variiert stark. In vielen Organisationen arbeitet nur ein Paar in diesem Modell, während andere viele Duos beschäftigen. Im Durchschnitt beschäftigen die Organisationen vier Paare im Topsharing. Über alle Jobsharing-Paare sind Frau/Frau-Paare weiterhin am häufigsten, die Mann/Mann-Kombination am seltensten. Insgesamt zeigt sich, dass die Anzahl der Jobsharing-Paare mit und ohne Führungsaufgaben in den letzten zehn Jahren gleich geblieben ist oder zugenommen hat (siehe Abbildung).
Die Anzahl der Jobsharing-Paare hat in den letzten zehn Jahren zugenommen (2014-2024)
INTERAKTIVE GRAFIK
Fehlende Kenntnisse zur Umsetzung
72 Prozent der befragten Organisationen wenden Jobsharing nicht an. Das scheint jedoch nicht daran zu liegen, dass sich Organisationen mit und ohne dieses Modell in ihren organisationalen Rahmenbedingungen unterscheiden. So sind sie gleichermassen vom Fachkräftemangel betroffen und unterscheiden sich nicht hinsichtlich ihrer Massnahmen zur Geschlechtergleichstellung wie etwa der Förderung von Frauen in Führungspositionen oder der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Die Hauptgründe für das Fehlen von Jobsharing haben sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert. An erster Stelle werden – wie vor zehn Jahren – die fehlenden Anfragen respektive Bewerbungen für Jobsharing genannt. Es folgen die Schwierigkeiten, Funktionen zu teilen. Nur sehr wenige Organisationen geben an, dass Stakeholder dieses Arbeitsmodell ablehnen. Es scheint also einerseits vor allem an der mangelnden Aufklärung der Beschäftigten über die Vorteile von Job- und Topsharing zu liegen. Andererseits fehlt vielen Organisationen das Wissen, wie sich Stellen teilen lassen oder wie die Jobsharing-Paare unterstützt werden können. Dies hindert sie daran, dieses Modell einzuführen.
Begleitung als Schlüssel
Die Praxis zeigt, dass eine gezielte Begleitung der Unternehmen bei der Einführung von Job- und Topsharing-Modellen entscheidend bleibt. In den ersten drei Monaten erhalten die Unternehmen durchschnittlich zwei bis drei Coachingsitzungen pro Paar, um eine optimale Arbeitsstruktur zu etablieren. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist die effiziente Kommunikation innerhalb des Paars. Durch die Digitalisierung in den letzten Jahren ist vieles einfacher geworden: Mit synchronisierten Dokumenten können sich Paare schneller informieren und effizienter mit ihrem Team kommunizieren. Dadurch nimmt der Bedarf an physischem Austausch zunehmend ab.
Für ein erfolgreiches Job- oder Topsharing sind zudem bestimmte Kernkompetenzen unverzichtbar. Besonders wichtig sind Flexibilität, Offenheit, Vertrauen, gemeinsame Werte, Grosszügigkeit, kritisches Urteilsvermögen und die Fähigkeit zur Selbstreflexion sowie zum konstruktiven Umgang mit Konflikten.
Eine der aktuellen Herausforderungen besteht darin, das Know-how jener Generation, die den Arbeitsmarkt verlässt, zu bewahren und weiterzugeben. Intergenerationales Jobsharing, bei dem zwei Personen mit mindestens zehn Jahren Altersunterschied eine Stelle teilen, ermöglicht diesen Wissensaustausch. Bereits mehr als die Hälfte der befragten Organisationen setzt dieses Modell bei Funktionen mit und ohne Führungsaufgaben ein und fördert so den Wissenstransfer zwischen den Generationen.
- PTO setzt sich für Jobsharing in der Schweiz ein und informiert und berät Arbeitnehmende und Arbeitgeber über die Chancen und Herausforderungen dieses Arbeitsmodells. []
Literaturverzeichnis
- Amstutz, N., und A. Jochem (2014). Teilzeitarbeit und Jobsharing in der Schweiz. Ergebnisbericht. Fachhochschule Nordwestschweiz.
- Jansen, A. und E. Hunn (2024). Job- und Topsharing in der Schweiz. Eine Bestandsaufnahme in kleinen, mittleren und grossen Organisationen in drei Sprachregionen. Studie im Auftrag vom Verein PTO (Part-time Optimisation). Hochschule für Wirtschaft FHNW.
Bibliographie
- Amstutz, N., und A. Jochem (2014). Teilzeitarbeit und Jobsharing in der Schweiz. Ergebnisbericht. Fachhochschule Nordwestschweiz.
- Jansen, A. und E. Hunn (2024). Job- und Topsharing in der Schweiz. Eine Bestandsaufnahme in kleinen, mittleren und grossen Organisationen in drei Sprachregionen. Studie im Auftrag vom Verein PTO (Part-time Optimisation). Hochschule für Wirtschaft FHNW.
Zitiervorschlag: Jansen, Anne; Krone-Germann, Irenka (2025). Immer mehr Organisationen in der Schweiz setzen auf Jobsharing. Die Volkswirtschaft, 07. Januar.