
Bei einer Investitionsprüfung würden ausländische Übernahmen von Unternehmen in besonders kritischen Bereichen wie der Stromproduktion geprüft. Bau einer Windkraftanlage in Sainte-Croix VD. (Bild: Keystone)
Ökonomen sind sich weitgehend einig: Ausländische Investitionen sind aus volkswirtschaftlicher Sicht positiv. Sie helfen Unternehmen bei der Finanzierung und öffnen Türen zu neuen Technologien, Know-how und Märkten. Dadurch tragen sie zur Diversifizierung der Wirtschaft und zur Versorgungssicherheit bei. Besonders für kleine Länder sind ausländische Investitionen bedeutend für Wohlstand und Beschäftigung.[1]
Ausländische Investitionen werden aber vermehrt auch kritisch gesehen. Im Fokus stehen insbesondere Investoren aus autoritären Staaten. Vielerorts wird befürchtet, dass gerade solche Investoren eher destabilisierende oder geopolitische Absichten verfolgen als unternehmerische, wodurch die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit gefährdet werden könnten.
Infolgedessen führten in den letzten 10 bis 15 Jahren immer mehr Länder einen Prüfmechanismus ein, um in solchen Fällen gegen ausländische Investoren vorzugehen. Heute haben über 80 Prozent der Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) einen derartigen Mechanismus. In der Schweiz beauftragte das Parlament den Bundesrat im Jahr 2020, gesetzliche Grundlagen für eine Investitionsprüfung auszuarbeiten.
Schädliche Wirkungen minimieren
Der Bundesrat stand einem solchen Vorhaben stets kritisch gegenüber. Denn eine Investitionsprüfung verursacht auch hohe Kosten. Die Rechtsunsicherheit erhöht sich. So kann bei einem Investor Unsicherheit bestehen, ob eine Übernahme genehmigungspflichtig ist. Auch besteht bis zum Abschluss eines allfälligen Genehmigungsverfahrens Ungewissheit, ob die Übernahme genehmigt wird. Bei einer Missachtung der Pflichten können ausserdem hohe Sanktionen drohen. Durch eine Investitionsprüfung wird die Übernahme zudem administrativ aufwendiger und zeitlich allenfalls stark in die Länge gezogen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass dadurch ausländische Investitionen in die jeweiligen Sektoren um bis zu 16 Prozent zurückgehen können.[2]
Solche Nebeneffekte treffen auch erwünschte Investitionen – also die grosse Mehrheit. Um die negativen Folgen auf ein Minimum zu reduzieren, sollte eine Investitionsprüfung möglichst zielgenau sein. Denn viele Investitionen sind von vornherein unproblematisch und können ausgeklammert werden, um überflüssige Prüfungen zu vermeiden. Gleichzeitig ist es wichtig, Rechtsklarheit zu schaffen. Ein klar abgegrenzter Geltungsbereich und schnelle Verfahren können Unsicherheiten reduzieren.
Zu beachten ist auch, dass eine Investitionsprüfung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen vereinbar sein muss. Denn grundsätzlich gilt das Gebot der Gleichbehandlung aller Investoren. Eine Investitionsprüfung darf daher nur auf den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit abzielen. Wirtschaftliche Ziele, wie etwa Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern, können nicht verfolgt werden.
Investoren werden gefordert sein
Falls in der Schweiz eine Investitionsprüfung eingeführt wird, müsste eine Investorin vor einer Übernahme einige Punkte klären. Erstens muss sie prüfen, ob das inländische Unternehmen, das sie übernehmen will, in einem besonders kritischen Bereich tätig ist. Dazu gehören unter anderem Rüstungs- und Dual‑Use-Güter, Stromnetze und ‑produktion, Wasserversorgung sowie Gesundheits‑, Telekom‑ und Transportinfrastrukturen.
Zweitens muss sie abklären, ob sie als ausländisch gilt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn es sich bei der Investorin um ein Unternehmen handelt, dessen Hauptverwaltung – also der Ort, von wo aus die zentrale Geschäftstätigkeit erfolgt – ausserhalb der Schweiz liegt. Ebenfalls als ausländischer Investor gelten beispielsweise ein ausländisches staatliches Organ oder eine Person, die für ein solches handelt.
Drittens muss sich die Investorin vergewissern, ob es sich um eine Übernahme gemäss der Definition des Gesetzes handelt. Entscheidend ist, ob die Kontrolle über ein Unternehmen erlangt wird, beispielsweise durch Fusion, den Erwerb einer Beteiligung oder einen Vertrag. Auch eine indirekte Kontrolle, zum Beispiel über Tochterunternehmen, würde darunterfallen.
Falls alle drei Kriterien erfüllt sind, muss die Investorin vor der Übernahme eines Unternehmens ein Gesuch beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) einreichen. Das Seco entscheidet zusammen mit dem Staatssekretariat des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und dem Staatssekretariat für Sicherheitspolitik sowie allenfalls weiteren Ämtern innerhalb eines Monats, ob die Übernahme direkt genehmigt wird.
Die Investorin erhält somit schnell Klarheit, sofern es keine Bedenken gibt, und sie kann die Übernahme vollziehen. Wenn jedoch Zweifel bestehen, wird ein Prüfverfahren eingeleitet, das bis zu drei Monate dauern kann. Danach wird die Übernahme entweder mit oder ohne Auflagen genehmigt oder untersagt.
Ausserdem sollen inländische Unternehmen einen verbindlichen Vorbescheid beantragen können, um zu klären, ob sie vom Geltungsbereich erfasst sind. Dieser Vorbescheid richtet sich primär an Unternehmen, die einen Verkauf beabsichtigen, aber noch keinen Käufer haben.
Schwierige Fragen für Behörden
Bei der Prüfung der einzelnen Fälle werden sodann die Behörden vor grosse Herausforderungen gestellt. Denn es reicht nicht, dass die Investorin aus einem bestimmten Land stammt oder unter staatlicher Kontrolle steht, um eine Übernahme zu untersagen. Jeder Fall muss individuell beurteilt werden.
Eine Übernahme wird genehmigt, wenn kein Grund zur Annahme besteht, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wird. Hierfür müssen die Behörden einerseits abschätzen, ob eine Investorin möglicherweise böse Absichten verfolgt. Andererseits müssen sie den möglichen Schaden einschätzen: Was passiert zum Beispiel, wenn der Investor die Leistungen des übernommenen Unternehmens absichtlich einstellt oder wenn er durch die Übernahme Zugang zu sicherheitsrelevanten Informationen erhält? Diese Einschätzungen sind schwierig, zumal die Behörden unter Zeitdruck stehen werden und es nie möglich sein wird, alle Fragen mit absoluter Sicherheit zu beantworten.
Die Gesetzesvorlage wird derzeit im Parlament beraten.[3] Der Ständerat befasst sich voraussichtlich in der Frühjahrssession 2025 damit. Seine vorberatende Kommission lehnte das Eintreten auf die Vorlage ab. Demgegenüber nahm der Nationalrat im September 2024 die Vorlage klar an und erweiterte den Geltungsbereich gegenüber der Vorlage des Bundesrats deutlich. So soll die Investitionsprüfung für alle ausländischen Investoren gelten, nicht nur für solche unter staatlicher Kontrolle.
Falls sich die Räte darauf einigen, eine Investitionsprüfung einzuführen, müsste das Seco ein Team für den Vollzug aufbauen. Zudem wird für das Inkrafttreten eine Ausführungsverordnung ausgearbeitet werden müssen. Ein Inkrafttreten wäre frühestens im Verlauf des Jahres 2026 möglich.
- Siehe Artikel von Fischer und Pochon (2025) in diesem Schwerpunkt sowie Bundesrat (2019). []
- Siehe Eichenauer und Wang (2024) oder Godsell, Lel und Miller (2023). []
- Siehe Investitionsprüfgesetz auf der Website des Parlaments. []
Literaturverzeichnis
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Bundesrat (2019). Grenzüberschreitende Investitionen und Investitionskontrollen in Erfüllung der Postulate 18.3376 Bischof und 18.3233 Stöckli. Bericht.
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Eichenauer, V. Z. und F. Wang (2024). Mild Deglobalization: Foreign Investment Screening and Cross-Border Investment. Kiel Working Paper No. 2265, März 2024.
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Fischer, S. und V. Pochon (2025). Schweizer Wirtschaft profitiert stark von Direktinvestitionen. Die Volkswirtschaft. 11.3.
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Godsell, D., Lel, U. und D. Miller (2023). U.S. National Security and De-globalization. Journal of International Business Studies (2023) 54, 1471–1494.
Bibliographie
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Bundesrat (2019). Grenzüberschreitende Investitionen und Investitionskontrollen in Erfüllung der Postulate 18.3376 Bischof und 18.3233 Stöckli. Bericht.
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Eichenauer, V. Z. und F. Wang (2024). Mild Deglobalization: Foreign Investment Screening and Cross-Border Investment. Kiel Working Paper No. 2265, März 2024.
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Fischer, S. und V. Pochon (2025). Schweizer Wirtschaft profitiert stark von Direktinvestitionen. Die Volkswirtschaft. 11.3.
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Godsell, D., Lel, U. und D. Miller (2023). U.S. National Security and De-globalization. Journal of International Business Studies (2023) 54, 1471–1494.
Zitiervorschlag: Zahner, Marc; Indergand, Ronald (2025). Eine mögliche Investitionsprüfung für die Schweiz. Die Volkswirtschaft, 11. März.