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Zölle dämpfen Konsumentenstimmung

Die US-Handelspolitik wird in der internationalen Wirtschaftsentwicklung Spuren hinterlassen. Entsprechend haben sich die Indikatoren deutlich verschlechtert. Auch die Konsumentenstimmung trübte sich im April deutlich ein. Doch die Talsohle könnte bereits durchschritten sein.
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Blicken Konsumierende pessimistisch in die Zukunft, halten sie sich mit grösseren Anschaffungen zurück. Verpackte Küchenmaschine des US-amerikanischen Herstellers KitchenAid. (Bild: Keystone)

Anfang April kündigten die USA zusätzliche reziproke Importzölle an.[1] Eine Massnahme, die weltweit wirtschaftliche Verunsicherung auslöste. Auch in der Schweiz schlugen sich diese Entwicklungen unmittelbar in den Stimmungsindikatoren nieder: Unternehmen beurteilten ihre Geschäftslage, ihre Auftragslage und ihre Beschäftigungsperspektiven deutlich pessimistischer. Entsprechend düster klang Anfang Mai die Medienberichterstattung zur Stimmungslage.

Auch die vom Staatssekretariat für Wirtschaft monatlich publizierte Konsumentenstimmung spiegelt diese Entwicklung wider: Sie fiel deutlich unter das Niveau des Vorjahres, wobei der Teilindex zur erwarteten Wirtschaftsentwicklung regelrecht einbrach (siehe Abbildung 1).

Die Umfrage der Konsumentenstimmung beinhaltet insgesamt 14 Fragen zu verschiedenen Aspekten der Wirtschaftsentwicklung und ist aus zwei Gründen von grosser Relevanz für die Konjunkturbeobachtung. Erstens machen die Konsumausgaben einen grossen Teil der wirtschaftlichen Gesamtaktivität aus: Wenn Haushalte pessimistisch in die Zukunft blicken, halten sie sich mit grösseren Ausgaben eher zurück. Das kann die Konjunkturentwicklung bremsen. Zweitens zeigt sich, dass die Einschätzungen der Konsumentinnen und Konsumenten generell informativ bezüglich der Konjunktur in naher Zukunft sind. So zählt die erwartete Wirtschaftsentwicklung zu den Indikatoren, welche eine hohe Korrelation mit dem BIP-Wachstum in naher Zukunft haben und deswegen z. B. im Sammelindikator Konjunkturstimmung Schweiz berücksichtigt werden.[2]

Abb. 1: Die Konsumentenstimmung trübt sich im April 2025 ein

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Anmerkung: Standardisiert, Mittelwert ab 2023 = 0.
Quelle: Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich / Staatssekretariat für Wirtschaft / UBS: Procure / Die Volkswirtschaft

Talfahrt mit Wendepunkt

Naturgemäss können Monatsdurchschnitte kurzfristige Entwicklungen nicht direkt abbilden. Ist die Stimmung im April stetig gesunken, oder gab es bereits Anzeichen einer Erholung? Gerade in unsicheren Zeiten ist diese Unterscheidung für die Konjunkturanalyse besonders relevant.

Anders als klassische Monatsumfragen wird die Konsumentenstimmung seit Anfang 2023 kontinuierlich über alle Kalenderwochen hinweg erhoben.[3] Dabei ist die Umfrage so konzipiert, dass die Stichprobe ausreichend gross für zuverlässige Aussagen auf Wochenfrequenz ist.[4] Die wöchentlich erhobenen Daten erlauben eine detailliertere zeitliche Einordnung der Stimmungslage.

Die Auswertung zeigt: Der Tiefpunkt beim Index der Konsumentenstimmung und beim Teilindex zur erwarteten Wirtschaftsentwicklung wurde bereits in Kalenderwoche 15 (7. bis 13. April) erreicht (siehe Abbildung 2). Die stärksten Rückgänge fielen augenscheinlich mit der US-Zollpolitik zusammen: in Kalenderwoche 6 nach der Einführung von Zöllen auf Importe aus Kanada und Mexiko und in Kalenderwoche 14 nach der Ankündigung reziproker Zölle. Die erwartete Wirtschaftsentwicklung erreichte den niedrigsten Wert seit Beginn der wöchentlichen Erhebung Anfang 2023.

Abb. 2: Wochendaten der Konsumentenstimmung zeigen eine Erholung ab Mitte April 2025

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Quelle: Staatssekretariat für Wirtschaft / Die Volkswirtschaft

Erholung nach Zollverschiebung

Am 10. April (Kalenderwoche 15) kündigten die USA eine 90-tägige Aussetzung eines Teils der geplanten Zollerhöhungen an. Bereits in Kalenderwoche 16 setzte in der Schweiz eine merkliche Stimmungsverbesserung bei den Haushalten ein, sowohl beim Teilindex zur erwarteten Wirtschaftsentwicklung als auch beim Gesamtindex. Entsprechend fiel die Konsumentenstimmung für den Gesamtmonat Mai wieder höher aus. Ob sich der positive Trend verstetigt oder ob handelspolitische Spannungen erneut auf die Stimmung drücken, zeigt sich in den kommenden Wochen und Monaten.

  1. Dieser Artikel basiert auf dem Exkurs «Konsumentenstimmung – auf Wochenfrequenz steigt sie bereits wieder an» in den «Konjunkturtendenzen» Sommer 2025 (siehe Kasten). []
  2. Siehe die Website des Staatssekretariats für Wirtschaft. (Seco) []
  3. Siehe auch den Artikel von Kemeny, F., Kyriacou, L. und Widmer S. (2024). Konsumentenstimmung: Jeden Monat neu. Die Volkswirtschaft, 11. März. []
  4. Weiterführende methodische Informationen stehen auf der Website des Seco unter «Dokumente» zur Verfügung. []

Zitiervorschlag: Kemeny, Felicitas; Kyriacou, Lucas (2025). Zölle dämpfen Konsumentenstimmung. Die Volkswirtschaft, 16. Juni.

«Konjunkturtendenzen» Sommer 2025

Wirtschaftslage Schweiz – Im 1. Quartal 2025 ist die Schweizer Wirtschaft deutlich überdurchschnittlich gewachsen. Getragen wurde das Wachstum im Wesentlichen von den Dienstleistungen sowie der chemisch-pharmazeutischen Industrie, mutmasslich auch dank Vorzieheffekten im Zusammenhang mit der US-Zollpolitik.

Konjunkturprognose – Die Expertengruppe Konjunkturprognosen des Bundes senkt ihre Prognose für das Wachstum der Schweizer Wirtschaft. Im Jahr 2025 dürfte das Sportevent-bereinigte BIP um 1,3% wachsen, gefolgt von 1,2% im Jahr 2026. Damit würde die Schweizer Wirtschaft in beiden Jahren deutlich unterdurchschnittlich wachsen. Diese Prognose basiert auf der Annahme, dass eine weitere Eskalation des internationalen Handelskonflikts ausbleibt.

Szenarien – Aufgrund der grossen Unsicherheit ergänzt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Prognose der Expertengruppe mit zwei Alternativszenarien.

Weltwirtschaft – Im 1. Quartal hat sich das Wachstum der Weltwirtschaft abgeschwächt, mit grossen regionalen Unterschieden. Global wurde die Inflation seit Februar zunehmend durch tiefere Erdölpreise entlastet. Bei der Inflation und bei der Geldpolitik bleibt aber eine grosse Heterogenität zwischen den Währungsräumen bestehen. An den Aktienmärkten kam es im April angesichts der gestiegenen Unsicherheit zu starken Schwankungen. Der Schweizer Franken hat deutlich aufgewertet.

Exkurs: Konsumentenstimmung – auf Wochenfrequenz steigt sie bereits wieder an – Nachdem die USA Anfang April zusätzliche Importzölle angekündigt hatten, trübte sich die Konsumentenstimmung deutlich ein. Nach Ankündigung der Aussetzung der höheren Zölle setzte ab Kalenderwoche 16 eine ebenso zügige Erholung ein.

Spezialthema: Wie beeinflusst die Demografie das Arbeitsangebot? – Der Anteil der Bevölkerung im Erwerbsalter in der Schweiz sinkt aufgrund der demografischen Entwicklung, was bereits bestehende Engpässe auf dem Arbeitsmarkt verschärft. Die Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials gewinnt dadurch zunehmend an Bedeutung. Allerdings liegt die Arbeitspartizipation im internationalen Vergleich bereits auf hohem Niveau, und deren Steigerung stösst zunehmend an Grenzen.