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Arbeitsmarkt Profifussball: Dynamisch, mobil und transparent

In kaum einer anderen Branche ist die Leistung der Arbeitnehmenden so transparent. Befristete Verträge sind der Standard – zweimal jährlich sind Wechsel möglich.
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250 Millionen Franken: So viel bezahlte Paris Saint-Germain 2017 für den Fussballer Neymar – umgerechnet zum damaligen Eurokurs. Die Rekordablösesumme im Frauenfussball beträgt knapp 1 Million Franken. (Bild: Keystone)

Der europäische Profifussball ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte. Im Jahr 2023 stiegen die Einnahmen der Topligen im Männerfussball gegenüber dem Vorjahr um knapp 3 Milliarden auf 26,8 Milliarden Euro.[1] Das ist ein Wachstum von gut 12 Prozent.

Für den Grossteil dieser Einnahmen ist eine vergleichsweise geringe Zahl von Arbeitskräften verantwortlich. Einen wesentlichen Anteil am Umsatz der Clubs haben die Spieler, welche zwar oft nur 25 bis 30 Personen des gesamten Clubpersonals, aber durchschnittlich 47 Prozent der gesamten Einnahmen ausmachen.[2] Sie sind der Grund, weshalb die Zuschauer ins Stadion kommen, Fanartikel kaufen oder Medienanbieter hohe Summen für Übertragungsrechte zahlen.

Hohe Transparenz, wenig Arbeitsplatzsicherheit

Eine Besonderheit ist der Profifussball auch als Arbeitsmarkt. Kaum ein anderer Arbeitsmarkt ist so transparent: Spielerkarrieren, Transferbewegungen, Marktwerte und individuelle Leistungsdaten sind öffentlich dokumentiert und ermöglichen detaillierte Analysen.

Auch die Arbeitsplatzsicherheit ist geringer als in anderen Branchen. Befristete Verträge sind der Standard. Spielerwechsel, im Fussball als Transfers bezeichnet, erfolgen innerhalb klar definierter Zeitfenster: des Wintertransferfensters zur Saisonhälfte und des Sommertransferfensters nach Saisonende. Im Fall eines laufenden Vertrags wird in der Regel eine Ablösesumme zwischen den Clubs vereinbart, andernfalls erfolgt der Wechsel ablösefrei.

Der Fussball-Arbeitsmarkt weist damit Parallelen zu anderen wettbewerbsintensiven Märkten auf, etwa dem Finanz- oder dem Technologiesektor. In allen Fällen handelt es sich um sogenannte High-Stakes-Märkte, in denen vergleichsweise wenige Stellen mit sehr hohen Anforderungen und potenziell grossem Ertrag existieren. Die besten Talente erzielen entsprechend hohe Vergütungen, während ein Grossteil der Beschäftigten deutlich niedrigere Einkommen erhält. Eine ausgeprägte Leistungs- und Ergebnisorientierung ist typisch für diese Märkte.

Hohe Arbeitsmobilität

Gleichzeitig ist der Fussball-Arbeitsmarkt, wie andere Arbeitsmärkte auch, von institutionellen Rahmenbedingungen geprägt. Innerhalb der EU sowie im EWR-Raum und in der Schweiz profitieren Spielerinnen und Spieler seit dem Bosman-Urteil von 1995 beziehungsweise seit dem Inkrafttreten der bilateralen Abkommen im Jahr 2002 von der Personenfreizügigkeit, wie sie auch für andere Arbeitnehmer gilt. Für Talente aus Drittstaaten bestehen jedoch weiterhin Zugangsbeschränkungen, etwa durch Kontingente für Nicht-EU-Spieler.

Die Personenfreizügigkeit hat die Arbeitsmobilität erhöht und die Wettbewerbsintensität zwischen den Clubs weiter verschärft. Spieler durchlaufen in ihrer Karriere meist mehrere Stationen und wechseln häufig auch ins Ausland – ein Zeichen für die globale Reichweite und Dynamik des Markts.

Diese Mobilität ermöglicht es Vereinen, gezielt Talente anzuwerben und ihre Kader strategisch zu gestalten. Die Profiklubs konkurrieren laufend um die besten Arbeitskräfte und sind bereit, für Topspieler neunstellige Transfersummen zu bezahlen, um sie aus bestehenden Arbeitsverträgen herauszukaufen.

Deutlich mehr Geld im Männerfussball

Während der professionelle Männerfussball ein etabliertes Milliardengeschäft mit langjähriger Tradition und bekannter Markenreputation ist, gleicht der professionelle Frauenfussball bislang eher einem attraktiven Start-up, das in vielerlei Hinsicht noch in den Kinderschuhen steckt. Am deutlichsten zeigt sich das bei einem Vergleich der Transfermärkte: Die bislang höchste Ablösesumme im Männerfussball liegt – umgerechnet zum damaligen Eurokurs – bei rund 250 Millionen Franken. So viel bezahlte Paris Saint-Germain im August 2017 an den FC Barcelona für den Wechsel des brasilianischen Fussballers Neymar. Im Frauenfussball liegt die Rekordablösesumme bei lediglich knapp 1 Million Franken. Diesen Betrag bezahlte der Londoner Verein FC Chelsea 2025 für die US-Verteidigerin Naomi Girma.

Aus ökonomischer Sicht spiegeln diese Ablösesummen den erwarteten sportlichen und kommerziellen Wert eines Spielers wider. Sie stellen eine Investition in vertraglich gebundenes Humankapital dar – oft mit spekulativem Charakter.

Dass der Transfermarkt im Frauenfussball noch wenig monetarisiert ist, zeigt ein Vergleich der fünf wichtigsten europäischen Männer- und Frauenligen: England, Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich.[3] Von der Saison 2018/19 bis zur Saison 2021/22 wurden in diesen Ligen insgesamt 2564 Transfers bei den Männern und 2253 Transfers bei den Frauen durchgeführt. Bei den Männern waren hiervon knapp 70 Prozent mit einer Ablösezahlung verbunden, bei den Frauen waren es nur knapp 2 Prozent. Die durchschnittliche Ablösesumme betrug bei den Männern – umgerechnet zum aktuellen Eurokurs – 9’189’382 Franken und damit rund 80-mal so viel wie bei den Frauen mit durchschnittlich 113’856 Franken.

Ein ähnliches Ungleichgewicht zeigt ein Vergleich der geschätzten Marktwerte von Frauen und Männern in diesen Topligen. Sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen gelten die englischen Ligen, die Premier League und die Barclays Women’s Super League, als die wirtschaftlich stärksten Märkte. Während die Premier League auf einen kumulierten Marktwert von über 3,4 Milliarden Franken kommt, beträgt dieser in der Women’s Super League gerade nur rund 18,5 Millionen Franken (siehe Abbildung).

Total Marktwerte im Männer- und im Frauenfussball nach Liga (Saison 2019/20–2021/22)

INTERAKTIVE GRAFIK
Anmerkung: Der Marktwert einer Spielerin oder eines Spielers wird mittels Leistung, Alter, Vertragsdauer und Marktumfeld geschätzt. Die Marktwerte wurden über alle drei Saisons addiert. Der Marktwert wurde zum aktuellen Eurokurs umgerechnet.
Quelle: Transfermarkt.de, Soccerdonna.de / Die Volkswirtschaft

Eine Branche im Wandel

In der Saison 2023/24 betrug die weltweite Summe der Ablösesummen im Männerfussball erstmals mehr als 10 Milliarden Euro.[4] Diese Entwicklung geht einher mit wachsenden TV-Einnahmen, zunehmender Internationalisierung und einer immer wichtigeren Rolle von Datenanalysen bei der Auswahl der Spieler.

Allein für die vier Jahre zwischen 2023 und 2026 erwartet der Weltfussballverband (Fifa) Gesamteinnahmen in Höhe von rund 11 Milliarden Dollar, wobei ein erheblicher Teil aus dem Verkauf von Medienrechten stammt. Parallel dazu sind die Zuschauerzahlen im Profifussball in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Besonders in den grossen Ligen zeigt sich diese Entwicklung eindrücklich: So erreichte die englische Premier League in der Saison 2022/23 mit durchschnittlich 40’291 Zuschauenden pro Spiel einen neuen Höchstwert. Die daraus resultierenden Einnahmen stiegen um 14 Prozent auf 867 Millionen Pfund je Spieltag, was gemäss heutigem Kurs rund 940 Millionen Franken entspricht.

Starkes Wachstum beim Frauenfussball

Noch dynamischer als der Männerfussball entwickelt sich der Frauenfussball. Hier haben in den letzten fünf Jahren sowohl die Zahl der Transfers als auch die Infrastrukturinvestitionen markant zugenommen. Zwar erfolgen die meisten Transfers ablösefrei, wie wir bereits gesehen haben. Doch in einigen Ligen wie der englischen Women’s Super League (WSL) oder der US-amerikanischen National Women’s Soccer League (NWSL) investieren mittlerweile viele Teams grössere Millionenbeträge in Stadien, Gehälter, Nachwuchsförderung und professionelle Rahmenbedingungen.

Treiber dieser Entwicklung sind gezielte Strategien von Vereinen, Sponsoren und Medienpartnern. Durch verstärkte mediale Präsenz, Promotionskampagnen und neue Formate zur Fanbindung sollen Aufmerksamkeit, Reichweite und letztlich die Einnahmen gesteigert werden. In der Saison 2023/24 zählten die Spiele der englischen WSL insgesamt erstmals mehr als eine Million Zuschauende. Die durchschnittliche Zuschauerzahl pro Spiel stieg in dieser einen Saison um 41 Prozent auf 7363 Personen.[5] Gleichzeitig gab es neue Zuschauerrekorde in grossen Stadien wie dem Emirates Stadium in London, wo sich 60’704 Zuschauer das Spiel Arsenal gegen Manchester United ansahen.

Uefa will Frauenfussball stärker fördern

Das gestiegene öffentliche Interesse zeigte sich auch an der Fifa-Frauen-Weltmeisterschaft 2023 in Australien und Neuseeland: Diese verzeichnete eine durchschnittliche Besucherzahl von 30’911 pro Spiel. Dies war ein neuer Höchstwert und ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Zuschauerdurchschnitt von 21’756 bei der WM 2019.

Auch die diesjährige Uefa-Frauen-Europameisterschaft in der Schweiz wird zu mehr Sichtbarkeit und Professionalisierung beitragen. Die Uefa hat sich zudem verpflichtet, anlässlich der diesjährigen Frauen-WM rund eine Milliarde Euro in den europäischen Frauenfussball zu investieren, um das Wachstum weiter zu fördern. Wenn sich die bisherige Entwicklung fortsetzt, wird der Frauenfussball in Kürze zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor.

  1. Siehe Uefa (2025). []
  2. Siehe Uefa (2025), S. 32. []
  3. Daten Männerligen von Transfermarkt.de, Daten Frauenligen von Soccerdonna.de. []
  4. Siehe Transfermarkt.us (2024). []
  5. Siehe Womensleagues.thefa.com (2024). []

Literaturverzeichnis

Bibliographie

Zitiervorschlag: Henriques Pereira, Marco; Gómez-González, Carlos; Dietl, Helmut M.; Clochard, Gwen-Jirō (2025). Arbeitsmarkt Profifussball: Dynamisch, mobil und transparent. Die Volkswirtschaft, 14. Juli.