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Löhne und Fördermassnahmen im Schweizer Leistungssport

Ob Schweizer Athletinnen und Athleten ihren Sport international wettbewerbsfähig betreiben können, hängt unter anderem massgeblich vom dadurch erwirtschafteten Einkommen ab. Der Staat kann unterstützen – doch in erster Linie sind die privaten Klubs, Ligen und Verbände verantwortlich.
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Im Tennis ist der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern deutlich geringer als im Fussball oder im Eishockey. Die Schweizerin Belinda Bencic im Halbfinal des Abu Dhabi Open 2025. (Bild: Keystone)

Der Leistungs- und Spitzensport hat in der Schweiz sowohl eine gesellschaftliche als auch eine wirtschaftliche Bedeutung, wobei Spitzensportlerinnen und -sportler Vorbilder für die Jugend sind und nationale Identität vermitteln. Sportförderung bedeutet in erster Linie Breitensportförderung. Das Bundesamt für Sport (Baspo) fördert Sport primär nicht mit einem Fokus auf Leistung, sondern um die positiven Effekte des lebenslangen Sporttreibens auf Körper und Geist zu stärken. 2025 unterstützt das Baspo mit dem Sportförderprogramm «Jugend + Sport» Vereine und Lager mit 115 Millionen Franken.

Seit 2012 und der Revision des Sportfördergesetzes fördert das Baspo allerdings auch den Leistungssport mit jährlich rund 30 Millionen Franken über Swiss Olympic, den Dachverband des privatrechtlichen Sports. Hiervon profitieren aktuell rund 1000 Athletinnen und Athleten. Die öffentliche Hand unterstützt die Leistungssportler somit primär indirekt, sei es etwa durch die finanzielle Unterstützung der nationalen Sportverbände, der Trainerinnen und Trainer oder direkt durch die Spitzensportförderung der Armee sowie die Stiftung Schweizer Sporthilfe, welche durch die beiden Landeslotterien Swisslos und Loterie Romande alimentiert wird.

Die Leistungssportförderung in der Schweiz ist föderal und somit eher dezentral organisiert sowie von privaten Initiativen geprägt. Neben der staatlichen, subsidiären Unterstützung spielen die privaten Sportverbände die wichtigste Rolle.

Gerecht verteilte Fördergelder?

Aber genügt das vorwiegend privatrechtliche Leistungssportsystem in der Schweiz, damit Schweizer Athletinnen und Athleten international wettbewerbsfähig sind? Ist die Zuteilung der nationalen Fördergelder gerecht, das heisst, ermöglicht sie auch Athleten aus wenig kommerzialisierten Sportarten den Zugang zu Fördergeldern? Und: Wie sieht der Gendergap bei den Löhnen der geförderten Athletinnen und Athleten aus?

Eine Antwort darauf forderte ein Postulat[1] der damaligen jurassischen SP-Ständerätin und heutigen Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Ob die Athletinnen und Athleten wettbewerbsfähig sind, hängt insbesondere davon ab, wie viel Einkommen sie mit dem Sport generieren können und ob dieses Einkommen sie dazu befähigt, den Sport mit dem nötigen zeitlichen Aufwand – das heisst als Profisportler – zu betreiben. Um dies zu untersuchen, hat die Eidgenössische Hochschule für Sport Magglingen (EHSM) eine Analyse erstellt, die auf zwei gross angelegten Studien[2] zum Schweizer Leistungssport basiert: Die Studie vergleicht die Lohnsituation vor Einführung der Leistungssportförderung im Jahr 2010 mit der Situation danach im Jahr 2018 (siehe Kasten).

Profisport: Frauenlöhne holen auf

Die Analyse zeigt: Das mittlere Jahreseinkommen von selbst deklarierten Vollzeit-Profisportlerinnen und -Sportlern hat sich zwischen 2010 und 2018 von 23’000 auf 46’000 Franken verdoppelt.

Die Lohnmittelwerte gemessen am Median zeigen, dass vor allem der Lohn der Profisportlerinnen gestiegen ist. Bei ihnen betrug das Wachstum 27’200 Franken oder 213 Prozent. Bei den Profisportlern betrug der Anstieg 22’000 Franken, was einem Wachstum von 84 Prozent entspricht (siehe Abbildung).

Anteilsmässig ist der Lohn der Frauen somit stärker gestiegen, wodurch sich der Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern reduziert hat. Dieser betrug 2010 im Jahr noch 15’200 Franken und ist bis zum Jahr 2018 auf 10’000 Franken gesunken.

Die Einkommen von Profisportlerinnen und -sportlern sind deutlich gestiegen (2010–2018)

INTERAKTIVE GRAFIK
Lesebeispiel: Profisportlerinnen verdienten 2018 im Median 40’000 Franken. 25 Prozent der Sportlerinnen verdienten weniger als 20’150 (unteres Boxende, 1. Quartil), 25 Prozent verdienten mehr als 78’250 (oberes Boxende, 3. Quartil). Die Zahl am oberen Ende zeigt das 95-Prozent-Perzentil. Dieses bedeutet, dass 5 Prozent der Frauen mehr als 235’450 Franken pro Jahr verdienen.
Anmerkung: Stichprobengrösse in Klammern.
Quelle: LS-CH 2019/2011 / Die Volkswirtschaft

Der Grund für den immer noch hohen Lohnunterschied zwischen den Profisportlerinnen und -sportlern im Jahr 2018 sind primär die hohen Löhne der Männer aus den zwei hoch kommerzialisierten Mannschaftssportarten Fussball und Eishockey. Würden diese beiden Sportarten vom Sample ausgeschlossen, würde der Unterschied quasi verschwinden. Entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass in allen anderen der 54 befragten, national geförderten Sportarten – wie etwa Rudern, Tennis oder Curling, aber auch Alpin-Skifahren – der Gendergap deutlich geringer ist.

Um auf unsere Eingangsfrage zurückzukommen: Sind die Löhne von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern in der Schweiz also wettbewerbsfähig? Zum Vergleich: Der Medianlohn der Gesamtbevölkerung war 2018 mit rund 80’000 Franken fast doppelt so hoch wie das Einkommen von Profisportlerinnen. Bei den Profisportlern ist der Unterschied etwas geringer, aber noch immer hoch. Sie verdienen rund 50’000 Franken. Mit anderen Worten: Eine Profisportkarriere in der Schweiz ist für viele finanziell nicht rentabel.

Je nach Sportart unterschiedliche Löhne

Die Zahlen zeigen einerseits Fortschritte, aber auch Handlungsbedarf bei den geschlechterbedingten Lohnunterschieden, insbesondere im Fussball und im Eishockey. Die zurzeit in der Schweiz stattfindende Frauenfussball-Europameisterschaft könnte die ungleichen Löhne daher auf die politische Agenda bringen. Medial wurde das Thema in diesem Zusammenhang bereits breit aufgegriffen.

Lohnungleichheiten gibt es allerdings nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen den Sportarten. Haupttreiber dafür sind vor allem die kommerziellen Vermarktungs- und Sponsoringrechte. Hier gilt das Prinzip: The winner takes it all. Profiathletinnen und -athleten, die in wenig kommerzialisierten Sportarten wie etwa Rudern oder Curling aktiv sind, verdienen wenig aus dem Sport, auch wenn sie olympische Medaillen gewinnen. Das ist problematisch. Denn die Professionalisierung schreitet auch in diesen Sportarten voran und verlangt von den Athletinnen und Athleten immer höhere zeitliche und finanzielle Aufwände, um mit der Weltspitze mithalten zu können.

Gleichberechtigung: Professionelle Klubs und Verbände in der Verantwortung

Der Postulatsbericht des Bundesrats zeigt: Die bestehenden nationalen Förderinstrumente sind durchwegs geschlechterneutral ausgestaltet und zeigen die beabsichtigte Wirkung. Die zunehmende Zahl erfolgreicher Athletinnen im Spitzensport weist darauf hin.

Dennoch: Über alle Sportarten gesehen ist die Einkommenssituation der Athletinnen und Athleten in vielen Fällen nicht optimal. Der Staat kann die Bemühungen für angepasste Fördermechanismen und nachhaltige Strukturen nach Möglichkeit weiter subsidiär unterstützen. Beispielsweise gibt es Bemühungen des Bundes, die Spitzensportförderung der Armee weiter zu optimieren oder Sportfördermassnahmen im Zuge der Durchführung von Sportgrossevents wie der aktuellen Fussball-Europameisterschaft der Frauen gezielt für die nachhaltige Sportentwicklung zu fördern.

Doch in der Schweiz obliegt es schlussendlich den professionellen Klubs und Ligen sowie dem jeweiligen Sportverband, bei den beruflichen Rahmenbedingungen sowie den angebotenen Unterstützungsleistungen für Training und Wettkampf weitere Schritte zur Gleichberechtigung zu unternehmen.

Einen möglichen ersten Hebel bieten die ausgeschütteten Leistungsprämien, welche die Spielerinnen für die Teilnahme an internationalen Wettkämpfen für ihre Nationalmannschaft erhalten. Diese sind heute teilweise immer noch ungleich zwischen den Geschlechtern verteilt. Dies auch wegen der Vermarktungsrechte der internationalen Verbände, welche einen Teil der Einnahmen durch Qualifikationsprämien an die jeweiligen nationalen Verbände weitergeben. Der Schweizerische Fussballverband (SFV) hatte diesbezüglich bereits 2022 bekannt gegeben, zusammen mit dem damaligen Hauptsponsor Credit Suisse die Prämien ab 2024 anzugleichen.

Schlussendlich gilt in der Schweizer Sportförderung: Der Ball liegt beim privatrechtlichen Sport, bei der Wirtschaft und damit auch beim Publikum.

  1. Siehe Postulat 21.4521 Baume-Schneider «Für eine ausgewogene finanzielle Unterstützung, die die Teilnahme an Sportgrossanlässen ermöglicht». []
  2. Siehe Kempf et al. (2014) sowie Kempf et al. (2021). []

Literaturverzeichnis
  • Bundesrat (2024). Für eine ausgewogene finanzielle Unterstützung, die die Teilnahme an Sportgrossanlässen ermöglicht. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 21.4521. Bern, 6. Dezember.
  • De Bosscher, V., Shibli, S., Westerbeek, H., & Van Bottenburg, M. (2015). Successful Elite Sport Policies. An International Comparison of the Sports Policy Factors Leading to International Sporting Success (SPLISS 2.0) in 15 nations. Meyer & Meyer.
  • De Bosscher, V., Bingham, J., Shibli, S., Van Bottenburg, M., & De Knop, P. (2008). The Global Sporting Arms Race. An International Comparative Study on Sport Policy Factors Leading to International Sporting Success. Meyer & Meyer.
  • Kempf, H., A. Ch. Weber, A. Renaud, und M. Stopper (2014). Leistungssport in der Schweiz. Momentaufnahme SPLISS-CH 2011. Magglingen: Bundesamt für Sport BASPO.
  • Kempf, H., A. Ch. Weber, C. Zurmühle, B. Bosshard, M. Mrkonjic, A. Weber, F. Pillet, und S. Sutter (2021). Leistungssport Schweiz – Momentaufnahme SPLISS-CH 2019. Magglingen: Bundesamt für Sport BASPO

Bibliographie
  • Bundesrat (2024). Für eine ausgewogene finanzielle Unterstützung, die die Teilnahme an Sportgrossanlässen ermöglicht. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulates 21.4521. Bern, 6. Dezember.
  • De Bosscher, V., Shibli, S., Westerbeek, H., & Van Bottenburg, M. (2015). Successful Elite Sport Policies. An International Comparison of the Sports Policy Factors Leading to International Sporting Success (SPLISS 2.0) in 15 nations. Meyer & Meyer.
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Zitiervorschlag: Weber, Andreas Ch. (2025). Löhne und Fördermassnahmen im Schweizer Leistungssport. Die Volkswirtschaft, 15. Juli.

Die Studien «Leistungssport Schweiz» im Detail

Um die Sicht der geförderten Athletinnen und Athleten zu erfassen, wurden die 1450 Sportlerinnen und Sportler mit den höchsten Swiss Olympic Cards online befragt. Die Cards sind eine Auszeichnung des Dachverbands Swiss Olympic für internationale Wettkampfleistungen und sportliches Potenzial. Die Studien sind repräsentativ. Die Rücklaufquoten betragen 79 Prozent (2019) resp. 94 Prozent (2011). Die Studien stützten sich auf das sogenannte Spliss-Modell, das einen «Input-Throughput-Output»-Ansatz verfolgt. Der Input bemisst sich an der staatlichen finanziellen Unterstützung, der Throughput an den acht Bereichen des nationalen Sportfördersystems (z. B.: Athletensupport; Wettkampfsportinfrastruktur; Unterstützung internationale Wettkämpfe) und der Output an Olympischen Medaillen. Das Modell bildet die Bereiche der nationalen Sportförderpolitik ab, die den internationalen Erfolg determinieren und durch nationale Entscheidungsträger gesteuert werden können. In den insgesamt neun Bereichen (inkl. Input) definiert das Modell 96 Critical Success Factors. Das Modell wurde in zwei internationalen Studien mit sechsa respektive fünfzehn Nationen validiertb.

a Siehe De Bosscher et al. (2008).

b Siehe De Bosscher et al. (2015).