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Tätigkeit der öffentlichen Einigungsstellen im Jahr 2006

Tätigkeit der öffentlichen Einigungsstellen im Jahr 2006

Auf Gesuch hin können die eidgenössische Einigungsstelle und die kantonalen Einigungsämter in kollektiven Arbeitsstreitigkeiten vermitteln. Dabei findet keine Zwangsschlichtung statt; ein Vermittlungsvorschlag kann also von den Verbänden abgelehnt werden. In der Praxis geht es meist um die Erneuerung oder den Abschluss eines neuen Gesamtarbeitsvertrages (GAV) oder um Lohnfragen. Gemessen an der Zahl bestehender kollektiver Arbeitsverträge und aufgetretener Konfliktfälle wurden die Einigungsstellen eher selten angerufen, wobei dies von Kanton zu Kanton sehr unterschiedlich ist.

Die Tätigkeit der Einigungsstelle ist als Dienstleistung des Staates zugunsten der Verbände zu verstehen. Sozialpartnern, die kollektive Arbeitsstreitigkeiten auf dem Verhandlungswege nicht beilegen können, wird ein Gesprächsforum zur Verfügung gestellt. Staatliche Vermittlungsversuche erfolgen, wenn dies gewünscht wird. Wenn es von beiden Parteien verlangt wird, kann die Einigungsstelle auch ein verbindliches Urteil fällen.

Kantonale Einigungsämter


Während der Berichtsperiode 2006 wurden insgesamt 21 Vermittlungs- und Schiedsverfahren (im Vorjahr 34) durchgeführt. 20 Vermittlungsverfahren (im Vorjahr 31) kamen zur Durchführung: 1 von Amtes wegen, 2 auf Antrag der Arbeitgeber, 16 auf Antrag der Arbeitnehmer und 1 auf gemeinsamen Antrag Arbeitgeber/Arbeitnehmer. 1 Schiedsverfahren (im Vorjahr 3) kam zur Durchführung, und zwar aufgrund einer in einem GAV vorgesehenen Schiedsklausel.  Die 21 Vermittlungs- und Schiedsverfahren verteilen sich wie folgt auf die Kantone: Basel-Stadt 1, Genf 11, Waadt 5, Wallis 1, Schwyz 1 und Zürich 2. Das einzige Schiedsverfahren entfällt auf Basel-Stadt. Zustande gekommene Einigungen wurden insgesamt 15 gemeldet (im Vorjahr 31): 9 durch unmittelbare Verständigung der Parteien im Verlauf der Einigungs- und Schiedsverhandlungen, 5 durch Annahme des Vermittlungsvorschlages des Einigungsamtes und 1 durch Schiedsspruch des Einigungsamtes. Nicht zustande gekommene Einigungen wurden insgesamt 6 gemeldet (im Vorjahr 3): 1 durch Ablehnung des Vermittlungsvorschlages seitens der Arbeitgeber, 2 durch Ablehnung der Durchführung des Schiedsverfahrens seitens der Arbeitgeber und 3 durch Abbruch der Verhandlungen wegen Aussichtslosigkeit seitens der Arbeitnehmer. Von diesen kollektiven Streitigkeiten waren 1237 (im Vorjahr 351) Betriebe mit insgesamt 25885 (im Vorjahr 18707) Arbeitnehmende betroffen. In 4 (im Vorjahr 2) der von den kantonalen Einigungsstellen gemeldeten Fällen kam es zu Kollektivstreitigkeiten mit Streik.

Wirtschaftsbranchen / Kantone


Die 21 Vermittlungs- und Schiedsverfahren verteilen sich wie folgt auf die Wirtschaftszweige und Kantone: Bühne: Zürich 1; Erdöl-Bohrungen: Genf 1; Flugbetriebe: Genf 2; Gastgewerbe: Genf 1; Gesundheitsdienst: Schwyz 1, Waadt 3, Genf 2; Kaminfeger: Basel-Stadt 1; Kino: Waadt 1; Metzgereigewerbe: Genf 1; Herstellung von Milchprodukten: Genf 1; Presse: Genf 1; Private Postzustellung: Genf 1; Raffinerie: Wallis 1; Reinigungsgewerbe: Waadt 1; Transporte: Genf 1; Textilgewerbe: Zürich 1. Streitgegenstände bildeten die Erneuerung oder der Abschluss eines Gesamtarbeitsvertrages (6), der Lohn (8), die Aushandlung eines Sozialplanes (1) und weitere Fragen zum Arbeitsverhältnis (6).

Eidgenössische Einigungsstelle


Die eidgenössische Einigungsstelle wurde 2006 zweimal eingesetzt: Einmal als Vermittlungsinstanz und einmal als Schiedsstelle, wobei sie in letzterem Fall ein verbindliches Urteil fällen kann. Wie bereits 1999 und 2003 wurde die Einigungsstelle in einer kollektiven Arbeitsstreitigkeit im Gastgewerbe als Schiedsstelle eingesetzt. Die Streitigkeit betraf die gescheiterten Verhandlungen der Vertragsparteien über die Anpassung der Mindestlöhne im Landes-Gesamtarbeitsvertrag (L-GAV) des Gastgewerbes. Die Einigungsstelle hat entschieden, dass die Mindestlöhne des L-GAV per 1. Januar 2007 zwischen 60 Franken (für die unterste Lohnkategorie) und 97 Franken (für die oberste Lohnkategorie) erhöht werden. Das Vermittlungsverfahren betrifft die gescheiterten Verhandlungen für einen neuen GAV in der Medienbranche, insbesondere die Regulierung der Mindestlöhne. Das Verfahren wurde 2006 noch nicht abgeschlossen. Des Weiteren sind im Jahr 2006 zwei Gesuche um Einsetzung der Einigungsstelle gestellt worden, die Ende 2006 noch hängig waren. Das erste Gesuch betrifft eine Kollektivstreitigkeit im Chauffeurgewerbe Zentralschweiz. Streitgegenstand des zweiten Gesuchs sind die gescheiterten Verhandlungen über die Verlängerung und Änderung des Ende 2006 abgelaufenen GAV für das schweizerische Coiffeurgewerbe.

Zitiervorschlag: Verena Conti (2007). Tätigkeit der öffentlichen Einigungsstellen im Jahr 2006. Die Volkswirtschaft, 01. September.