Armut, Hunger, Klimawandel, Gesundheit und Ungleichheit: Die Anfang 2016 in Kraft getretenen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) der UNO zeigen deutlich auf, mit welchen sozialen und ökologischen Herausforderungen wir weltweit konfrontiert sind. Aber die SDGs sind mehr als eine Auflistung von Problemen: Es sind 17 Ziele zur Förderung von globalem Wirtschaftswachstum und einer nachhaltigen Entwicklung für die Menschheit und unseren Planeten.
Die UNO hat versucht, das Ausmass dieser Herausforderungen in Zahlen zu fassen. Dabei sticht der geschätzte jährliche Investitionsbedarf von 5 bis 7 Billionen Dollar – oder 7 bis 10 Prozent des globalen Bruttoinlandprodukts heraus, der benötigt wird, um die Ziele zu erreichen. Es überrascht daher nicht, dass die UNO bei den SDGs die aktive Mitwirkung des Privatsektors fordert – inklusive des Finanzsektors.
Wie gehen Banken also mit ökologischen und sozialen Problemen um? Eine bedeutende Rolle kommt dem Management von Umwelt- und Sozialrisiken zu: Banken haben umfassende Prozesse mit Verfahren und Instrumenten eingeführt, mit denen Umwelt- und Sozialrisiken frühzeitig erkannt, beurteilt und überwacht werden können. Im Zuge ihrer Sorgfaltsprüfungen befassen sie sich mit Kunden und Lieferanten. Dabei versuchen sie, deren Richtlinien und deren Verhalten besser zu verstehen und festzustellen, wie allfällig negative Auswirkungen auf Umwelt und Menschenrechte vermindert werden können. Bei der UBS sind erweiterte Datenanalysen zu Unternehmen, die mit diesen Risiken in Verbindung gebracht werden, in dem webbasierten Compliance-Tool der Bank integriert. Mitarbeiter nutzen dies, bevor sie eine Geschäftsbeziehung (mit Kunden oder Lieferanten) eingehen oder eine Transaktion ausführen. Da das Tool systematische Überprüfungen ermöglicht, können potenzielle Risiken viel besser erkannt werden.
Fokussiert auf Menschenrechte: Die Thun-Gruppe
Der Themenbereich Wirtschaft und Menschenrechte ist komplex. Ein enger Austausch unter Banken ist daher ein wichtiger Faktor für dessen erfolgreiche Förderung. Aus diesem Grund hat UBS zusammen mit anderen internationalen Banken 2011 die Initiative ergriffen, die sogenannte Thun-Gruppe (benannt nach deren jährlichem Versammlungsort) zu lancieren, um regelmässig Erfahrungen auszutauschen und Wege zur Umsetzung der UNO-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte zu diskutieren. Im Rahmen dieser proaktiven Auseinandersetzung mit den Leitprinzipien und den Überlegungen zu deren Implementierung hat die Gruppe zwei Diskussionspapiere veröffentlicht. Diese beinhalten beispielsweise Überlegungen zur Sorgfaltsprüfung und ein Rahmenkonzept für die Beurteilung der Bedeutung und Reichweite der Leitprinzipien für Banken im Bereich Corporate- und Investmentbanking.
Seit der Veröffentlichung der UNO-Leitprinzipien hat die internationale Diskussion zum Thema Wirtschaft und Menschenrechte deutlich an Bedeutung gewonnen, was sich unter anderem an der hohen Beteiligung von Regierungen, Unternehmen und der Zivilgesellschaft am UNO-Forum für Wirtschaft und Menschenrechte in Genf zeigt. An diesem weltweit grössten Anlass zum Thema Unternehmen und Menschenrechte trafen sich im vergangenen Herbst 2300 Teilnehmer, um sich mit Themen wie Menschenrechte im Beschaffungswesen, im Finanzsektor oder bei der Migration von Arbeitskräften auseinanderzusetzen.
Auf der ökologischen und sozialen Agenda von Finanzunternehmen steht nebst den Menschenrechten auch der Klimawandel. Von besonderer Bedeutung ist hier die Taskforce on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) des Financial Stability Board. Diese vom Gouverneur der Bank of England initiierte Arbeitsgruppe hat im Dezember 2016 ihre Empfehlungen zu klimabezogener Berichterstattung mit dem Fokus auf die vier Kernthemen Governance, Strategie, Risikomanagement sowie Kennzahlen und Ziele veröffentlicht. Die Empfehlungen ermutigen Unternehmen dazu, die Auswirkungen des Klimawandels auf ihre Strategie und Aktivitäten offenzulegen. Dadurch können Investoren und andere Beteiligte besser verstehen, welche Herausforderungen durch den Klimawandel entstehen und so fundierte, langfristige Entscheidungen treffen.
Nachhaltige Anlagen als wachsender Markt
Die Nachfrage nach nachhaltigen Finanzdienstleistungen und -produkten ist in den vergangenen Jahren angestiegen. Gerade beim Klimawandel – mit dessen Bekämpfung sich viele Finanzprodukte befassen – gibt es folglich eine klare Verbindung zwischen Rendite und Nachhaltigkeit. Bereits 2014 stand der globale Markt für nachhaltige Anlagen bei 21,4 Billionen Dollar. Der Schweizer Finanzsektor spielt hierbei bereits seit Jahren eine prominente Rolle.
Damit schliesst sich der Bogen zu den SDGs und besonders zum erwähnten, immensen Investitionsbedarf. Um diesen Bedarf zu decken, müssen innovative Finanzlösungen geschaffen oder unterstützt und neue finanzielle Lösungen eingeführt werden, die sich replizieren, skalieren und breit nutzen lassen. Für nachhaltiges Anlegen gibt es verschiedene Kriterien. Besonders bekannt sind die Anlagen, die einem strengen und sorgfältigen Auswahlverfahren unterliegen. Dazu gehören die Negativselektion (d. h. die Anwendung von Ausschlusskriterien) und verschiedene Arten von Positivselektion wie «Best in Class»-Ansätze (d. h. führend bei Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten; ESG), thematische Anlagen oder die Integration von ESG-Kriterien.
Eine vielversprechende Innovation ist das sogenannte Impact Investing, bei dem der Privatkunde die Möglichkeit erhält, eine konkurrenzfähige finanzielle Rendite zu erwirtschaften und zugleich eine messbare gesellschaftliche Wirkung zu erzielen. Impact-Investing-Fonds wie der UBS Oncology Impact Fund, der Unternehmen fördert, die neue Krebstherapien erforschen, machen anschaulich, wie der Finanzsektor zusammen mit seinen Kunden einen wichtige Beitrag im Umgang mit ökologischen und sozialen Herausforderungen leisten kann.
Zitiervorschlag: Leitz, Christian (2017). Der Banksektor hilft mit, die UNO-Ziele zu erreichen. Die Volkswirtschaft, 22. Juni.