
Der französische Präsident Emmanuel Macron fördert Unternehmen – das macht Frankreich zu einem attraktiven Wirtschaftsstandort. (Bild: Keystone)
Frankreich hat 68 Millionen Einwohner und liegt direkt an der Schweizer Grenze. Das macht das Land zu einem der wichtigsten Exportziele der Schweiz. Im Jahr 2024 war Frankreich der fünftwichtigste Handelspartner hinter den USA, Deutschland, Italien und China. Der Warenhandel zwischen den beiden Ländern betrug insgesamt 37 Milliarden Franken.[1]
Rund die Hälfte des Handels konzentriert sich auf die drei Grenzregionen zur Schweiz: Auvergne-Rhône-Alpes, Bourgogne-France-Comté und Grand Est. Besonders häufig exportierten Schweizer Firmen Medikamente, Präzisionsinstrumente und Nahrungsmittel. Auch der bilaterale Dienstleistungshandel ist bedeutend: Er macht über 20 Milliarden Franken aus.[2]
Noch beeindruckender sind jedoch die Zahlen zur Investitionstätigkeit. Die Schweiz ist laut der Banque de France der grösste europäische Investor in Frankreich.[3] Ende 2023 belief sich der Investitionsbestand der Schweizer Unternehmen auf 114,5 Milliarden Euro. Damit lagen sie vor den deutschen Unternehmen (111,9 Milliarden Euro). Nur die USA investierten mehr (142,1 Milliarden Euro, siehe Abbildung).
Die Schweiz ist nach den USA der zweitgrösste Direktinvestor in Frankreich (2023)
INTERAKTIVE GRAFIK
Schweizer Unternehmen auf französischen Bahnbaustellen
Viele Schweizer Unternehmen sind seit Langem in Frankreich tätig. Sie haben dort einen guten Ruf und pflegen vertrauensvolle Beziehungen. Dass ein Viertel der Auslandschweizer in Frankreich wohnt (212’000 von insgesamt 827’000 Personen), hat sicher ebenfalls zu diesem sehr hohen Investitionsvolumen beigetragen.
Schweizer Unternehmen sind in allen Branchen tätig: von Pharma und Chemie über Lebensmittel, Dienstleistungen, Energie, Tourismus, Mode, Logistik bis zu Bau und Infrastruktur. In den letzten Jahren waren sie etwa am Bau der neuen Bahnlinie Lyon–Turin beteiligt: Der Mont-Cenis-Basistunnel soll länger werden als der Gotthard-Basistunnel – mit 57,1 Kilometern der bisher längste Strassentunnel der Welt. Schweizer Dienstleistungs- und Zulieferbetriebe übernehmen auch Arbeiten beim Grand Paris Express, der derzeit grössten Baustelle Europas: Rund um Paris entstehen 200 Kilometer neue Metro-Linien und 68 Bahnhöfe.
Für Westschweizer KMU ist Frankreich oft das erste Ziel, wenn sie ins Ausland expandieren. Zwar schrecken einige vor den höheren Steuern und dem manchmal schwer verständlichen Rechtssystem zurück. Doch eine breite Palette an regionalen, nationalen und europäischen Fördermassnahmen gleicht diese Nachteile aus. Ein Beispiel hierfür ist der Crédit d’Impôt Recherche (CIR), eine Steuervergünstigung für Unternehmen, die in Forschung und Entwicklung investieren. Das ist ein wesentlicher Faktor der Standortattraktivität Frankreichs.
Die Wirtschaft fördern
Zu Beginn seiner ersten Amtszeit beschloss Präsident Emmanuel Macron verschiedene Massnahmen zur Förderung von Unternehmen. Er revidierte das Arbeitsgesetz, senkte den Steuersatz für Unternehmen von 33 auf 25 Prozent sowie die Arbeitgeberbeiträge auf Niedriglöhne und lancierte mehrere Initiativen zur Förderung der Digitalisierung. Daten[4] zu Unternehmensgründungen und zur Ansiedlung ausländischer Firmen in Frankreich zeigen, dass die Massnahmen erfolgreich waren. Und das trotz zahlreicher internationaler Krisen, insbesondere Covid-19, Ukraine-Krieg, höherer Energiepreise und Engpässen in den Lieferketten.
Die weltweiten Turbulenzen halten mit dem Handelskonflikt zwischen den USA und China weiter an. Das spricht für eine Konsolidierung der Beziehungen der Schweiz zu den direkten Nachbarn wie Frankreich. Dank der bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union profitieren Schweizer Unternehmen in Frankreich von stabilen Rahmenbedingungen. Der Bundesrat will diesen Rahmen mit dem neuen Paket bilateraler Abkommen, das mit der Europäischen Kommission ausgehandelt wurde, weiter stabilisieren und ausbauen. Das entsprechende Gesetzespaket kommt in den nächsten Monaten in die Vernehmlassung.
Standortvorteile trotz abkühlender Wirtschaft
Die Regierungen unter der Präsidentschaft von Emmanuel Macron haben die wirtschaftliche Attraktivität Frankreichs zu einer Priorität gemacht. Laut der Amerikanischen Handelskammer in Frankreich hat sich diese Politik positiv auf die Wahrnehmung des Landes ausgewirkt.[5] Die Vorteile von Frankreich für Unternehmen sind vor allem die Lebensqualität, qualifizierte Arbeitskräfte, ein innovationsfreundliches Umfeld und eine gute Infrastruktur. Diese Einschätzung teilen auch viele Schweizer Unternehmen.
Trotzdem gibt es auch Bedenken. Unternehmen sorgen sich über die Massnahmen der Regierung zur Sanierung der öffentlichen Finanzen. Denn sie befürchten Auswirkungen auf Steuern und Arbeitgeberbeiträge, die in Frankreich schon jetzt vergleichsweise hohe Kosten verursachen. Auch die Parlamentsdebatten über ein neues Gesetz, um den administrativen Aufwand für Unternehmen zu senken und den Rechtsrahmen zu vereinfachen, werden aufmerksam beobachtet.
Schliesslich verfolgen die Schweizer Unternehmen auch die konjunkturelle Entwicklung in Frankreich. In den letzten Jahren verlief diese ähnlich wie in der Schweiz. Nach der Pandemie erholte sich die Wirtschaft stark mit Wachstumsraten von 6,8 Prozent im Jahr 2021 und 2,5 Prozent im Jahr 2022. Danach hat sich das Wachstum deutlich verlangsamt (2023 und 2024 jeweils 1,1 Prozent).[6] Für 2025 erwartet die Regierung nur noch ein Plus von 0,7 Prozent, das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als Anfang Jahr. Gründe sind vor allem die US-Zölle und deren Folgen für die Weltwirtschaft.
- Siehe Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit: Swiss-Impex, Warenhandel, einschliesslich Gold und Edelmetalle. []
- Siehe Staatssekretariat für Wirtschaft: Services Trade Cockpit 2024. []
- Siehe Focus: Les investissements directs auf der Website der Banque de France. []
- Siehe Baromètre de l’attractivité en France von EY, Jahre 2021–2024. []
- Siehe Bain und Company (2025). Baromètre AmCham-Bain 2025. Le moral des investisseurs américains en France. 25ème édition. []
- Siehe Internationaler Währungsfonds. []
Zitiervorschlag: Schmid, Stephan (2025). Was macht Frankreich für Schweizer Unternehmen so attraktiv? Die Volkswirtschaft, 09. Mai.