Schweiz und Nepal: Zuerst Entwicklungszusammenarbeit, jetzt Handelspartner

Der Handel zwischen der Schweiz und Nepal hat in den letzten Jahren zugenommen. Seilbahnen in der Stadt Kathmandu mit Aussicht auf das Himalaya-Gebirge. (Bild: Keystone)
Seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Schweiz und Nepal im Jahr 1956 haben die beiden Länder ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen kontinuierlich intensiviert. Über die Jahrzehnte erwies sich die Schweiz als zuverlässige Partnerin. Sie engagierte sich auch während des bewaffneten Konflikts in Nepal zwischen 1996 und 2006, passte ihre Programme an und begleitete den Prozess der Übergangsjustiz. Nach dem Erdbeben im April 2015 leistete die Schweiz Nothilfe und unterstützte den Wiederaufbau des Landes.
2026 erreicht Nepal einen wichtigen Meilenstein: Das Land wird nicht länger auf der Liste der am wenigsten entwickelten Länder (LDC) gemäss Definition der Vereinten Nationen stehen. Damit verliert Nepal zwar gewisse Handelspräferenzen und Vorteile beim Bezug von Krediten. Grundsätzlich sendet es jedoch ein positives Signal an ausländische Investoren. Nepal muss nun seine Abhängigkeit von Hilfsgeldern verringern und die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen ausbauen. Dazu braucht es ein investitionsfreundliches Umfeld und Massnahmen zur Integration des Landes in den Welthandel.
Investitionen in einem Schwellenmarkt fördern
Die Schweiz trägt wesentlich dazu bei, in Nepal ein attraktives Umfeld für ausländische Direktinvestitionen zu schaffen. Gemeinsam mit Partnern wie dem Vereinigten Königreich, der EU oder den multilateralen Entwicklungsbanken setzt sie sich bei den lokalen Behörden und politischen Entscheidungsträgern kontinuierlich für einen stabilen und transparenten Rechtsrahmen ein. Auch hilft die Schweiz, die administrativen Abläufe im Land zu vereinfachen. Reformen der nepalesischen Regierung haben den Markt für ausländische Investoren attraktiver gemacht, insbesondere für die Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen der Schweiz, der Niederlande, Grossbritanniens und Finnlands. Das widerspiegelt sich auch im allerersten Kreditrating: Im November 2024 bewertete die Ratingagentur Fitch die Staatsanleihen Nepals mit BB– und stabilen Perspektiven.
In enger Zusammenarbeit mit der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes, dem Swiss Investment Fund for Emerging Markets (Sifem), finanziert die Schweiz die Plattform Invest for Impact Nepal (IIN) mit. Auch British International Investment und die niederländische Entwicklungsbank unterstützen die Plattform. Insbesondere mobilisiert die Schweiz Gelder der Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen und fördert Reformen, um den nepalesischen Finanzsektor zu stärken und zu modernisieren.
Ausserdem organisiert die Schweiz die Jahreskonferenz Nepal Impact Investment Forum, welche ausländische Direktinvestitionen fördern soll. Die Zahl der beteiligten Entwicklungsbanken stieg von 5 bei der ersten Konferenz im Jahr 2022 auf 14 im Jahr 2025. Insgesamt vermittelte die IIN Investitionen in Höhe von 691 Millionen Dollar. Das Geld floss in Beteiligungen an nepalesischen Unternehmen und in Kredite, vor allem im Infrastruktur- und im Finanzsektor.[1] Sifem tätigte beispielsweise Investitionen in zwei nepalesische Geschäftsbanken, die damit ihr Angebot an Finanzdienstleistungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ausbauen konnten.
Lokale Wirtschaft stärken
Die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit will auch den nepalesischen Privatsektor fördern. Neben einem besseren Zugang von KMU zu Finanzdienstleistungen durch die bereits erwähnten Investitionen und der Einrichtung eines Mechanismus zur Risikominderung mittels eines Garantiefonds beauftragt sie Marktteilnehmer damit, ihr Beratungsangebot für Unternehmen in den Bereichen Recht, Treuhand und Management auszubauen. Ziel all dieser Initiativen ist es, die Wettbewerbsfähigkeit lokaler Unternehmen zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen. Für die junge Bevölkerung eröffnet dies neue Perspektiven und eine Alternative zur Migration.
Damit der nepalesische Arbeitsmarkt den Bedarf der Unternehmen an qualifizierten Arbeitskräften decken kann, leistet die Schweiz fachliche Unterstützung beim nepalesischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Technologie sowie beim Rat für technische Bildung und Berufsausbildung. Konkret hilft sie bei der Umsetzung des nationalen Strategieplans für technische und berufliche Aus- und Weiterbildung der nepalesischen Regierung. Dieser zielt darauf ab, das Berufsbildungssystem zu verbessern und Lehrpersonen besser auszubilden und zu binden.
Schliesslich unterstützt die Schweiz Nepal dabei, seine Wirtschaft zu diversifizieren und ein autonomes Wachstum zu erreichen, indem sie zukunftsträchtige Sektoren wie den Tourismus fördert. Das tut sie, indem sie mithilft, nachhaltige Praktiken und Angebote einzuführen oder die Kompetenzen der Fachkräfte in der Branche zu verbessern. Dank dieser Massnahmen kann der nepalesische Tourismussektor sein Angebot diversifizieren und sich in die globalen Wertschöpfungsketten integrieren.
Ein weiterer vielversprechender Sektor ist die Informationstechnologie. Mit einer jungen, gut ausgebildeten und zunehmend städtischen Bevölkerung verfügt Nepal über viel Potenzial. Das widerspiegelt sich im schnellen Wachstum dieses Sektors. Ende 2023 trugen laut einem Bericht der Weltbank digitale Dienstleistungen wie Softwareentwicklung, Datenbankmanagement und dazugehörige Dienstleistungen mehr als 50 Prozent zu den Dienstleistungsexporten Nepals bei.[2]
Chancen für die Schweizer Wirtschaft
Indien und China sind die wichtigsten Handelspartner Nepals, das vor allem Industriegüter, Hightech-Produkte und Energie importiert. Der Handel zwischen der Schweiz und Nepal hat zwar in den letzten Jahren zugenommen, bewegt sich aber nach wie vor auf einem relativ bescheidenen Niveau. 2024 lag die Schweiz auf Rang 15 bei den Exportpartnern Nepals und auf Rang 34 bei den Importen. Nepal wiederum belegte auf der Liste der Handelspartner der Schweiz den 129. Platz.[3] Die Integration der nepalesischen Wirtschaft in die globalen Wertschöpfungsketten eröffnet für die Schweiz neue Chancen. Mit 31 Millionen Einwohnern und einer stark wachsenden städtischen Mittelschicht bietet Nepal interessante Perspektiven für Schweizer Unternehmen, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur und Schutz vor Klimarisiken. Öffentliche und private Akteure in Nepal schätzen Schweizer Innovation, Qualität und Expertise. Sie interessieren sich für den Aufbau von Partnerschaften und für Dienstleistungen von Schweizer Anbietern.
In diesem Kontext entwickelte das Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen Swiss Re einen Versicherungsschutz[4] für die Bedürfnisse der Investoren eines nepalesischen Wasserkraftprojekts nordöstlich von Kathmandu. Nachdem die traditionellen Versicherer seit dem Erdbeben von 2015 nur noch zurückhaltend investiert hatten, ebnete Swiss Re den Weg für die erforderlichen Investitionen. Zudem unterstützte die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit vor Kurzem die Bildung eines Konsortiums von Schweizer Experten aus den Bereichen Katastrophenmodellierung und Reduktion von Naturrisiken. Das Konsortium beteiligt sich an einem Projekt der Asiatischen Entwicklungsbank mit dem Ziel, Know-how-Transfer und Investitionen zu fördern, um Naturkatastrophen vorzubeugen.
Die Schweizer Botschaft in Nepal unterstützt aktiv das Engagement des Schweizer Privatsektors auf dem nepalesischen Markt. Seit 2022 organisiert sie gemeinsam mit der auf Exportförderung spezialisierten Organisation Switzerland Global Enterprise (S-GE) Unternehmerreisen. Dabei können Schweizer Firmen den nepalesischen Markt erkunden und Möglichkeiten der Kooperation mit lokalen Unternehmen ausloten. Diese Reisen sind zentral, um die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern zu stärken, und fördern den Handel. Ein Beispiel dafür ist der Abschluss eines Luftverkehrsabkommens zwischen der Schweiz und Nepal im Jahr 2024. Es erleichtert den Luftverkehr zwischen den beiden Ländern, insbesondere den Passagier- und den Frachtverkehr. Auch legt das Abkommen Bestimmungen für die Flugsicherheit und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden fest. Die Industrie- und Handelskammer Nepal – Schweiz wurde 2015 aufgebaut und fördert Handel und Investitionen zwischen den beiden Ländern. Die Handelskammer Schweiz – Nepal hingegen wurde in der Schweiz erst 2023 gegründet. Die Schweizer Botschaft in Nepal arbeitet eng mit diesen beiden Organisationen zusammen.
Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Nepal wird sich auch in Zukunft weiter verändern. Nepal bleibt jedoch anfällig für klimatische, wirtschaftliche und geopolitische Turbulenzen und wird auch in Zukunft auf verlässliche und engagierte Partnerinnen wie die Schweiz angewiesen sein, um wirtschaftlich weiterzukommen.
Zitiervorschlag: Meuwly Monteleone, Danielle; Rivière, Cécile (2025). Schweiz und Nepal: Zuerst Entwicklungszusammenarbeit, jetzt Handelspartner. Die Volkswirtschaft, 03. Juli.