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Schweizer Unternehmen auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft

Die Kreislaufwirtschaft gewinnt strategisch an Bedeutung – das zeigt eine neue Unternehmensbefragung. Doch in der Praxis stagnieren die Investitionen.
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Kreislaufwirtschaft ist mehr als Recycling. (Bild: Keystone)

Unsere Wirtschaft ist aufs Wegwerfen ausgerichtet. Rohstoffe werden abgebaut, Produkte produziert und nach ihrem Gebrauch entsorgt, teilweise recycelt. Doch Ressourcen werden knapper, Abfallberge wachsen, und die Umweltbelastung nimmt zu. Hier setzt die Kreislaufwirtschaft an: Sie zielt darauf ab, verarbeitete Materialien möglichst lange im Umlauf zu halten und so den Bedarf an neuen Ressourcen zu minimieren.

Damit dies gelingt, braucht es Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Beschaffung über die Produktion bis zur Nutzung (siehe Abbildung 1). Drei Prinzipien stehen dabei im Mittelpunkt: Ressourceneffizienz steigern, indem in Produktion und Konsum weniger Material eingesetzt wird. Ressourcenkreisläufe verlangsamen, beispielsweise durch längere Produktnutzung und bessere Reparaturmöglichkeiten. Und Ressourcenkreisläufe schliessen, indem Materialien und Produktteile wiederverwendet oder recycelt werden.

Unternehmen spielen dabei eine Schlüsselrolle, da sie Produktionsprozesse und Produktdesigns beeinflussen. Um Fortschritte auf Unternehmensebene sichtbar zu machen, haben die Berner Fachhochschule und die KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich 2024 unter anderem mit Unterstützung des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) im Rahmen der Neuen Regionalpolitik (NRP) zum zweiten Mal Unternehmen befragt.[1] Grundlage ist das KOF-Unternehmenspanel mit über 10’000 Firmen. Die Rücklaufquote betrug rund ein Viertel.

Abb. 1: Kreislaufwirtschaft entlang der Wertschöpfungskette

Quelle: Meili et al. (2025). Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft 2024. Bern, Zürich, September 2025 / Die Volkswirtschaft

Verankerung der Kreislaufwirtschaft auf Unternehmensebene

Vier Indikatoren zeigen, wieweit Unternehmen die Kreislaufwirtschaft schon umsetzen. Erstens: Wie fest haben Unternehmen zirkuläre Geschäftsaktivitäten in ihrem Geschäftsmodell verankert? Zweitens: Wie hoch ist der Anteil der Investitionen in zirkuläre Aktivitäten an den Gesamtinvestitionen? Drittens: Wie viele von insgesamt 37 identifizierten Aktivitäten im Bereich der Kreislaufwirtschaft haben Unternehmen im Untersuchungszeitraum 2022–2023 umgesetzt? Und viertens: Wie hoch ist der Anteil am Umsatz, der mit zirkulären Produkten und Dienstleistungen erzielt wird?

Die Analyse zeigt, dass Vorreiterunternehmen bei drei der vier Indikatoren Fortschritte gemacht haben (siehe Abbildung 2). Insbesondere verankerten mehr Unternehmen die Kreislaufwirtschaft im Geschäftsmodell. Der Anteil stieg von 11 auf 27 Prozent. Dies deutet auf ein wachsendes Bewusstsein der Unternehmen hin sowie auf eine mögliche zukünftige Ausweitung der Kreislaufwirtschaft. Ebenso stieg der Anteil an Unternehmen mit mehr als zehn Aktivitäten im Bereich der Kreislaufwirtschaft (von 8 auf 10 Prozent) sowie der Anteil des Umsatzes aus zirkulären Produkten (von 12 auf 15 Prozent). Rückläufig hingegen ist der Anteil jener Unternehmen, die mehr als 10 Prozent ihrer Gesamtinvestitionen in die Kreislaufwirtschaft stecken (von 9 auf 7 Prozent).

Die Befragung macht deutlich: Selbst bei den Vorreitern ist die Kreislaufwirtschaft noch nicht fest im Kerngeschäft verankert. Zwar wächst das Bewusstsein, aber die konkrete Umsetzung bleibt bislang begrenzt.

Abb. 2: Unternehmen verankern die Kreislaufwirtschaft heute häufiger in ihrem Geschäftsmodell

INTERAKTIVE GRAFIK
Quelle: Meili et al. (2025) / Die Volkswirtschaft

Die Studie zeigt einen Zusammenhang zwischen der Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsaktivitäten und der Umweltbelastung der Unternehmen auf. Regressionsanalysen weisen darauf hin, dass die Umsetzung von Kreislaufwirtschaftsaktivitäten im Durchschnitt mit einer geringeren Umweltbelastung verbunden ist – insbesondere geringeren CO2-Emissionen in Produktion, Beschaffung und Konsum sowie einem geringeren Abfallvolumen. Jede zusätzliche Kreislaufwirtschaftsaktivität erhöht die Wahrscheinlichkeit tieferer Umweltbelastung deutlich. Lediglich beim Energieverbrauch gibt es keinen signifikanten Zusammenhang. Das ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass Kreislaufwirtschaftsaktivitäten sich derzeit primär auf Materialeinsparung konzentrieren.

Nur in Einstiegsphase attraktiv

In einer weiterführenden Analyse wird untersucht, ob Unternehmen mit vielen Kreislaufwirtschaftsaktivitäten wirtschaftlich erfolgreicher sind. Als Massstab dient die Umsatzproduktivität, also wie viel Umsatz ein Unternehmen pro Mitarbeitenden erwirtschaftet. Das Ergebnis: Es gibt einen positiven Zusammenhang zwischen Kreislaufwirtschaftsaktivitäten und Umsatzproduktivität – jedoch nur bei wenigen Aktivitäten. Besonders Effizienzsteigerungen durch Kreislaufwirtschaftsaktivitäten stehen in einem positiven Zusammenhang mit der Produktivität. Je mehr Aktivitäten ein Unternehmen jedoch umsetzt, desto schwächer wird dieser Zusammenhang, bis er statistisch nicht mehr signifikant ist. Aktivitäten zur Kreislaufschliessung zeigen meist keine Wirkung. Aktivitäten zur Verlängerung der Lebensdauer stehen zum Teil sogar in einem negativen Verhältnis zur Umsatzproduktivität, da die Aktivitäten vermutlich kurzfristig zu höheren Kosten führen.

Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Kreislaufwirtschaftsaktivitäten aktuell wirtschaftlich nur in der Einstiegsphase attraktiv sind. Vor allem, wenn sie direkt Effizienzgewinne ermöglichen. Bei einer höheren Anzahl an umgesetzten Aktivitäten oder stärkerem Fokus auf echte Kreislaufprozesse sind keine positiven Produktivitätseffekte nachweisbar. Umfassendere Aktivitäten sind daher eher langfristige Investitionen, deren Nutzen sich erst entfaltet, wenn die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen günstiger sind. Im Moment fehlen dafür die Anreize. Beispielsweise melden über 30 Prozent der Unternehmen, dass es an qualifiziertem Personal fehle und dass die Investitionskosten zu hoch seien. Ausserdem ist für mehr als ein Fünftel der Unternehmen die Marktunsicherheit noch zu hoch. Derartige Faktoren verteuern derzeit einen intensiven Einstieg in die Kreislaufwirtschaft oder machen diesen riskant.

Wirtschaftliches Potenzial

Die Schweiz befindet sich noch in einer frühen Phase der Transformation zur Kreislaufwirtschaft. Die Investitionen, Aktivitäten und Umsätze im Bereich der Kreislaufwirtschaft sind bislang gering und kaum gestiegen, obwohl das Thema strategisch an Bedeutung gewonnen hat. Langfristig könnte sich das ändern: Steigende Umweltkosten und knapper werdende Ressourcen eröffnen wirtschaftliches Potenzial – besonders für die innovationsstarke Schweiz mit ihren hochwertigen, langlebigen Produkten. Um dieses Potenzial möglichst auszuschöpfen, gibt es Förderprogramme, beispielsweise stehen den KMU im Rahmen der Neuen Regionalpolitik mit den Regionalen Innovationssystemen Coachs und Plattformen für die Vernetzung und den Wissensaustausch unterstützend zur Seite.

Umweltpolitisch ist die Kreislaufwirtschaft zentral, um Emissionen entlang der Lieferketten zu senken. Politische Massnahmen wie die Revision des Umweltschutzgesetzes und des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen schaffen neue Rahmenbedingungen, unter anderem für ressourcenschonendes Bauen und nachhaltige öffentliche Beschaffung.

  1. Weitere Finanzierungspartner des Berichts sind das Bundesamt für Umwelt (Bafu) und die Kantone Aargau, Basel-Stadt, Bern und Zürich. []

Zitiervorschlag: Meili, Rahel; Spescha, Andrin; Stucki, Tobias; Wörter, Martin (2025). Schweizer Unternehmen auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft. Die Volkswirtschaft, 10. September.