
Rund ein Viertel aller Dienstleistungsimporte entfällt auf Reisen von Schweizerinnen und Schweizern nach Frankreich. (Bild: Keystone)
Die Schweiz als kleine, offene und rohstoffarme Volkswirtschaft ist stark vom Ausland abhängig. Neben Deutschland war Frankreich als grosser Nachbarstaat schon immer einer der wichtigsten Wirtschaftspartner. Dabei ist die geografische Nähe entscheidend: Rund die Hälfte des Warenhandels mit Frankreich läuft über die Grenzregionen. Das Freihandelsabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft aus dem Jahr 1972 sowie die bilateralen Abkommen I und II mit der Europäischen Union haben die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter gestärkt.
Pharmaprodukte und Tourismus dominieren
Die Bedeutung Frankreichs widerspiegelt sich im Handel: Im Jahr 2024 exportierte die Schweiz Waren und Dienstleistungen im Wert von knapp 24 Milliarden Franken nach Frankreich – rund 5 Prozent aller Exporte. Frankreich lag damit auf Rang fünf der wichtigsten Handelspartner, hinter den USA, Deutschland, Italien und Slowenien, aber vor China und dem Vereinigten Königreich. 57 Prozent der Exporte entfielen dabei auf Waren, 43 Prozent auf Dienstleistungen.
Doch der Warenhandel mit Frankreich hat über die Jahrzehnte an Bedeutung verloren: Während in den 1990er-Jahren noch 10 Prozent der Schweizer Warenexporte dorthin gingen, waren es 2024 nur noch knapp 5 Prozent. Hauptgrund ist die zunehmende Spezialisierung der Schweiz auf Sektoren wie die chemisch-pharmazeutische Industrie, während andere Branchen, die traditionell stark nach Frankreich exportierten, an Gewicht verloren haben. Zu den wichtigsten Exportgütern zählen Pharmazeutika, Bijouterie, Maschinen, Uhren und Agrarprodukte (siehe Abbildung 1).
Im bilateralen Dienstleistungshandel ist Frankreich mit einem Anteil von rund 7 Prozent viertgrösster Importeur – hinter den USA, Deutschland und dem Vereinigten Königreich. Seit 2019 wachsen die Schweizer Dienstleistungsexporte schneller als der Warenhandel, vor allem in den Bereichen Unternehmensdienste, IT, Finanzen und Transport. Dennoch bleibt der Tourismus[1] der wichtigste Posten: Französische Besucher gaben 2024 rund 3,5 Milliarden Franken in der Schweiz aus – über ein Drittel der gesamten Dienstleistungsexporte nach Frankreich.
Auch die Beherbergungszahlen unterstreichen Frankreichs touristische Bedeutung: 849’000 französische Gäste sorgten 2024 für 1,48 Millionen Übernachtungen – fast 7 Prozent aller Logiernächte ausländischer Gäste.
Abb. 1: Die Schweiz exportiert am häufigsten Dienstleistungen nach Frankreich (2024)
INTERAKTIVE GRAFIK
Rund 3 Prozent des Schweizer BIP
Aufgrund ihres zum Teil hohen Vorleistungsanteils reichen die reinen Warenexporte allein nicht aus, um deren Bedeutung für die Schweizer Wirtschaft adäquat zu erfassen. Als geeigneter Indikator bietet sich der Anteil wertschöpfungsbasierter Exporte am Bruttoinlandprodukt (BIP) an, also Exporte abzüglich importierter Vorleistungen.[2] Während dieser Anteil für die Gesamtexporte im Jahr 2000 noch bei knapp 33 Prozent lag, stieg er bis 2019 auf rund 39 Prozent (siehe Abbildung 2). Dies spiegelt die zunehmende Bedeutung des Exportsektors für die Schweizer Wirtschaft und das wachsende Gewicht der USA und Chinas als Exportdestinationen in den letzten Jahren wider.
Im Gegensatz dazu blieb die Exportabhängigkeit gegenüber Frankreich über diesen Zeitraum hinweg stabil. Dennoch erwirtschaftete die Schweiz im Jahr 2019 rund 2,8 Prozent ihres BIP durch Exporte nach Frankreich. Damit war Frankreich nach den USA und Deutschland der drittwichtigste Handelspartner. Das hohe Gewicht Frankreichs lässt sich insbesondere mit dem grossen Anteil an Dienstleistungsexporten erklären: Da Dienstleistungen wie etwa der Tourismus weniger importierte Vorleistungen als Industriegüter enthalten, tragen sie besonders stark zur inländischen Wertschöpfung bei.
Abb. 2: Schweizer Exporte generierten 2019 rund 40 Prozent des Schweizer BIP
2000 | 2019 | |
Total Ausland | 32,9% | 39,4% |
USA | 4,5% | 6,4% |
Deutschland | 5,8% | 5,5% |
Frankreich | 2,7% | 2,8% |
China | 0,4% | 2,3% |
Italien | 2,4% | 1,7% |
Japan | 1,2% | 1,6% |
Bedeutendes Herkunftsland für Energieträger
Frankreich spielt auch als Herkunftsland eine wichtige Rolle für die Schweiz: So lagen die Gesamtimporte im Jahr 2024 bei über 26 Milliarden Franken und übertrafen damit sogar die Schweizer Exporte nach Frankreich. Dennoch hat Frankreich bei den Schweizer Warenimporten in den letzten Jahren an Bedeutung verloren: Der Anteil Frankreichs sank von rund 12 Prozent Ende der 1990er-Jahre auf knapp über 7 Prozent im Jahr 2024. Damit liegt Frankreich auf Rang fünf der wichtigsten Herkunftsländer – hinter Deutschland, Italien, Slowenien und China.
Die Schweiz importierte 2024 vor allem Präzisionsinstrumente, Uhren, Bijouterie, chemisch-pharmazeutische Produkte, Landwirtschaftsprodukte und Energieträger aus Frankreich (siehe Abbildung 1). Energieträger stellen sowohl eine Ausnahme wie auch eine Besonderheit dar.[3] Die Schweiz ist ein wichtiges Transitland für gewisse Energieträger: Insbesondere nach Italien werden grosse Mengen an Strom und Erdgas reexportiert. Trotzdem ist Frankreich für die Schweizer Energieversorgung von Bedeutung – besonders im Winter: Die Stromimporte steigen in diesem Zeitraum stark an, während die Schweiz im Sommer dank Wasserkraft vermehrt Strom exportiert. Zudem stammen knapp 90 Prozent der Erdgasimporte aus Frankreich, und Schweizer Energieversorger nutzen den Erdgasspeicher in Etrez bei Lyon.
Auch für die Versorgung mit Erdölprodukten ist Frankreich wichtig: Ein Viertel der Gesamtnachfrage der Schweiz nach Rohöl stammt aus der einzigen Inlandraffinerie in Cressier NE, die sich mit Rohöl vollständig über den Hafen Marseille und die Pipeline Marseille–Vernier versorgt.[4]
Bei den Dienstleistungsimporten ist Frankreich mit einem Anteil von 5 Prozent ebenfalls auf Rang fünf – nach den USA, Deutschland, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden. Der Tourismus dominiert dabei deutlich: Rund ein Viertel der Dienstleistungsimporte entfällt auf Reisen von Schweizerinnen und Schweizern nach Frankreich – dem drittbeliebtesten Reiseziel im Ausland, nach Deutschland und Italien.
Wichtige Rolle für den Arbeitsmarkt
Frankreich trägt nicht nur über den Aussenhandel, sondern auch über Direktinvestitionen zur Schweizer Wirtschaft bei. Diese beliefen sich im Jahr 2023 auf rund 28 Milliarden Franken, womit Frankreich an sechster Stelle der wichtigsten Direktinvestoren in der Schweiz stand. Darunter fallen beispielsweise Investitionen französischer Konzerne, die in der Schweiz Tochtergesellschaften gründen oder hiesige Unternehmen modernisieren und damit Arbeitsplätze sichern oder neue schaffen. Gemäss der Statistik der Unternehmensgruppen des Bundesamts für Statistik (BFS) beschäftigten französische Unternehmen im Jahr 2023 rund 87’000 Personen in der Schweiz – der dritthöchste Wert nach deutschen und US-amerikanischen Unternehmen. Seit 2014 ist dabei ein klarer Wandel von der Industrie hin zu Dienstleistungen zu beobachten, insbesondere in den Bereichen wirtschaftliche Dienstleistungen, Handel und Finanzdienste.
Auch bei den Grenzgängerinnen und Grenzgängern ist Frankreich gewichtig: 2024 pendelten gut 231’000 Personen regelmässig in die Schweiz – das sind 57 Prozent aller Grenzgänger und rund 4,3 Prozent aller Beschäftigten. Frankreich liegt damit deutlich vor Italien (92’000) und Deutschland (66’000). Die meisten französischen Pendler arbeiten im Dienstleistungssektor, etwa im Handel, im Gastgewerbe oder im Gesundheitswesen, aber auch im Bau und in der Uhrenindustrie. Nahezu die Hälfte ist im Kanton Genf tätig, gefolgt von Waadt und Basel-Stadt sowie Baselland.
Frankreich ist einer unserer wichtigsten Wirtschaftspartner, dessen Bedeutung in der Öffentlichkeit teilweise untergeht. Gerade das schwierige internationale Umfeld und der steigende Protektionismus in verschiedenen Weltregionen zeigen jedoch, wie wichtig die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit unseren engsten Nachbarländern sind. Für die Schweizer Wirtschaft ist es deshalb zentral, dass diese Beziehung erhalten und gar vertieft wird.
- In diesen Tourismus-Exporten sind alle Waren und Dienstleistungen enthalten, die französische Besucher während ihrer Geschäftsreisen (einschliesslich Grenzgängern und Kurzaufenthaltern) oder Privatreisen in der Schweiz erwerben. []
- Zum Vorgehen siehe Pfister, J.-R. und V. Pochon (2021). Exkurs: Bedeutung der Exporte auf Wertschöpfungsbasis für die Schweizer Wirtschaft. Konjunkturtendenzen Herbst 2021. Die wertschöpfungsbasierten Handelsindikatoren finden sich in der Trade-in-value-added-Datenbank der OECD. Die aktuellsten verfügbaren Daten stammen aus dem Pandemiejahr 2020, wurden jedoch aus Gründen der Vergleichbarkeit nicht berücksichtigt. []
- Der kräftige Anstieg im Jahr 2022 ist auf den massiven Anstieg der Strom- und Gaspreise im Rahmen der europäischen Energiekrise zurückzuführen. []
- Zum Energieaustausch zwischen der Schweiz und Frankreich siehe auch den Artikel von Guillaume Cassaigneau und Léonard Dolivo in diesem Schwerpunkt. []
Zitiervorschlag: Neuwirth, Stefan; Pochon, Vincent (2025). Wie wichtig ist Frankreich für die Schweizer Wirtschaft? Die Volkswirtschaft, 08. Mai.